ÄZG vor dem Aus: Kritik an Lauterbach Lilith Teusch, 23.04.2024 13:16 Uhr
Das Ärztliche Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ) wird zum Ende dieses Jahres aufgelöst. Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) hat diese überraschende Nachricht mit großer Sorge aufgenommen. Ohne die Arbeit des ÄZQ drohe eine Verschlechterung der Patientensicherheit und der Versorgungsqualität in Deutschland. Denn zu dessen Aufgaben zählt auch die Erstellung der Nationalen Versorgungsleitlinien (NVL). Die DDG fordert daher, die Aufgaben des ÄZQ rasch an eine Stelle zu geben, die staatlich unabhängig agieren muss.
Mit Sorge hat die DDG die aktuelle Nachricht aufgenommen, dass die Arbeit des ÄZQ zum 31. Dezember eingestellt werden soll. „Die Daseinsberechtigung des ÄZQ ist in keiner Weise in Frage zu stellen. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), die Bundesärztekammer (BÄK) sowie der Bundesgesundheitsminister rütteln mit dieser Maßnahme an den Grundfesten der unabhängigen Qualitätssicherung des deutschen Gesundheitssystems“, so DDG-Präsident Professor Dr. Andras Fritsche.
Durch Erstellung und Aktualisierung von NVL, aber auch durch die korrespondierenden NVL für Patienten mit entsprechenden Möglichkeiten evidenzbasierter Patientenaufklärung sei das ÄZQ unverzichtbar. „Solange noch nicht klar ist, wer diese wichtige Rolle übernehmen soll, müssen wir um die Versorgungsqualität der Patientinnen und Patienten bangen.“
Auch die Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) ist von der Entwicklung überrascht und sieht ebenfalls eine große Gefahr für die Versorgungsqualität und die zukünftige Entwicklung von unabhängigen evidenzbasierten Leitlinien. An der NVL „Typ-2-Diabetes“ etwa hätten sich 34 Fachgesellschaften, Verbände und Patientenorganisationen beteiligt.
Vermutet wird, dass einige der Aufgaben des ÄZQ an das von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach geplante Bundesinstitut für „Prävention und Aufklärung in der Medizin“ (BIPAM) oder ein anderes dem Robert Koch-Institut (RKI) unterstelltes Organ übergeben werden sollen. „Einer staatlich gelenkten Institution fehlt jedoch die politische Unabhängigkeit, die sie haben muss, um wissenschaftliche, evidenzbasierte und nicht emminenzbasierte Entscheidungshilfen auszusprechen“, so Fritsche.
Politische Unabhängigkeit
Durch die Auflösung könnten die erfahrenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verloren gehen, warnt Fritsche. „Wenn die Nationalen Versorgungsleitlinien unter der Ägide des Bundesgesundheitsministeriums entwickelt werden sollen, wäre dies eine Verstaatlichung der Medizin, was deren wissenschaftliche Unabhängigkeit konterkariert“, so Fritsche.
Auch eine einseitige Auslagerung an die KBV, was ebenfalls im Raum stehe, sei nicht zielführend und könne einen erheblichen ökonomisch fokussierten Interessenkonflikt zwischen Ärzteschaft und Kassen hervorrufen. Die DDG fordert, schnellstmöglich eine unabhängige Instanz zu schaffen, die den bisherigen Zielen des ÄZQ gerecht wird. „Das Aus für die Erstellung und Aktualisierung der NVL wäre ein erheblicher Rückschlag für die Patientensicherheit und die Versorgungsqualität in Deutschland“, so Professor Dr. Monika Kellerer, Leitlinienkoordinatorin der DDG.