Vier Tage lang beraten die Mediziner über Themen, die ihnen unter den Nägeln brennen. Sie stören sich vor allem an zu viel Regulierung. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) widersprach dem Vorwurf zum Auftakt des Deutschen Ärztetags in Frankfurt. Er kann sich aber eine bessere Honorierung der Notdienste für die Ärzte vorstellen – von der die Kliniken profitieren würden.
Der Präsident der Bundesärztekammer, Professor Dr. Frank Ulrich Montgomery, warnte in seiner Eröffnungsrede vor einer Überregulierung im Gesundheitswesen. „Wir kämpfen dagegen, dass die ärztliche Freiberuflichkeit in altbekannter Salamitaktik Scheibe für Scheibe beschnitten wird“, sagte er in der Frankfurter Paulskirche. Sie schütze die Patienten vor medizinfremden Eingriffen in die Versorgung und sei damit ein Qualitätsgarant.
Einige Punkte des geplanten GKV-Versorgungsstärkungsgesetzes (GKV-VSG) seien ein Angriff auf die Freiberuflichkeit. Die Terminvergabe durch zentrale Servicestellen etwa sei „ein rein populistischer Schachzug“, kritisierte er und fügte hinzu: „Auch hier stirbt wieder ein Stückchen Freiheit, nämlich das Recht auf freie Arztwahl.“ Ähnlich verhalte es sich bei dem geplanten Krankenhausstrukturgesetz: „Die große Koalition bestellt und bestellt, will aber nicht immer zahlen, und wenn, dann zu wenig. Stattdessen treibt sie viele von uns mit ihren Überregulierungen in den Verdruss.“
Der Präsident der hessischen Landesärztekammer, Dr. Knoblauch zu Hatzbach, sprang ihm zur Seite: „Wir als Freiberufler dürfen uns nicht hineinreden lassen, was den ärztlichen Beruf angeht.“ Der Beruf des Arztes definiere sich durch die Beziehung zu den Patienten.
Gröhe sieht das naturgemäß anders: „Die Selbstverwaltung wird gestärkt, die freie Arztwahl bleibt unangetastet.“ Die geäußerten Kritikpunkte seien auch nicht die zentralen Punkte des Gesetzes. Durch das GKV-VSG würden Anreize dafür ermöglicht, dass sich mehr Mediziner in strukturschwachen Gebieten niederließen.
Gröhe sprach sich für eine bessere Honorierung der Notdienste aus. Hier ringen Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) und KBV um die Hoheit; für die Kliniken ist der Bereich ein weiterer Schritt auf dem Weg in die ambulante Versorgung.
Die Erhebung des Impfstatus sei Bestandteil des geplanten Präventionsgesetzes, so Gröhe. Hier sind die Apotheker an der Übernahme neuer Aufgaben interessiert. Zum Thema Gesundheitsapps hat der Bundesgesundheitsminister eine klare Meinung: „Das kann eine Ergänzung sein, wird den Arzt aber nie ersetzen.“
Diskutiert wurde auch über das Thema Sterbehilfe. Sollten die Delegierten des Ärztetags den drastischen Ausspruch ihres Präsidenten Montgomery zur Sterbehilfe im Dezember nicht vernommen hatten („Lassen Sie das doch den Klempner machen!"), wurden sie heute durch eine provokante Kunstaktion daran erinnert: Eine überlebensgroße Skulptur mit dem Titel „Der Sterbe-Klempner“ erwartete die Mediziner bei der Eröffnung des Ärztetags vor der Frankfurter Paulskirche.
„Wenn Ärzte, die dank ihrer Ausbildung den letzten Wunsch sterbewilliger Patienten am ehesten erfüllen können, diese Aufgabe nicht wahrnehmen dürfen, werden Menschen einspringen, die die erforderlichen Kenntnisse nicht besitzen“, sagt Michael Schmidt-Salomon, der als Vorstandssprecher der Giordano-Bruno-Stiftung für die Kunstaktion verantwortlich ist.
Der 118. Deutsche Ärztetag dauert bis zum Freitag. Bis dahin stehen Themen wie Ebola, TTIP, die Arzt-Patienten-Kommunikation und die Finanzlage auf der Tagesordnung. Rund 250 Delegierte aus 17 Ärztekammern sitzen im Parlament der deutschen Ärzteschaft. Die eigentlichen Beratungen haben am Nachmittag erst begonnen.
APOTHEKE ADHOC Debatte