Der Bundesverband Deutscher Apothekenkooperationen (BVDAK) fordert Nachbesserungen am Entwurf für das Anti-Korruptionsgesetz. Der Gesetzentwurf sei teilweise unscharf formuliert, schieße über das Ziel hinaus und enthalte Regelungen, die von Abmahnvereinen dazu genutzt werden könnten, Druck auf Apotheker auszuüben, kritisiert die Verband. Auch der Bundesverband der Arzneimittelhersteller (BAH) warnt davor, dass das Gesetz Rechtsunsicherheit eher verstärke als beseitige.
„Jeder Straftatbestand muss so ausgestaltet sein, dass erkennbar ist, wann ein Verhalten gegen die Strafrechtsnorm verstößt“, schreibt Hartmann an das Bundesjustizministerium (BMJ). Dies dürfe sich nicht erst durch Auslegung des Gesetzes in Strafverfahren ergeben. Diese nötige Bestimmtheit ist aus Sicht des BVDAK aber schon deshalb nicht gegeben, weil die Formulierungen „in unlauterer Weise“, „Unrechtsvereinbarung“ und „in sonstiger Weise“ nicht ausreichend definiert sind.
Das führe zu großer Rechtsunsicherheit, da jeder Verstoß gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) kriminalisiert werden könne. Das könnte beispielsweise zur Folge haben, dass Apotheker selbst bei unberechtigten Abmahnungen von Abmahnvereinen eine Unterlassungserklärung abgeben, weil ihnen ein Strafantrag wegen Korruption drohe, warnt Hartmann.
Aus Sicht des BVDAK lässt der Gesetzgeber die „Zwitterstellung“ der Apotheker außer Acht. Sie seien nämlich nicht nur Angehörige eines Heilberufs, sondern zugleich Kaufmann. Daher müsse er sein Handeln auch an wirtschaftlichen Kriterien orientieren und sich bei seinen Marketing- und Werbeaktionen mit dem Lauterbarkeitsrecht befassen. Wenn aber ein Verstoß dagegen schon zu einer Kriminalisierung einer Werbemaßnahme führen könne, zeige dies, wie notwendig es sei, die Tatbestandsvoraussetzungen hinreichend bestimmt zu formulieren.
Es könne nicht sein, dass eine wettbewerbswidrige Werbung, wie etwa eine Zugabe von zehn Euro, bereits zu einem strafbaren Verhalten führe, findet der BVDAK. „Wettbewerbsrechtliche und unternehmerische Entscheidungen von Apothekern dürfen aber nicht auf diese Weise pauschal kriminalisiert werden.“
Der BVDAK verweist in diesem Zusammenhang auf zwei Beispiele aus der Praxis: die Frage, ob Rabatte von 3 Prozent und Skonto von 2,5 Prozent gegen die Preisbindung verstoßen und die Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) zu Rx-Boni aus dem Jahr 2010. Die Richter hatten damals entschieden, dass auch dann ein Verstoß gegen die Preisbindung vorliegt, wenn für das Arzneimittel zwar der korrekte Preis angesetzt wird, aber an den Kauf gekoppelt Einkaufsvorteile gewährt werden.
Der BVDAK weist darauf hin, dass solche Verstöße künftig nicht nur wettbewerbswidrig seien, sondern auch den Tatbestand des neuen Korruptionsparagrafen erfüllen könnten. Damit werde aber die Möglichkeit eröffnet, jedes wettbewerbswidrige Verhalten zu kriminalisieren. Der Verband warnt, dass Auslegungsprobleme „mit Sicherheit zu zahlreichen, aber unnötigen Gerichtsverfahren führen werden“. Damit schließt sich der BVDAK der Stellungnahme des Spitzenverbands der Fachärzte Deutschlands an, der Anfang Februar vor Denunziation warnte.
Kritisch sieht der Verband auch den großen Kreis der Antragsteller: Laut Entwurf darf „jeder rechtsfähige Berufsverband, der die Interessen von Verletzten im Wettbewerb vertritt“, Strafantrag stellen. Das gilt aus Sicht des BVDAK für „Abmahnvereine“ wie die Wettbewerbszentrale, Verbraucherorganisationen,den „Verband sozialer Wettbewerb“ oder „Pro Honore“.
Darüber hinaus gebe es aber „genügend unseriöse Abmahnvereine“. Dadurch, dass auch diesen ein Antragsrecht eingeräumt werde, bestehe die Gefahr, dass Abmahnung zukünftig jeweils mit der Drohung eines Strafantrags verbunden würden. Auf diese Weise würden Betroffene zur Abgabe einer Unterlassungserklärung zu bewegt. Es könne aber nicht sein, dass erst im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens geprüft werde, ob es sich um einen unseriösen Abmahnverein handele, schreibt Hartmann. Daher sollte das Antragsrecht für rechtsfähige Berufsverbände ersatzlos gestrichen werden.
Nachbesserungsbedarf sieht Hartmann außerdem bei dem Kreis der Betroffenen: Klargestellt werden soll, dass die Regelungen nur für Berufsangehörige mit einer abgeschlossenen Ausbildung gelten. Auszubildende würden damit ausgenommen. Schließlich möchte der BVDAK an dem im Gesetzentwurf geplanten Erfahrungsaustausch beteiligt werden. Das hatte auch die ABDA in ihrer Stellungnahme gefordert.
Der BAH kritisiert in seiner Stellungnahme vor allem die Formulierung, dass sich strafbar mache, wer „in sonstiger Weise seine Berufsausübungspflichten verletze“. Dieser Tatbestand sei „in mehrfacher Hinsicht bedenklich“, da er den Anforderungen des Bestimmtheitsgebots nicht genüge. Es sei nicht erkennbar und vorhersehbar, welche Tathandlung sanktioniert werde, kritisiert der BAH.
Dies liegt aus Sicht des Verbands darin begründet, dass bundesweit unterschiedliche Berufsordnungen existierten und es selbst innerhalb eines Berufsstandes regional unterschiedliche Rechte gebe. „Damit würde auch die maßgebliche Berufsordnung entscheiden, ob ein Handeln strafbar ist oder nicht“, so der BAH. Interessenvertreter der Heilberufe würden dann selbst darüber entscheiden, welche Zusammenarbeit legitim sei. „Dies ist verfassungsrechtlich bedenklich.“
Außerdem würden auch andere gesetzliche Regelungen – etwa das UWG, das Heilmittelwerbegesetz, die Arzneimittelpreisverordnung oder das Sozialgesetzbuch (SGB V) – Berufspflichten aufführen. Es sei „kaum zu durchschauen“, welche Pflichten inbegriffen seien und welche hinein gelesen werden könnten. Aus Sicht des BAH gehört dieser Tatbestand daher ersatzlos gestrichen. Darüber hinaus will der Verband eine Grenze für Vorteile im Gesetz wissen, zum Beispiel um geringfügige Werbegeschenke auszunehmen.
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