Zum angekündigten Ärzteprotest am 2. Oktober reagiert das Bundesgesundheitsministerium (BMG) in bewährter Manier mit einem „Faktenblatt“. Wie schon den Apothekern bei ihrem Protesttag wird den Medizinern unterstellt, unwahre Tatsachen zu verbreiten.
„Der angekündigte konzertierte Kampagnenversuch der Ärzteverbände ist mit dermaßen vielen Halbwahrheiten durchsetzt, dass wir Ihnen für eine ausgewogene Berichterstattung gerne ein Faktenpapier zur ambulanten Versorgung zur Verfügung stellen“, schreibt Pressesprecher Hanno Kautz.
Das Faktenblatt enthält dann auf vier eng bedruckten Seiten ausgewählte Daten und Fakten zur ambulanten ärztlichen Versorgung. So würden die Praxen nicht „kaputtgespart“; die Vorwürfe seien nicht nachvollziehbar. „Grundsätzlich ist die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung auch angesichts steigender Praxiskosten gewährleistet.“ Die relevanten Kostenentwicklungen seien Gegenstand der jährlichen Honorarverhandlungen zwischen den Vertretern der Ärzteschaft und der Krankenkassen.
Jedenfalls seien die GKV-Ausgaben für den Bereich der ambulanten ärztlichen Versorgung in den letzten Jahren „enorm gestiegen“ – von rund 32 Milliarden Euro im Jahr 2013 auf rund 46 Milliarden Euro im vergangenen Jahr. „Das ist ein Anstieg von mehr als 44 Prozent und damit zum Beispiel ein höherer Anstieg als im Bereich Krankenhaus (weniger als 36 Prozent).“
Nach der Kostenstrukturerhebung des Statistischen Bundesamtes (Destatis) ist der durchschnittliche Reinertrag einer Arztpraxis von 258.000 Euro im Jahr 2015 auf 296.000 Euro im Jahr 2019 gewachsen. Allerdings stellt das BMG klar: „Der Reinertrag ist nicht mit dem Gewinn beziehungsweise dem Einkommen der Ärzte gleichzusetzen. Er ist die Differenz aus sämtlichen Erträgen und Aufwendungen (zum Beispiel für Personal) einer Arztpraxis. Zusätzliche Aufwendungen zum Beispiel für die Alters- und Krankenversicherung der Praxisinhaber sind im Reinertrag nicht berücksichtigt.“
2021 hätten GKV und PKV wegen der Corona-Aufwendungnen sogar fast 63 Milliarden Euro für die ambulante Behandlung ausgegeben, also circa 626.000 Euro pro Arztpraxis. Durch Rechtsverordnungen sei sichergestellt worden, dass die Vertragsärztinnen und Vertragsärzte die besonderen pandemiebedingten Aufgaben erfüllen konnten und hierfür zusätzliche Einnahmen über den Bund erhielten. Alleine mit den mehr als 97 Millionen Corona-Impfungen hätten die Praxisinhaber einen Mehrumsatz von insgesamt mindestens 2 Milliarden Euro erzielt.
Weitere Themen sind die geforderte Entbudgetierung sowie die Digitalisierung, die gesondert vergütet werde und den Praxen deutliche Entlastungen brächten. „Ärztinnen und Ärzte profitieren bereits heute von der Digitalisierung: Telekonsilien und Videosprechstunden helfen im Alltag, Wege zu vermeiden und die knappe Zeit effizient zu nutzen. Digitale Terminvermittlungen helfen, den Praxisalltag besser zu organisieren. Die Nachrichtendienste KIM (Kommunikation im Medizinwesen) und demnächst TIM (TI Messenger) sind Instrumente, um sicher und volldigital von Arzt zu Arzt zu kommunizieren. Mit der elektronischen Patientenakte werden den Ärztinnen und Ärzten auf einen Blick behandlungsrelevante Informationen zur Verfügung stehen. Das E-Rezept ist die Basis dafür, um zukünftig eine vollständige Transparenz über alle verordneten Medikamente eines Patienten zu erhalten und damit die Arzneimitteltherapiesicherheit zu stärken.“
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