Die Art, wie er seine Liberalisierungspläne verkündete, mögen eine fiese Retourkutsche gewesen sein. Doch die Ideen, die Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) in seinem Eckpunktepapier mit dem zynischen Titel „Versorgungssicherstellung und Fachkräftesicherung in Apotheken“ skizziert hat, kommen nicht überraschend. Seit zwei Jahren hätte sich die Abda auf diesen Tag vorbereiten können, ja müssen.
Schon in ihren Sondierungsgesprächen und dann im Koalitionsvertrag hatten sich SPD, Grüne und FDP auf mehrere Reformprojekte hinsichtlich der Apotheken verständigt:
Die Arzneimittelversorgung durch Apotheken an integrierten Notfallzentren in unterversorgten Gebieten verbessern wir durch flexiblere Vorgaben in der Apothekenbetriebsordnung.
Bereits im Vorfeld der Bundestagswahl hatten der heutige gesundheitspolitische Sprecher der Grünen, Janosch Dahmen, im Kandidatencheck von APOTHEKE ADHOC angekündigt, dass seine Partei auf dem Land flexiblere Formen zulassen will, etwa in Gestalt eines gelockerten Mehrbesitzes oder der Zusammenarbeit mehrerer Apotheken. Notiz am Rande: Kathrin Vogler (Linke) kam überraschenderweise parallel mit einem ganz ähnlichen Vorschlag um die Ecke.
Nun hatten die Grünen schon 2019 einen Antrag in den Bundestag eingebracht, um nicht nur die Preisbildung, sondern den Markt insgesamt grundlegend zu reformieren. Federführend war damals Kordula Schulz-Asche, die in den Verhandlungsrunden zum Bereich Gesundheit ebenso dabei war wie Dahmen und Maria Klein-Schmeink. Vierter Vertreter der Grünen in den Gesprächen mit SPD und FDP war Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manne Lucha.
Lucha wiederum könnte ein früherer Vorschlag der hiesigen AOK im Gedächtnis geblieben sein: Ebenfalls 2019 hatte sich die Kasse „für eine Lockerung der Apothekenbetriebsordnung und des Mehrbesitzverbotes in Regionen mit niedriger Apothekendichte“ ausgesprochen. „Damit können weitere sinnvolle Versorgungskonzepte realisiert und eine innovative Versorgung im Interesse der Patientinnen und Patienten auf den Weg gebracht werden.“
Wir entwickeln den Nacht- und Notdienstfonds zu einem Sicherstellungsfonds weiter und schaffen eine Verordnungsfähigkeit für Notfallbotendienste in der ambulanten Notfallversorgung.
Ein Sicherstellungszuschlag für Apotheken auf dem Land ist ein alter Vorschlag, der von anderen Leistungserbringern übertragen wurde und den sich schon zwei Ampel-Parteien bereits zu eigen gemacht haben: 2015 brachte die damalige NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) die Idee ins Spiel, zwei Jahre später ging auch die FDP damit hausieren.
Dabei ging es aber im Grunde nie um die Stärkung der Apotheke an sich, sondern stets um einen Ausgleich für die damaligen Liberalisierungspläne. Die sind zwar sowohl bei FDP als auch bei den Grünen derzeit anscheinend vom Tisch. Trotzdem könnte eine solche Neuordnung weit reichende Folgen haben, zumal die Regeln dafür überhaupt erst einmal definiert werden müssten.
Wir novellieren das ‚Gesetz zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken‘, um pharmazeutische Dienstleistungen besser zu honorieren und Effizienzgewinne innerhalb des Finanzierungssystems zu nutzen.
Das Apothekenhonorar wollen die Gesundheitsexpert:innen aller drei Parteien umgestalten, das geben sie ebenfalls schon seit Jahren zu Protokoll. Apotheken sollen nicht einfach mehr Geld bekommen; vielmehr soll Honorar umverteilt werden, damit große Apotheken nicht vom Packungshonorar profitieren, so die Devise. Dass man dabei auch noch ein paar Einsparungen einstreichen kann, versteht sich von selbst.
Hier dürften die beiden BMG-Staatssekretäre als erklärte „Honorar-Reformer“ ihre Handschrift hinterlassen wollen: Sowohl Dittmar als auch Professor Dr. Edgar Franke wollten schon 2017/18 im Zusammenhang mit der Diskussion über das 2hm-Honorargutachten des Bundeswirtschaftsministeriums Hand anlegen, verzichteten dann aber nur wegen ihres Koalitionspartners CDU/CSU darauf.
Schon im Koalitionsstreit um das Rx-Versandverbot hatten sie gemeinsam einen Reformvorschlag vorgelegt: Als Alternative hatten beide vorgeschlagen, Rx-Boni bis zu einem Euro für alle Apotheken zuzulassen. Die beiden Politiker bezogen sich auf das Heilmittelwerbegesetz (HWG). Nach zwei Jahren sollte Bilanz gezogen und das Honorar auf neue Füße gestellt werden. Auch dazu kam es nicht.
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