Die Honorarumsätze der Ärzte und Psychotherapeuten sind im ersten Quartal 2022 bei deutlich gestiegenen Kosten nur leicht gewachsen. Im zweiten Quartal war sogar ein Umsatzrückgang zu verzeichnen. Dies geht aus den Honorarberichten der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) für das erste Halbjahr 2022 hervor.
Während der Umsatz im ersten Quartal im Bundesdurchschnitt um 4,9 Prozent je Arzt/Psychotherapeut stieg, sank er im 2. Quartal um 1,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Einbrüche gab es auch beim Honorarumsatz je Behandlungsfall: Er ging im 1. Quartal 2022 um 5,8 Prozent zurück, im 2. Quartal um 0,3 Prozent.
„Die Umsätze können mit den explodierenden Kosten und der hohen Inflation nicht mehr Schritt halten“, kommentiert KBV-Chef Dr. Andreas Gassen. Ärzte- und Psychotherapeuten müssten infolgedessen reale Einkommensverluste hinnehmen und hätten zunehmend Probleme, zu investieren und ausreichend Personal zu beschäftigen, ergänzt Vize Dr. Stephan Hofmeister. Dies alles wirke sich langfristig negativ auf die Versorgung aus.
Beide erneuerten ihre Forderung nach einer Abschaffung der Honorarbudgets. „Jede Untersuchung und Behandlung muss zum vereinbarten Preis bezahlt werden“, betonten sie. Notwendig sei eine nachhaltige und langfristig tragfähige Finanzierung der ambulanten Versorgung.
Im fachärztlichen Bereich erhöhte sich der durchschnittliche Honorarumsatz je Arzt/Psychotherapeut im 1. Quartal 2022 um 2,3 Prozent. Der Umsatz je Behandlungsfall sank um 3,4 Prozent. Ein Grund dafür ist, dass die Zahl der Behandlungsfälle nach der Corona-Pandemie wieder stark zugenommen hat (plus 8,1 Prozent).
Im 2. Quartal 2022 verringerte sich der Honorarumsatz je Facharzt/Psychotherapeut gegenüber dem 2. Quartal 2021 um 2,0 Prozent und der Honorarumsatz je Behandlungsfall um 0,1 Prozent. Die Behandlungsfallzahl blieb nahezu konstant (minus 0,1 Prozent).
Im hausärztlichen Versorgungsbereich sank der Umsatz je Behandlungsfall im 1. Quartal 2022 um 9,2 Prozent. Ein Grund für das Minus ist auch hier, dass die Fallzahlen nach dem pandemiebedingten Rückgang wieder deutlich angestiegen waren. Die Fallzahl je Arzt stieg im Schnitt um 20,9 Prozent. Der Umsatz je Hausarzt erhöhte sich so um durchschnittlich 9,7 Prozent.
Im zweiten Quartal sank der Honorarumsatz je Arzt um durchschnittlich 0,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal, der Honorarumsatz je Behandlungsfall ging um 0,5 Prozent zurück. Die Zahl der Behandlungsfälle stieg um 0,2 Prozent.
Die Gesamtvergütung, also das Geld, das für die ambulante ärztliche und psychotherapeutische Versorgung von gesetzlich Krankenversicherten zur Verfügung steht, erhöhte sich im 1. Quartal 2022 um rund 600 Millionen Euro (plus 5,5 Prozent). Für das 2. Quartal weist der Bericht ein Plus von rund 300 Millionen Euro (plus 2,9 Prozent) gegenüber dem Vorjahresquartal aus.
Die Gesamtvergütung setzt sich aus der Morbiditätsbedingten Gesamtvergütung (MGV) und der extrabudgetären Vergütung zusammen. Gewachsen ist im Berichtszeitraum vor allem die extrabudgetäre Vergütung (plus 15,1 Prozent und 6,6 Prozent), die unter anderem für Früherkennungsuntersuchungen, Impfungen und ambulante Operationen gezahlt wird.
Zu dem Zuwachs bei der extrabudgetären Vergütung trugen unter anderem die Regelungen aus dem Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) zur schnelleren Terminvermittlung und zur Neupatientenregelung bei. Letztere hatte der Gesetzgeber trotz massiver Proteste der Ärzteschaft zum 31. Dezember 2022 abgeschafft, sodass die Behandlung neuer Patienten seit Jahresbeginn nicht mehr extrabudgetär bezahlt wird.
Die MGV, aus der der Großteil der Leistungen vergütet wird, sank dagegen im 1. Quartal 2022 um 1,3 Prozent. Im 2. Quartal blieb die MGV gegenüber dem Vorquartal nahezu gleich (plus 0,1 Prozent). Der Rückgang zu Jahresbeginn ist teilweise darauf zurückzuführen, dass die MGV in dem Quartal stärker um TSVG-Leistungen bereinigt werden musste.
Bei der Bewertung der Daten für das 1. und 2. Quartal 2022 ist laut KBV zu beachten, dass diese aufgrund der Corona-Pandemie und ihrer Auswirkungen auf die vertragsärztliche Versorgung nur eingeschränkt mit denen der Vorjahresquartale vergleichbar sind. So wurden die Ärzte und Psychotherapeuten im Berichtszeitraum von ihren Patienten wieder stärker in Anspruch genommen. Im 1. Quartal 2022 beispielsweise stieg die Fallzahl je Arzt um 11,3 Prozent, während sie im Vorjahresquartal pandemiebedingt um 7,3 Prozent gesunken war.
APOTHEKE ADHOC Debatte