Der Gesundheitsminister droht mit Zwangsverwaltung – doch die Kassenarzt-Vereinigung KBV meint: Das ist überzogen. Die kritisierten internen Vorgänge stünden bereits kurz vor der Aufarbeitung.
Angesichts der Drohung mit staatlicher Zwangsverwaltung hat die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) eine umfassende Aufarbeitung ihrer Affäre zugesagt. „Der Brief des Ministeriums war unnötig“, so der KBV-Vorsitzende Dr. Andreas Gassen.
Am Montag tagt die Vertreterversammlung (VV), das Parlament der KBV, in Hamburg. Sie soll unter anderem Beschlüsse zur Rückforderung hoher Zahlungen an Gassens Vorgänger Dr. Andreas Köhler fassen. Andernfalls will das Gesundheitsministerium die KBV zwangsverwalten. Bereits an diesem Sonntag wollten die 60 VV-Delegierten zu internen Vorgesprächen zusammenkommen.
„Wir sind seit Monaten in Prozessen der Aufarbeitung“, sagte Gassen. „Das sind sehr komplizierte Sachverhalte, die man nicht im Handstreich erledigen kann.“ In der Öffentlichkeit werde der Anschein erweckt, „als würde sich unsere Vertreterversammlung der Aufklärung verweigern“, sagte Gassen in Richtung Gesundheitsministerium. „Aber das ist nicht der Fall.“ Er gehe davon aus, dass die nötigen Beschlüsse gefasst werden und kein Staatskommissar nötig werde.
Gassen nannte den Komplex der APO KG, der Immobiliengesellschaft der KBV. Das Ressort von Minister Hermann Gröhe (CDU) fordert die Rückabwicklung der als nicht rechtskonform eingestuften Konstruktion. „Weder Herr Gröhe noch ich haben mit dem Komplex etwas zu tun, die Konstruktion stammt aus der Zeit, bevor wir unsere Ämter angetreten haben“, sagte Gassen. „In der Politik gibt es Druck, die Dinge zu lösen. So sind wir beide in der Situation, das vernünftig abzuwickeln.“ Das werde auch gelingen.
Auch wichtige Weichenstellungen für die Patienten seien in Hamburg geplant. So wollen Deutschlands Kassenärzte die Versicherten vor die Wahl mehrerer Modelle der medizinischen Versorgung stellen.
„Wir wollen Patienten Möglichkeiten der Wahl eröffnen“, sagte Gassen. Ein entsprechendes Konzept will die Vertreterversammlung beraten. „Wir wollen die Versicherten mitnehmen, so dass sie individuell entscheiden können: Was ist für meine Lebensplanung die günstigste Art, medizinische Versorgung in Anspruch zu nehmen?“
Einerseits stehe pro Arzt weniger Arbeitszeit zur Verfügung, weil es mehr angestellte Ärzte und mehr Teilzeit gebe. „Andererseits gibt es ein auf hohem Niveau verharrendes Versorgungsbedürfnis“, sagte Gassen. „Wir stellen uns vor, dass sich ein großer Teil der Patienten über den Hausarzt steuern lässt“, erläuterte er. „Besonders für ältere Patienten dürfte der Hausarzt der beste Lotse im Gesundheitssystem sein.“
Aber es gebe auch Patienten vor allem mit einer Grundkrankheit, die lieber ihren Facharzt als ersten Ansprechpartner hätten. „Und es gibt Patienten, die eigentlich gesund sind und nur ein, zwei Mal im Jahr zur Vorsorge gehen. Die brauchen wieder ein anderes Angebot.“
„Wir sollten uns so auf bestimmte Modelle der Versorgung einigen“, sagte Gassen. „Doppeluntersuchungen und Ärzte-Hopping können so vermieden werden.“ Unnötige Untersuchungen könnten vermieden werden.
APOTHEKE ADHOC Debatte