Jedes dritte neu auf den Markt kommende Medikament bringt nach Einschätzung der gesetzlichen Krankenkassen keinen zusätzlichen Nutzen für Patienten. Zudem habe das AMNOG die erhofften Einsparziele bei Weitem verpasst. Die Herstellerverbände VFA und BPI sehen das naturgemäß anders.
Wie die Funke Mediengruppe berichtet, haben Krankenkassen und Pharmahersteller seit 2012 für 129 Medikamente Preisverhandlungen geführt. Von diesen Präparaten hatten nach Kassen-Angaben nur 44, also etwa ein Drittel, einen klar nachweisbaren zusätzlichen Nutzen. Ein weiteres Drittel (41 Präparate) hatte überhaupt keinen Vorteil im Vergleich zu bekannten Therapien, der Rest nur für einen Teil der Patienten.
Seit dem AMNOG von 2011 werden neu auf den Markt kommende Präparate auf ihren Zusatznutzen im Vergleich zum Bestandsmarkt überprüft. Zudem wird im ersten Jahr der Markteinführung zwischen dem GKV-Spitzenverband und dem jeweiligen Hersteller ein Erstattungsbetrag ausgehandelt. In dieser Zeit kann der Hersteller einen Preis nach seinen Vorstellungen veranschlagen.
Ziel der Reform war es, bis zu zwei Milliarden Euro jährlich einzusparen. Während der gesamten fünf Jahre konnten nach Angaben der Kassen aber nur 2,5 Milliarden Euro eingespart werden.
Als „völlig unangemessen“ weist vfa-Hauptgeschäftsführerin Birgit Fischer die Kritik zurück: „Die Kampagne der Krankenkassen gegen gleichwertige Arzneimittel ist völlig unangemessen und schadet der Qualität der Therapie in Deutschland. Wir brauchen auch künftig viele gleichwertige Arzneimittel, etwa in der HIV-Therapie oder der Behandlung von neurologischen Erkrankungen. Es darf keine Einheitstherapie für unterschiedliche Patienten geben.“
Oft würden Arzneimittel, die die Fachgesellschaften zur Therapie empfehlen, von den Arzneimittel-Bewertungsinstanzen in Deutschland mit dem Urteil „kein Zusatznutzen“ belegt, meist aus rein formalen Gründen. Diese Arzneimittel seien im Vergleich mit bestehenden Therapien aber mindestens gleichwertig, „sonst hätten sie gar keine Zulassung bekommen“, so Fischer. „Sie haben also einen Nutzen und für manche Patienten sind sie eine notwendige Alternative in der Behandlung!"
Als irreführend und falsch bezeichnete auch der BPI die Behauptung der Kassen. BPI-Hauptgeschäftsführer Henning Fahrenkamp: „Bei mehr als 70 Prozent der Patientengruppen, für die der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) den Zusatznutzen als nicht belegt sieht, ist er aus rein formalen Gründen zu seinem Urteil gekommen. Über den therapeutischen Stellenwert des Medikaments für einen einzelnen Patienten sagt diese Beurteilung nichts aus.“ Der BPI warnt davor, mit Polemik Ärzte und Patienten zu verunsichern.
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