„Die deutschen Apotheken funken SOS!“ So meldet Bild heute – es ist der dritte Bericht über Lieferengpässe in Folge. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) leugne die Probleme, beklagt das Aktionsbündnis Patientenversorgung in Nordrhein, bestehend aus Apothekerverband, Hausärztinnen- und Hausärzteverband, dem Verband medizinischer Fachberufe und dem Freien Verband Deutscher Zahnärzte.
„Die Lieferengpässe von Arzneimitteln sind eine bittere Realität in der täglichen Versorgung unserer Patienten“, so das Aktionsbündnis in einer Stellungnahme. „Die andauernden Beschwichtigungen aus dem Bundesgesundheitsministerium und auch von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach selber zeigen, wie fernab von der Versorgungswirklichkeit dort Gesundheitspolitik betrieben wird.“
Die aktuelle Aussage Lauterbachs in der Bild, die Lieferengpässe hätten sich im Vergleich zum Vorjahr halbiert, entspreche nicht den Tatsachen. „Alle am Versorgungsprozess Beteiligten wissen das und die Patienten erleben es tagtäglich millionenfach. Nur vom Bundesgesundheitsminister wird das geleugnet. Das ist unverantwortlich und ein Schlag ins Gesicht der betroffenen Patienten und der Heilberufe Ärztin / Arzt und Apothekerin / Apotheker“, so das Aktionsbündnis.
Die politischen Maßnahmen der Bundesregierung seien wirkungslos, die Bereitstellung von preiswerten Generika scheine zugunsten profitabler Arzneimittel vernachlässigt zu werden. „Nur wirtschaftlich geprägte Interessen der Pharmahersteller gehen zulasten der Patientenversorgung.“
Ein Versorgungsnotstand konnte laut Aktionsbündnis bisher nur vermieden werden, weil die Arztpraxen und Apotheken vor Ort in enger Abstimmung die Verfügbarkeit der benötigten Medikamente klärten und die immer größer werdenden Versorgungslücken durch Alternativen schlössen. Allerdings müssten die Hersteller stärker in die gesamtgesellschaftliche Verantwortung genommen werden. „Ihre Rolle ist entscheidend für die Gewährleistung einer zuverlässigen, sicheren und effektiven medizinischen Versorgung.“
Die Verantwortung für die kontinuierliche Verfügbarkeit und Verteilung von Medikamenten liege primär bei den Pharmaherstellern. „Sie müssen sicherstellen, dass ihre Produkte zuverlässig produziert und geliefert werden. Apotheken, Hausarztpraxen und Zahnarztpraxen haben die Verpflichtung, die bestmögliche medizinische Versorgung für die Patienten zu gewährleisten. Sie können weder Lückenbüßer für Pharmahersteller, die Lieferverpflichtungen nicht nachkommen, noch für eine verfehlte Bundesgesundheitspolitik sein.“
Nach wie vor seien mehr als 500 verschreibungspflichtige Medikamente nicht vorrätig oder nur mit Verzug lieferbar. Antibiotika, Antidepressiva, Asthma-Mittel, Insulin, Herz- und Krebsmedikamente, Schmerzmittel – die Liste der nicht verfügbaren Wirkstoffe wachse weiter. Für Hausarzt- und Zahnarztpraxen und Apotheken bedeute dies Mehraufwand, der besonders in Zeiten hoher Infektionszahlen und vollen Wartezimmern eine zusätzliche Belastung für die Mitarbeitenden bedeute.
Im aktuellen Bild-Beitrag kommt unter anderem Holger Seyfarth, Vorsitzender des Hessischen Apothekerverbands (HAV) zu Wort. Nach seinen Angaben fehlen sogar 2791 Arzneimittel. Die Lage sei damit „noch dramatischer als zunächst angenommen“, so Bild. „Mittlerweile müssen wir die beiden Allerweltsarzneimittel Salbutamol gegen Asthma und das Antibiotikum Doxycyclin (zum Beispiel gegen chronische Bronchitis) aus Kanada und Kamerun importieren, nur um die Patienten noch halbwegs versorgen zu können“, wird Seyfarth zitiert.
Zu Wort kommen auch die beiden Apotheker Carsten Moser und Michael Becker, die erklären, wie sie im Alltag mit Engpässen umgehen.
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