BGH zu Kundenbewertungen

Amazon: Händler haften nicht für Rezensionen

, Uhr
Berlin -

Händler im Internet haften nicht für die Bewertungen der von ihnen angebotenen Produkte durch Kunden. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden.

Im konkreten Fall ging es um ein Unternehmen, der Kinesiologie-Tapes verkauft und diese in der Vergangenheit damit bewarb, dass sie zur Schmerzbehandlung geeignet seien. Da dies medizinisch nicht gesichert nachweisbar ist, mahnte der Verband Sozialer Wettbewerb (VSW) den Anbieter ab, der die geforderte strafbewehrte Unterlassungserklärung Ende 2013 auch abgab.

Ab 2017 vertrieb das Unternehmen seine Ware auch über Amazon, hier tauchten verschiedene Kundenbewertungen auf, in denen das Produkt für seine medizinische Wirkung gelobt wurde:

  • „schmerzlinderndes Tape!“
  • „This product is perfect for pain…“
  • „Schnell lässt der Schmerz nach“
  • „Linderung der Schmerzen ist spürbar“
  • „Die Schmerzen gehen durch das Bekleben weg“
  • „Schmerzen lindern“

Der Anbieter wurde aufgefordert, eine Vertragsstrafe zu zahlen. Das Unternehmen habe sich die Kundenrezensionen zu Eigen gemacht und hätte auf ihre Löschung hinwirken müssen. Falls dies nicht möglich sei, dürfe sie die Produkte bei Amazon nicht anbieten, so die Argumentation. Amazon selbst hatte die Löschung der Kundenrezensionen auf Anfrage des Wettbewerbsvereins abgelehnt.

Wie die Vorinstanzen sah allerdings auch der BGH kein Problem in den Rezensionen. Den Händler treffe für Kundenbewertungen der von ihm bei Amazon angebotenen Produkte keine wettbewerbsrechtliche Haftung. Ein Unterlassungsanspruch ergebe sich nicht aus der Vorschrift des § 11 Heilmittelwerbegesetz (HWG), der Werbung für Medizinprodukte mit irreführenden Äußerungen Dritter verbiete. „Die Kundenbewertungen sind zwar irreführende Äußerungen Dritter, weil die behauptete Schmerzlinderung durch Kinesiologie-Tapes medizinisch nicht gesichert nachweisbar ist. Die Beklagte hat mit den Kundenbewertungen aber nicht geworben.“

Wie in der Vorinstanz festgestellt, hat das Unternehmen weder selbst aktiv mit den Bewertungen geworben oder diese veranlasst, noch hat es sich die Kundenbewertungen zu eigen gemacht, indem es die inhaltliche Verantwortung dafür übernommen hat. „Die Kundenbewertungen sind vielmehr als solche gekennzeichnet, finden sich bei Amazon getrennt vom Angebot der Beklagten und werden von den Nutzerinnen und Nutzern nicht der Sphäre der Beklagten als Verkäuferin zugerechnet.“

Den Händler treffe auch keine Rechtspflicht, eine Irreführung durch die Kundenbewertungen gemäß § 5 Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) zu verhindern. „Durch ihr Angebot auf Amazon wird keine Garantenstellung begründet. Von ausschlaggebender Bedeutung ist dabei, dass Kundenbewertungssysteme auf Online-Marktplätzen gesellschaftlich erwünscht sind und verfassungsrechtlichen Schutz genießen.“ Das Interesse der Verbraucher, sich zu Produkten zu äußern und sich vor dem Kauf über Eigenschaften, Vorzüge und Nachteile aus verschiedenen Quellen zu informieren und auszutauschen, werde durch das Grundrecht der Meinungs- und Informationsfreiheit geschützt. „Einer Abwägung mit dem Rechtsgut der öffentlichen Gesundheit, die als Gemeinschaftsgut von hohem Rang einen Eingriff in dieses Grundrecht rechtfertigen könnte, bedarf es hier nicht, weil Anhaltspunkten für eine Gesundheitsgefährdung bei dem Angebot von Kinesiologie-Tapes fehlen.“

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

Lesen Sie auch
Neuere Artikel zum Thema
Mehr zum Thema
Kampagnenmotiv für Apotheken
Noventi verschickt Weihnachtsplakate
10 Euro fürs erste E-Rezept
Shop Apotheke erklärt neuen Rx-Bonus
Mehr aus Ressort
ApoRG in nächster Legislatur
Köpping setzt auf Nachwuchsförderung
Zwischen 0,4 und 1,9 Prozentpunkten
Mehrheit der Kassen erhöht Beitrag

APOTHEKE ADHOC Debatte