Der Deutsche Ärztetag hat den Gesetzgeber in einem Grundsatzbeschluss aufgefordert, endlich Gegenmaßnahmen zu ergreifen, um der zunehmenden Kommerzialisierung im Gesundheitswesen Einhalt zu gebieten. Ärztliches Handeln müsse vor ökonomisch motivierten Einflussnahmen geschützt sein – auch zum Wohle der Patientinnen und Patienten. Vor allem Medizinische Versorgungszentren (MVZ) und die Kliniken machen den Ärzt:innen Sorgen.
Ärztinnen und Ärzte sich immer dazu bekannt, mit den verfügbaren Ressourcen möglichst effizient umzugehen – wollten aber keine Entscheidungen treffen oder medizinischen Maßnahmen vornehmen, welche „aufgrund wirtschaftlicher Zielvorgaben erfolgen und dabei das Patientenwohl gefährden und den Patienten Schaden zufügen können“.
Daher lehne man alle „Leistungs-, Finanz-, Ressourcen- und Verhaltensvorgaben“ ab, welche ärztlich verantwortungsvolles Handeln tangierten und mit dem ärztlich-ethischen Selbstverständnis unvereinbar seien. „Die politisch Verantwortlichen sind aufgefordert, diese ärztliche Grundhaltung auch im Sinne des Schutzes der Patientinnen und Patienten vor sachfremden Einflussnahmen mit konkreten gesetzgeberischen Maßnahmen zu unterstützen“, heißt es in dem Beschluss.
Einerseits fordert die Ärzteschaft eine Reform der Vergütung im stationären Sektor mit dem Ziel, die offenbar gewordenen Fehlanreize des heutigen DRG-Fallpauschalensystems zu beheben. „Die Vergütungssystematik darf nicht länger ausschließlich auf wirtschaftliche Effizienz eines Krankenhausbetriebes ausgerichtet sein.“ Stattdessen müsse die Honorierung vorrangig am Versorgungsbedarf und an angemessenen Vorhaltekosten für Personal, Infrastruktur und Technik ausgerichtet werden.
Folgende konkreten Vorschläge werden gemacht:
Im niedergelassenen Bereich häuften sich derweil Übernahmen von Arztpraxen und anderen Gesundheitseinrichtungen durch Fremdinvestoren wie Private-Equity-Gesellschaften. „Aufgrund der vorwiegend renditeorientierten Motivation dieser Fremdinvestoren besteht die Gefahr, dass medizinische Entscheidungen zugunsten einer kommerziell motivierten Leistungserbringung beeinflusst werden. Zu befürchten ist ferner eine Konzentration von investorenbetriebenen medizinischen Einrichtungen, vor allem in Ballungsräumen – zulasten der Versorgung in ländlichen Gebieten.“
Zusätzlich zu den bereits mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) umgesetzten Neuregelungen zur Eingrenzung des Einflusses von Fremdkapitalgebern auf die ambulante Versorgung seien weitergehende gesetzgeberische Maßnahmen auf Bundes- und Landesebene erforderlich:
„Wenn Ärztinnen und Ärzte von Klinik- und Kostenträgern sowie zunehmend auch von kapitalgetriebenen Fremdinvestoren angehalten werden, in rein betriebswirtschaftlichen Dimensionen zu denken und nach kommerziellen Vorgaben zu handeln, geraten sie in einen für sie schwer lösbaren Zielkonflikt. Sie wollen und müssen einerseits ihren berufsethischen Pflichten genügen, andererseits sollen sie aber wirtschaftliche Rentabilitätsziele erreichen, die zum Teil auch durch die Sozialgesetzgebung bedingt sind“, heißt es in dem Beschluss.
Sowohl für den stationären wie für den ambulanten Bereich seien im Sozial- und speziell im Zulassungsrecht „explizite Regelungen zu verankern, nach denen Träger von Einrichtungen unter Androhung von Sanktionen gewährleisten müssen, dass die bei ihnen tätigen Ärztinnen und Ärzte ihre berufsrechtlichen Vorgaben einhalten können“.
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