Die Krankenkassen lassen keine Gelegenheit aus, die im Arzneimittel-Versorgungsstärkungsgesetz (AM-VSG) geplante Honorarerhöhung von 100 Millionen Euro für die Apotheken anzuprangern. In seiner Stellungnahme zur Anhörung im Gesundheitsausschuss hat der GKV-Spitzenverband ausgerechnet, dass die Erhöhung BtM-Gebühr von 0,26 Euro auf 2,91 Euro eine Steigerung von 1119 Prozent bedeutet. Die Erhöhung der Rezepturgebühr lehnt der Kassenverband ebenfalls ab und klappert als Ausgleich dafür mit dem „Honorardeckel“.
„Nicht nachvollziehbar ist eine Steigerung dieser Gebühr um 1119 Prozent“, schreibt der GKV-Spitzenverband. Nach seiner Rechnung kostet die Erhöhung der BtM-Gebühr die Kassen 35 Millionen Euro. Addiert mit der Erhöhung der Rezeptur-Gebühr im Wert von 80 Millionen Euro, errechnet der GKV-Spitzenverband Gesamtkosten von 115 Millionen Euro – also 15 Millionen Euro mehr als das Bundesgesundheitsministerium.
Der Kassenverband lehnt die Erhöhung der BtM-Gebühr komplett ab. Er räumt zwar ein, dass sie „über einen längeren Zeitraum“ nicht mehr angepasst worden sei. „Der richtige Rahmen für eine Überprüfung der Angemessenheit wäre das Forschungsvorhaben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie“, so der GKV-Spitzenverband. In diesem Zusammenhang wäre ebenfalls zu überprüfen, inwiefern andere Vergütungsformen den Mehraufwand für die BtM-Abgabe bereits heute querfinanzierten. Diese Vergütungen müssten entsprechend angepasst werden.
Der Kassenverband kritisiert, dass die Anpassungshöhe nicht auf Basis empirischer Daten berechnet worden sei. Die Erhöhung werde mit einem erhöhten Dokumentationsaufwand begründet. Der Gesetzgeber beabsichtige nun, diese Gebühr für die erhöhte Dokumentation auch auf andere „Sonderrezepte“ für dokumentationspflichtige Arzneimittel auszuweiten. „Es ist fraglich, ob der zusätzliche Aufwand, der bei der Abgabe dieser Arzneimittel entsteht, tatsächlich eine Gebühr in Höhe der Gebühr für die Dokumentation von Betäubungsmitteln rechtfertigt“, so der GKV-Spitzenverband.
Auf Ablehnung stößt beim GKV-Spitzenverband auch die Anpassung der Rezepturgebühr. Mit der Erhöhung folge die Bundesregierung den Forderungen der Apothekerschaft, „die bis heute jedoch nicht nachvollziehbar begründet wurden“, heißt es wie schon der früheren Stellungnahme. Seitens der Apotheker seien zu keinem Zeitpunkt empirische Daten vorgelegt worden, die die Notwendigkeit einer Erhöhung belegen könnten: „Diesen eklatanten Mangel an objektiven und aussagekräftigen Zahlen“ habe das BMWi erkannt und daher das Forschungsprojekt in Auftrag gegeben.
Die Einführung eines Festzuschlags von 8,35 Euro für die Rezepturarzneimittel widerspreche zudem der Systematik der AMPreisV, die im Jahr 2004 eingeführt wurde und führe zu einer „überzogenen Gesamtvergütung“. Die Vergütung der Beratungsleistung sei bei Rezepturen auch schon in den Rezepturzuschlägen berücksichtigt. „Entsprechend müsste überprüft werden, welcher Anteil der Rezeptur- und Substanzzuschläge zur Vergütung der Beratungsleistung vorgesehen ist und eine entsprechende Absenkung dieser Aufschläge vorgenommen werden“.
Anpassungen der Vergütung von Rezepturen dürfen nicht unabhängig von der Vergütung für Fertigarzneimittel betrachtet werden. Die Höhe der Rezepturzuschläge sei so festgelegt, dass sie durch Fertigarzneimittel querzufinanzieren sind. „Eine signifikante Erhöhung der Vergütung für Rezepturen muss also entsprechend der Systematik dazu führen, dass auch die Vergütung für die Abgabe von Fertigarzneimitteln angepasst wird“, so der GKV-Spitzenverband . Sie müsste um den Anteil abgesenkt werden, der zur Querfinanzierung der Rezepturherstellung vorgesehen sei.
Wegen der geplanten Erhöhung der Rezepturgebühr müssten die Versicherten in Form steigender Zusatzbeiträge belastet werden. Der Kassenverband verweist auf das Betriebsergebnis einer durchschnittlichen Apothekenbetriebsstätte. Dieses betrage im Jahr 2015 nach Angaben des Deutschen Apothekerverbandes (DAV) 136.345 Euro.
Dann holt der GKV-Spitzenverband zu einem Gegenvorschlag aus: „Sollte der Bereich der Rezeptur tatsächlich unterfinanziert sein, wäre es auch ohne Anhebung der Gesamtvergütung möglich, Apotheken zu fördern, die eine überdurchschnittliche Anzahl von Rezepturen herstellen, ohne Leistungen doppelt zu vergüten.“
Würden die Rezepturzuschläge erhöht, müsste „simultan der Festzuschlag“ gesenkt werden. Entweder müsse der prozentuale Festzuschlag von 90 Prozent auf die Rezeptursubstanzen sinken und/oder die prozentuale Vergütung in Höhe von 3 Prozent auf den Apothekeneinkaufspreis für Fertigarzneimittel müsste wie im Großhandel gedeckelt werden.
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