Erst haben die Ärzte die Apotheker beim zum 1. Oktober 2016 eingeführten neuen Medikationsplan ausgegrenzt. Dann haben sie das mit den Krankenkassen ausgehandelte Honorar als „1€-Job“ kritisiert. Und jetzt verlangt der Deutsche Ärztetag nach nur acht Monaten eine Überarbeitung und mehr Geld. In einem Beschluss fordern die Mediziner eine „dringend erforderliche Nachbesserung“, weil die praktische Umsetzung „hoch problematisch“ sei.
Im Rahmen der Debatte zur Digitalisierung forderte der Ärztetag die Bundesärztekammer (BÄK) auf, die zwischen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und dem Deutschen Apothekerverband (DAV) getroffene Vereinbarung zum Bundes-Medikationsplan (BMO) neu zu verhandeln. Eine Nachbesserung sei „dringend“ erforderlich, heißt es im Antrag II-39.
Es geht vor allem um den Ärger in den Praxen. Die Software ist unzureichend und wurde von vielen Anbietern spät in die Praxen gespielt. Daher heißt im Beschluss, die Umsetzung sei „in den meisten Fällen hoch problematisch und angesichts des erforderlichen Zeitaufwandes und technischer wie auch organisatorischer Mängel in den meisten Praxen kaum durchführbar“. Die Software sei „unvollständig, fehlerhaft und umständlich“ und erschwere die Arbeit in den Praxen „enorm“.
Nach wie vor unzufrieden sind die Ärzte mit der Honorierung. Im Oktober hatte bereits Hausärztechef Ulrich Weigelt passiven Widerstand angekündigt: „Der Medikationsplan wird in dieser Form nicht erfolgreich sein. Denn als schriftliches Dokument ist er relativ sinnlos“, sagte Weigelt: „Das ist ein 1-Euro-Job. Das läuft auf passiven Widerstand der Hausärzte hinaus.” Pro Jahr erhalten die Ärzte 163 Millionen Euro für die Erstellung der Medikationspläne.
Diese Summe reiche für den enormen Arbeitsaufwand nicht aus, kritisierte jetzt der Ärztetag. „Der Vorstand der Bundesärztekammer muss deshalb seinem Auftrag als Vertragspartner der Vereinbarung nachkommen und die erforderlichen Nachbesserungen erreichen, um eine Umsetzbarkeit des BMP für die Kolleginnen und Kollegen möglich zu machen“, so der Antrag.
Befasst hat sich der Ärztetag auch mit dem den Lieferengpässen bei Arzneimitteln und von der Politik eine schnelle Lösung gefordert. Das Arzneimittel-Versorgungsstärkungsgesetz (AM-VSG) sehe zwar eine Meldepflicht bei Lieferproblemen im Krankenhaus vor. Damit lasse sich nach Überzeugung des Ärztetages aber kein Versorgungsnotstand vermeiden. Der Gesetzgeber solle weitere Möglichkeiten prüfen und in Zusammenarbeit mit der Ärzteschaft umsetzen.
Lieferengpässe betreffen laut Ärztetag auch dringend erforderliche Antibiotika. Die Delegierten wiesen darauf hin, dass für die meisten Antibiotika weltweit nur noch wenige Produktionsstätten vorgehalten werden. Bei Problemen in der Produktion komme es daher rasch zu Lieferengpässen. Als Beispiel führen die Ärzte den Lieferengpass bei dem für die Behandlung lebensbedrohlicher Infektionen essenziellen Antibiotikum Piperacillin/Tazobactam an.
Der Ärztetag warnte zudem davor, dass die Bedingungen der Antibiotikaherstellung mitunter zu einer hohen Konzentration der Antiinfektiva im geografischen Umfeld der Produktionsstätten führten. In der Folge komme es zu einer deutlichen Zunahme multiresistenter Erreger in der Umwelt und im umgebenden Trinkwasser. „Diese Erreger werden via Nahrungskette von Mensch und Nutztier aufgenommen und führen zu einer Verbreitung der resistenten Mikroorganismen, nicht nur in der betroffenen Region, sondern global“, warnen die Ärzte.
In einer weiteren Entschließung wies der Ärztetag darauf hin, dass die Verordnung von Impfstoffen mit dem AM-VSG nicht mehr an Rabattverträge gekoppelt ist. Die Delegierten forderten, dass die Laufzeit von bereits bestehenden Rabattverträgen die neuen gesetzlichen Vorhaben nicht aushebeln dürften. Wenn Krankenkassen über die gesetzlichen Neuregelungen informieren, sollten sie die Ärzte klar darüber unterrichten, „dass sie wieder die freie Therapiewahl haben und jeden Impfstoff uneingeschränkt zu Lasten der Krankenkassen verordnen können“.
Auf klaren Konfrontationskurs gehen die Ärzte zu den Heilpraktikern. Der Gesetzgeber müsse alle invasiven Maßnahmen sowie die Behandlung von Krebserkrankungen vom zulässigen Tätigkeitsumfang von Heilpraktikern ausschließen, fordern die Ärzte. Bei Krankheiten, die vermutlich über eine Befindlichkeitsstörung hinausgehen, müsse der Heilpraktiker den Kranken zum Arzt schicken. Heilpraktiker übten „keinen Gesundheitsfachberuf“ aus, stellten die Ärztetags-Delegierten fest. Sie stünden somit außerhalb der sonst im Gesundheitswesen geltenden Anforderungen an klar definierte fachliche Qualifikationen auf der Basis fundierter Standards und an eine hohe Qualität und Sicherheit in der Patientenversorgung. Es sei gerade „das zentrale Merkmal des Heilpraktikerwesens, außerhalb geltender Standards und allgemein anerkannter Wirksamkeitsmechanismen tätig werden zu dürfen“.
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