Josef Hecken, Vorsitzender des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) will Homöopathie als Satzungsleistung der Krankenkassen verbieten. Das sagte er der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ). Von der Industrie erntet er dafür harsche Kritik.
Einige Krankenkassen erstatten die Kosten für homöopathische Arzneien. Hecken will das verbieten lassen: „Es sollte den Kassen untersagt werden, Dinge zu bezahlen, für die es keine Evidenz gibt“, sagt er der FAZ. Bei schwerwiegenden Erkrankungen wie Krebs müsse eine homöopathische Therapie auch Selbstzahlern untersagt werden können, solange die Wirksamkeit nicht mit Studien belegt worden sei, fordert der G-BA-Vorsitzende laut Bericht. Schließlich gehe es hier „nicht um Befindlichkeiten, sondern um Menschenleben“.
Auf seinem Facebookprofil erklärt Hecken seinen Vorstoß so: „Ich möchte mit diesem Beitrag bewusst eine breite Debatte provozieren: Das Kernanliegen ist, dass bei schweren Erkrankungen mit bedrohlichen Verläufen Patienten durch Heilsversprechen ohne Nutzennachweis nicht von sinnvollen und evidenzgestützten schulmedizinischen Therapieoptionen abgehalten werden. Hier müssen wir Patienten vor 'Versprechen' schützen, die nicht nur nichts wert sind, sondern oft ins Verderben führen, weil die Krankheit progredient verläuft und der Zeitverlust nicht mehr aufgeholt werden kann.“
Hecken spielte auf den Vorfall einer alternativen Krebspraxis am Niederrhein an: Nach dem Tod von drei Patienten wurden Rufe nach Einschränkungen für die Behandlung durch Heilpraktiker laut. Der CDU-Abgeordnete und Präsident der Ärztekammer Nordrhein, Rudolf Henke, sprach sich gegenüber der FAZ dafür aus, die Regelungen des Heilpraktikerwesens völlig neu zu bedenken.
Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) widerspricht Hecken: „Homöopathie muss als Satzungsleistung erstattungsfähig bleiben“, so die klare Forderung des Verbandes, der auch namhafte Hersteller der Alternativmedizin vertritt.
„Natürlich können schwerwiegende Krankheiten wie Krebs nicht allein durch alternative Medizin geheilt werden“, sagt BPI-Hauptgeschäftsführer Henning Fahrenkamp. „Wer aber die Homöopathie als ergänzende und in der Regel nebenwirkungsarme Behandlung verbieten will, beschneidet die Therapievielfalt und bevormundet zahlreiche Patienten in Deutschland, die davon profitieren können.“ Es gebe eine Vielzahl von Erkrankungen bei denen homöopathische Arzneimittel erfolgreich einsetzbar sind.
„Homöopathie ist kein wirkungsloser Hokuspokus, sondern eine anerkannte und bewährte Therapieform. Wenn Behandler und Patienten sie richtig und verantwortungsvoll einsetzen, kann sie den Therapieerfolg unterstützen“, so Fahrenkamp weiter. Das rechtfertige auch eine Erstattung als Satzungsleistung der Kassen.
Dr. Andreas Gassen, Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) ist dagegen auf Heckens Seite: „Ich unterstütze den Vorstoß des Unparteiischen Vorsitzenden des Gemeinsamen Bundesausschusses, Prof. Josef Hecken. Es kann nicht sein, dass gesetzliche Krankenkassen Beitragsgelder für Leistungen verwenden, für die es keinen Nutzenbeleg gibt.“ Ohne nachgewiesenen Nutzen dürfe es keine Finanzierung durch Kassen geben.
Gassen nutzt die Gelegenheit, um Werbung in eigener Sache zu machen: „Das Geld sollte eher in die unterfinanzierten ärztlichen und psychotherapeutischen Leistungen der Regelversorgung fließen.“ Die „hervorragende Finanzsituation der Krankenkassen“ biete jetzt die Gelegenheit, notwendige Strukturverbesserungen bei der Regelversorgung vorzunehmen, so der KBV-Chef.
Der Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH) mahnte eine Versachlichung der Debatte an. „Diese gefährdet in unverantwortlicher Weise die Arzneimittelvielfalt und die therapeutischen Möglichkeiten. Zudem widerspricht sie dem Wunsch des mündigen Patienten“, so Dr. Elmar Kroth, Geschäftsführer Wissenschaft des BAH. Homöopathische und anthroposophische Arzneimittel erfüllten wie alle anderen Arzneimittel die auf europäischem Recht beruhenden gesetzlichen Anforderungen. „Ärzten, Heilpraktikern, Apothekern und Patienten sollte eine größtmögliche Vielfalt an Arzneimitteln zur Verfügung stehen“, so Kroth weiter.
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