Warum gründet der Deutsche Apothekerverband (DAV) mit drei Ärzteverbänden eine „Allianz der Heilberufe“? Hat nicht erst das Gezerre um das ABDA/KBV-Modell gezeigt, dass die Zusammenarbeit mit den Medizinern durch allerhand Kompetenzgerangel erschwert wird? Und welche politischen Gemeinsamkeiten kann es geben, wenn niemand sich die bisherigen Erfolge gönnt? Schaut man genau hin, erkennt man, dass hinter der Allianz Verbände stehen, bei denen sich der Ärger über Krankenkassen und Politik in den vergangenen Monaten angestaut hat. Verbände, von denen die Apotheker Einiges lernen können.
Mit der „Allianz der Heilberufe“ wollen Apotheker und Ärzte ihre wirtschaftlichen Forderungen gemeinsam geltend machen. Offiziell will sich niemand zu den Gründungsmotiven und den konkreten Zielen der Allianz äußern. Nur DAV-Chef Fritz Becker ließ in einer gemeinsamen Pressemitteilung den eigentlichen Grund durchblicken: Vom „gemeinsamen Zusammenspiel“ mit den Kassen sei viel verloren gegangen, hieß es.
Insbesondere beim DAV dürfte der Stachel tief sitzen. In den Verhandlungen zum Kassenabschlag hatten sich beide Seiten monatelang überhaupt nicht bewegt. In der Politik wurde schon darüber gesprochen, Apothekern und Kassen in diesem Bereich die Selbstverwaltung zu entziehen. Auch die Verhandlungen zum Rahmenvertrag wurden mehrfach von der Kassenseite blockiert.
Noch lauter wurde der Streit um den sogenannten Orientierungswert der niedergelassenen Mediziner geführt. Vertreten von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), forderten die Mediziner eine deutliche Erhöhung dieses Wertes. Die Kassen wollten ihn sogar senken.
Die Ärzte traten daraufhin eine heftige Protestwelle los. Weil sich die KBV als Körperschaft öffentlichen Rechts nicht an Protesten beteiligen darf, organisierte der NAV-Virchowbund als Speerspitze der Ärzteschaft die „Allianz der Fachärzte“. Unter dem Motto „Politik der Nadelstiche“ ignorierten die Mediziner beispielsweise Anfragen der Kassenmitarbeiter und stellten sogar den Versorgungsauftrag in Frage.
Mit der „Allianz der Heilberufe“ könnten die kleinen Ärzteverbände nun noch schlagkräftiger werden. Auch der DAV wünscht sich vermutlich mehr Durchschlagskraft. Beispiel Fixhonorar: Bei der Anpassung des Fixums um magere 25 Cent waren es die Landesapothekerverbände, die Aktionen gegen die Kassen starteten. Die ABDA verhielt sich auffällig ruhig. Dies mag auch an der Beteiligung der Kammern gelegen haben: Ähnlich wie die KBV müssen auch sie sich in Protestzeiten ruhig verhalten.
Die „Allianz der Heilberufe“ könnte auch die jüngst ins Leben gerufenen Protestorganisationen der Apotheker befrieden. Immer mehr politisch aktive Pharmazeuten hatten sich in den vergangenen Monaten in kleineren Zusammenschlüssen organisiert, weil sie mit den Verhandlungsergebnissen und der Lobbyarbeit der ABDA nicht mehr zufrieden waren. Mit der Allianz stellt sich aus ihrer Sicht endlich ein Mitglied der ABDA-Spitze hin und sagt sinngemäß: „Zur Not kann es auch mal krawallig werden.“
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