Der Schlüssel für eine weitere Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) liegt für das Bundesgesundheitsministerium (BMG) in einer intensivieren Zusammenarbeit zwischen Apotheker, Arzt und Pflegepersonal: Die interprofessionelle Zusammenarbeit aller Heilberufe – Pflege, Pharmazie und Medizin – sei eines der „Kernthemen“ bei der Arzneimitteltherapie, heißt es im jetzt vom BMG vorgelegten Entwurf eines vierten Aktionsplans zur Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit in Deutschland (AMTS) für die Jahre 2016 bis 2019.
Wie die vorangegangenen AMTS-Aktionspläne sieht der neue Entwurf viele Ansatzpunkte und Einzelmaßnahmen vor, die dem Ziel dienen, den Schutz der Patienten vor vermeidbarem Schaden bei der Arzneimitteltherapie zu verbessern. „Für die Gewährleistung der AMTS sind insbesondere die Zusammenarbeit von Arzt und Apotheker sowie die adäquate Einbindung der übrigen Beteiligten im Prozess der Behandlung mit Arzneimitteln von besonderer Bedeutung“, heißt es im Entwurf.
Zur Verbesserung des interprofessionellen und sektorenübergreifenden Austauschs zur Arzneimittelanamnese und -beratung will das BMG „Mindestinformationen“ definieren. Dazu sollen in den nächsten Jahren „Best-Practice-Modelle“ erarbeitet werden. Das BMG schlägt dazu die Einrichtung eines Workshop zur Medikationsanalyse und zum Medikationsmanagement unter Führung der AMTS-Koordinierungsgruppe vor. Vertreten darin sind darin neben dem BMG und der ABDA, ADKA, AkdÄ, APS, DKG, DPR, KBV und Patientenverbände. Auf Grundlage des Workshops sollen anschließend konkrete Best-Practice-Modelle erarbeitet werden.
Ein weiterer Schwerpunkt bildet die Fortentwicklung des Medikationsplans. Zwar hätten sich alle Beteiligte bereits auf einen elektronischen Medikationsplan im Rahmen der elektronischen Gesundheitskarte eGK verständigt. Die Umsetzung solle auf Basis eines Barcodes erfolgen. „Entsprechende Apps, die in der Lage sind, die elektronischen Daten des bundeseinheitlichen Medikationsplans über das Scannen eines Barcodes zu erfassen und für blinde und sehbehinderte Patienten in geeigneter Weise aufzubereiten und barrierefrei auszugeben, existieren derzeit nicht“, findet das BMG. „Anforderungen hierzu und eine konkrete prototypische App sollen daher im Rahmen des Aktionsplans in Zusammenarbeit mit einem Projektnehmer und dem Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) entwickelt werden.“
Das BMG hat weitere Handlungsfelder aufgelistet: Patienten, Ärzte, Apotheker, Pflegende und die Öffentlichkeit sollen für vermeidbare Risiken der Arzneimitteltherapie sensibilisiert werden. Die Informationen über Arzneimittel und deren Kennzeichnung sollen verbessert werden. Ebenfalls fortentwickelt werden sollen Methoden zur Dokumentation der Arzneimitteltherapie und zur Messung der AMTS. Vorangetrieben werden soll auch die Forschung im Bereich AMTS.
Der Aktionsplan umfasst insgesamt 42 Maßnahmen und weist die Institutionen aus, die für deren Ausgestaltung und Umsetzung jeweils verantwortlich sind. ABDA und KBV werden beispielsweise mit der „Weiterentwicklung von Gestaltung und Layout des bundeseinheitlichen Medikationsplans“ beauftragt.
Ins Leben gerufen wurde der erste Aktionsplan für die Jahre 2008/2009. Gegründet wurde dazu Koordinierungsgruppe zur Verbesserung der AMTS. Zu Beginn zielten die Maßnahmen insbesondere auf die Verbesserung für die bestimmungsgemäße Anwendung von Arzneimitteln.
„Arzneimittel gehören zu den wirksamsten Instrumenten ärztlicher Behandlung und haben zu den Erfolgen der modernen Medizin wesentlich beigetragen“, so das BMG In Deutschland stünden circa 48.000 verschreibungspflichtige Arzneimittel und etwa 20.000 OTC-Arzneimittel zur Verfügung. Von den in Apotheken im Jahr 2015 abgegebenen 1,39 Milliarden Packungen seien 62,5 Prozent verordnet und 37,5 Prozent in Selbstmedikation eingenommen worden. Jeder Vertragsarzt habe 2014 für GKV-Versicherte durchschnittlich 3181 Arzneimittelpackungen verordnet. Auf jeden Versicherten entfielen damit im Durchschnitt 563 Tagestherapiedosen (DDD).
Eine vom BMG im Rahmen des Aktionsplans AMTS geförderte Studie habe ergeben, dass 34 Prozent der untersuchten Patienten bei Krankenhausaufnahme Nebenwirkungen ihrer Arzneimitteltherapie aufwiesen. Von der Gesamtheit seien nur 29 Prozent als unvermeidbar eingestuft worden. Die übrigen 71 Prozent der Nebenwirkungen müssen als Folge von Medikationsfehlern angesehen werden.
„Daher ist es wichtig, dass der Aktionsplan AMTS dazu beiträgt, die Diskussion zur AMTS und zur optimalen Organisation des gesamten Medikationsprozesses in der Öffentlichkeit, Gesundheitspolitik und Selbstverwaltung sowie die Diskussion zu einzelnen Maßnahmen zur Verbesserung der AMTS zu intensivieren“, so das BMG.
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