AfD kapert Gesundheitsausschuss Nadine Tröbitscher, 13.03.2024 15:31 Uhr
Die AfD hat heute den Gesundheitsausschuss gekapert und unrechtmäßig den Platz der amtierenden Ausschussvorsitzenden Kirsten Kappert-Gonther (Grüne) eingenommen. Und das an dem Tag, an dem das Oberverwaltungsgericht Köln darüber entscheidet, ob die AfD als rechtsgesichert rechtsextremistisch zu gelten hat, wie Dr. Christos Pantazis (SPD) mitteilt.
„Kai-Uwe Ziegler tauschte vor Sitzungsbeginn heute Morgen das Schild der Vorsitzenden aus und räumte auch auf Bitten des Sekretariats den Platz nicht“, erklärt Pantazis. Dieses „skandalöse Verhalten“ sei nicht hinzunehmen. Die Sitzung begann verspätet, nachdem die Ausschussmitglieder der anderen Fraktionen zunächst aus Protest gegen die AfD-Aktion nicht teilnahmen.
„Vor Beginn der 100. Sitzung besetzte die AfD den Ausschusssaal. Ein Abgeordneter erklärte sich mit einem selbstgebastelten Schild zum Ausschussvorsitzenden“, schreibt Matthias Mieves. „Das ist keine Kleinigkeit und auch kein Versehen. Das ist ein klares Muster und Vorgehen und zeigt, dass die AfD demokratische Wahlen nicht anerkennt und im Zweifel Gremien besetzt“, so Mieves weiter. Mit der Aktion sei definitiv eine rote Linie überschritten worden.
Die AfD machte dagegen deutlich, dass sie sich im Recht sieht, den Ausschussvorsitz zu bestimmen und mit einem Mitglied ihrer Fraktion zu besetzen. Der gesundheitspolitische Sprecher der Fraktion, Martin Sichert, sprach am Mittwoch von einem „Boykott“ und warf den anderen Fraktionen eine „destruktive Haltung“ vor. Durch deren Verhalten werde es verunmöglicht, „die uns gemäß Geschäftsordnung des Bundestags und Vereinbarungen im Ältestenrat zustehenden Ausschussvorsitze mit Leben zu erfüllen“, sagte er.
Was steckt dahinter? Ziegler und der gesundheitspolitische Sprecher der AfD, Martin Sichert, sollen die Aktion vorab angekündigt und gerechtfertigt haben. „Nach mehr als zwei Jahren habe sich die AfD-Fraktion entschlossen, ‚unseren Anspruch auf den Ausschussvorsitz zur heutigen Ausschusssitzung deutlicher als bisher zum Ausdruck zu bringen‘“, schreibt der Tagesspiegel mit Verweis auf die Nachrichtenagentur AFP.
In der kommenden Woche wird am Bundesverfassungsgericht mündlich über die Klage der AfD zu den Vorsitzen in Bundestagsausschüssen verhandelt. Denn die AfD hat Anspruch auf den Ausschussvorsitz. Nach § 58 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages „bestimmen“ die Ausschüsse des Bundestages ihre Vorsitzenden und deren Stellvertreter. In der Regel werden alle Fraktionen nach ihrem jeweiligen Stärkeverhältnis berücksichtigt. Doch im November 2019 wählte die Mehrheit des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz des Bundestages seinen Vorsitzenden, der der Antragstellerin angehörte, ab.
Die größte Fraktion darf sich zuerst einen Ausschuss aussuchen und dort den Chefposten besetzen, dann die zweitgrößte, die drittgrößte und so weiter. Das geht über mehrere Runden, bis die Vorsitze der Ausschüsse verteilt sind. Die AfD ging dabei leer aus. In den Ausschüssen, die sie betrafen, wurde über die Besetzung des Vorsitzes abgestimmt, wobei die AfD-Kandidaten aber durchfielen.