Amtsärzte im Abseits dpa, 01.07.2016 12:10 Uhr
Der öffentliche Gesundheitsdienst ist wichtig für die Versorgung der Bevölkerung. Doch der Dienst ist unattraktiv. Das soll sich ändern: Mit einer gezielten Nachwuchsgewinnung soll nach dem Willen der Gesundheitsminister von Bund und Ländern der öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD) gestärkt werden.
Junge Mediziner sollen schon im Studium durch eine bessere Zusammenarbeit von Lehre und Forschung an den Gesundheitsdienst und den Beruf des Amtsarztes herangeführt werden, sagte Mecklenburg-Vorpommerns Gesundheitsministerin Birgit Hesse (SPD) zum Abschluss der zweitägigen Konferenz der Fachminister in Rostock.
Nach Angaben des Bundesverbands der Ärzte gab es 2014 knapp 400 Gesundheitsämter in Deutschland mit rund 17.000 Mitarbeitern. Die Zahl der Ärzte sei seit 1995 um ein Drittel auf 2528 im Jahr 2014 zurückgegangen. Gesetzliche Aufgaben seien so nur schwer zu erfüllen, sagte Hesse.
Ein zentraler Punkt sei die Bezahlung der Amtsärzte. Nach Berechnungen der Ärztegewerkschaft Marburger Bund, der die angestellten und beamteten Ärzte vertritt, rangieren die Gehälter der Ärzte im ÖGD bis zu 20 Prozent unter dem tarifüblichen Niveau angestellter Ärzte in kommunalen Krankenhäusern.
Mit Absichtserklärungen sei den Ärzten im ÖGD nicht geholfen, sagte der Vorsitzende des Marburger Bunds, Rudolf Henke. Es müsse der politische Wille vorhanden sein, die tarifvertragliche Situation zu verbessern. „Wir sind bereit, erneut mit den kommunalen Arbeitgebern über eine tarifvertragliche Regelung zu sprechen, die die Lücke zwischen ÖGD und Klinik schließt.“ Aber ohne politische Unterstützung werde der Konflikt kaum zu lösen sein.
Die Gesundheitsminister appellierten an die Landkreise und Kommunen, die finanzielle Situation der Amtsärzte durch Zahlung von Zulagen oder höhere Eingruppierungen zu verbessern. Angesichts der zentralen Rolle des öffentlichen Gesundheitsdienstes bei der Versorgung der Bevölkerung etwa mit Schuluntersuchungen, Impfungen, Hygiene- oder Gewässerkontrolle sei dies dringend notwendig.
Hamburg ist es nach Angaben von Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) gelungen, mit einer gleichen Bezahlung wie in Kliniken die notwendigen Stellen zu besetzen. Gerade die starke Flüchtlingsbewegung der vergangenen Monate habe gezeigt, von welch großer Bedeutung der öffentliche Gesundheitsdienst sei.
Gleichzeitig soll im Studium das Berufsbild des Hausarztes in den Fokus rücken. Die Minister schlugen vor, eine sogenannte Landarztquote für die Studenten vorzuhalten, die sich verpflichten, nach dem Studium als Allgemeinmediziner in unterversorgten Regionen tätig zu werden. Die Quotenvorgabe solle auf Länderebene geregelt werden.
Ein weiteres Thema der Rostocker Konferenz war die Bekämpfung von Abrechnungsbetrug in der Langzeitpflege. Den Sozialkassen und damit auch den Beitragszahlern könnten durch falsche Begutachtung oder Abrechnung nicht erbrachter Leistungen Schätzungen zufolge ein jährlicher Schaden von mindestens einer Milliarde Euro entstehen.
Für die Bekämpfung sei ein bundesweiter Datenabgleich zwischen den Pflege- und Krankenkassen sowie den Behörden in den Ländern und Kommunen zwingend notwendig, sagte Hamburgs Gesundheitssenatorin Prüfer-Storcks. Die Minister riefen den Bundesgesetzgeber auf, dafür eine klare gesetzliche Grundlage zu schaffen. Auch sei die Einrichtung von Schwerpunktstaatsanwaltschaften geeignet, Betrugsfällen zügiger und effektiver verfolgen zu können.