Der Europäische Gerichtshof (EuGH) muss klären, wie viel eine OTC-Bestellung im Internet über den Versandkunden verrät. Und: Ob Apotheken sich gegenseitig abmahnen dürfen, wenn sie im Datenschutzverstöße beim Mitbewerber vermuten. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat diese beiden Fragen zur Vorabentscheidung nach Luxemburg geschickt. Aus der jetzt vorliegenden Begründung geht hervor, dass der BGH dem OTC-Verkauf über Amazon eher kritisch gegenübersteht.
Der Ausgangsstreit: Der Münchener Apotheker Dr. Hermann Vogel hatte zwei Kollegen verklagt, weil diese apothekenpflichtige Arzneimittel auf dem „Amazon Marketplace“ anbieten. Vogel macht Verstöße gegen das Apothekenrecht sowie die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) geltend, da Rückschlüsse auf den Gesundheitszustand der Kund:innen möglich seien.
Das lässt sich so einfach nicht beantworten, entschied der BGH vor zwei Wochen und schickte zwei Fragen zum EuGH:
Gesundheitsdaten lägen aus Sicht des BGH eindeutig vor, wenn es sich um verschreibungspflichtige Arzneimittel handeln würde. Bei OTC-Bestellungen sei dagegen nicht ausgeschlossen, dass der Käufer, dessen Bestelldaten – Name, Lieferadresse und Medikament – verarbeitet werden, das Präparat gar nicht selbst einnimmt, sondern für Dritte einkauft.
Allerdings habe der EuGH schon entschieden, dass der Begriff der personenbezogenen Daten mit Blick auf das Ziel der Datenschutz-Richtlinie und der Datenschutz-Grundverordnung weit auszulegen sei. Dies könnte aus Sicht der BGH dafür sprechen, dass Informationen auch dann Gesundheitsdaten darstellen, wenn nicht mit Sicherheit, sondern nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit davon auszugehen ist, dass die Arzneimittel auch für die bestellende Person sind.
Was die erste Frage und damit das Recht zu Klagen betrifft: Der EuGH hat unlängst bereits entschieden, dass nicht nur die Betroffenen von Datenschutzverstößen gegen den Verursacher vorgehen können, sondern auch Verbände wie zum Verbraucherschutzorganisationen. In diesem Fall hatte ebenfalls der BGH den Fall „Meta Platforms Ireland“ (Facebook) zur Vorabentscheidung vorgelegt. Der EuGH hatte die Klagebefugnis eines Mitbewerbers hier aber ausdrücklich offengelassen.
Laut BGH ist die Frage damit weiterhin umstritten: Eine Auffassung gehe davon aus, dass die in der DSGVO enthaltenen Regelungen abschließend sind. Das würde eine wettbewerbsrechtliche Klagebefugnis von Mitbewerbern ausschließen. Andere sehen mit Verweis auf das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) auch Konkurrenten als befugt an, Unterlassungsansprüche durchzusetzen. Auch der deutsche Gesetzgeber gehe davon aus, dass dies möglich ist, so der BGH.
Trotzdem ist sich Karlsruhe nicht sicher. Im Wortlaut der DSGVO seien Mitbewerber jedoch an keiner Stelle erwähnt. Eine zu weite Auslegung könnte mit dem „Harmonisierungsziel“ der DSGVO unvereinbar sein. Denn vor der EU-weiten Regelungen habe es nicht nur ein unterschiedliches Datenschutzniveau gegeben, sondern auch Unterschiede in der Durchsetzung der Bestimmungen zum Datenschutz. Der EuGH soll sagen, wo es lang geht.
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