Heute wurde das „Gesetz zur Bekämpfung von Lieferengpässen bei patentfreien Arzneimitteln und zur Verbesserung der Versorgung mit Kinderarzneimitteln“ (ALBVVG) im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Somit ist der fließende Übergang zu den neu definierten Austauschregeln gesichert. In puncto Retaxationen gelten die neuen Regeln aber schon ab morgen.
Das ALBVVG enthält viele Änderungen für die Apotheken. Wesentlicher Bestandteil sind die Austauschregeln. Apotheken haben nicht mehr so viel Beinfreiheit wie bislang, denn die Lockerungen sind ab dem 1. August nur möglich, wenn das Arzneimittel nicht verfügbar ist. Bisher können die Lockerungen Anwendung finden, wenn ein Arzneimittel nicht vorrätig ist. „Das verordnete Arzneimittel stellt lediglich den Ausgangspunkt für die Auswahlregelung zur Bestimmung des abzugebenden Arzneimittels dar. Entscheidend ist aber die Nichtverfügbarkeit des Arzneimittels, das unter Berücksichtigung des Rahmenvertrages von der Apotheke abgegeben wird.“ Es genügt ein Defektbeleg, wenn Apotheken von nur einem Großhandel beliefert werden – sonst sind zwei Defektbelege nötig.
Ist das nach Rahmenvertrag abzugebende Arzneimittel nicht verfügbar, dürfen Apotheken ohne Arztrücksprache auf ein wirkstoffgleiches Präparat ausweichen, sofern dadurch die verordnete Gesamtmenge des Wirkstoffs nicht überschritten wird. Dies gilt für:
Änderungen gibt es auch in puncto Zuzahlung bei der Entnahme aus Teilmengen sowie beim Stückeln. „Erfolgt in der Apotheke auf Grund einer Nichtverfügbarkeit ein Austausch des verordneten Arzneimittels gegen mehrere Packungen mit geringerer Packungsgröße, ist die Zuzahlung nach Satz 1 nur einmalig auf der Grundlage der Packungsgröße zu leisten, die der verordneten Menge entspricht. Dies gilt entsprechend bei der Abgabe einer Teilmenge aus einer Packung.“ Diese Reglung tritt aber erst am 1. Februar 2024 in Kraft.
Außerdem wird die Nullretax eingeschränkt, nämlich wenn:
1. die Dosierangabe fehlt,
2. das Ausstellungsdatum fehlt oder nicht lesbar ist,
3. die festgelegte Belieferungsfrist von Verordnungen um bis zu drei Tage überschritten wird – ausgenommen BtM- und T-Rezepte sowie Entlassrezepte und Verordnungen über Vitamin-A-Säure-Derivate
4. die Abgabe des Arzneimittels vor der Vorlage der ärztlichen Verordnung erfolgt oder
5. die Genehmigung der zuständigen Krankenkasse bei Abgabe des Arzneimittels fehlt und nachträglich erteilt wird.
Möglich macht dies eine Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuches. Eine Kürzung des Erstattungsbetrages ist dennoch möglich, und zwar, wenn der Rabattvertrag nicht beachtet wurde oder nicht entsprechend den Vorgaben des Rahmenvertrages geliefert wurde. Dann verliert die Apotheke den Anspruch auf den Zuschlag nach § 3 Absatz 1 Satz 1 Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV).
Die Präqualifizierung soll für apothekenübliche Hilfsmittel abgeschafft und Bürokratie abgebaut werden. „Für Hilfsmittel, deren Anpassung erweiterte handwerkliche Fertigkeiten erfordern, oder die nicht zum üblichen Betrieb einer Apotheke gehören, wie zum Beispiel Blindenführhunde, soll ein Präqualifizierungserfordernis nicht wegfallen.“ Doch es ist Geduld gefragt, denn laut ALBVVG sollen GKV-Spitzenverband und Deutscher Apothekerverband (DAV) vereinbaren, für welche Hilfsmittel die Präqualifizierung konkret entfällt. „Einigen sich die Vertragspartner nicht, entscheidet die Schiedsstelle.“ Es könnte also noch dauern, bis die Präqualifizierung tatsächlich gestrichen wird: Sechs Monate nach Inkrafttreten des ALBVVG sind für die Verhandlungen vorgesehen, die Schiedsstelle müsste neun Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes entscheiden.
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