Ärzte „vermasseln“ Impfstoffabrechnung Alexander Müller, 21.04.2021 10:14 Uhr
Die Corona-Impfstoffe werden bestellt und an die Praxen geliefert – nur über die Abrechnung ihrer Dienstleistung sind die Apotheken noch immer in Unklaren. Daran sind nach Informationen von APOTHEKE ADHOC die Ärzte schuld: Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hat den Praxen eine ungültige Nummer zur Bestellung an die Hand gegeben. Eine Lösung steht kurz bevor – erzeugt aber zusätzlichen Aufwand.
Besonders ist die Abrechnung schon deshalb, weil die Vakzine im Besitz des Staates bleiben. Die Ärzte „verordnen“ ihre Bestellung zwar auf Muster-16-Formularen – um Rezepte handelt es sich dabei aber gerade nicht. Das wird schon daran deutlich, dass die Großhändler die tatsächlichen Mengen je nach Verfügbarkeit gemäß ihrem Schlüssel zuteilen.
Auch die Apotheken erhalten kein Honorar, sondern eine Logistikpauschale. Dabei strecken sie die Vergütung der Großhändler sowie die Kosten für das Impfbesteck vor. Und bekommen das Geld im Nachgang von Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS). Bislang ist das allerdings Theorie, denn die Apotheken können ihre Leistung noch gar nicht abrechnen.
Das Problem liegt beim Institutionskennzeichen („IK-Nummer“): Die von der KBV vorgegebene Kostenträgerkennung 100038825 für das BAS ist schlicht falsch. Dem Vernehmen nach verwendet die KBV intern die Nummer 38825 für das Bundesamt. Um für die Bestellung der Impfstoffe auf der Muster-16-Vorlage eine neunstellige IK-Nummer zu erzeugen, wurde der Ziffernfolge einfach eine „1000“ vorangestellt.
So einfach ist es aber leider nicht, denn IK-Nummern werden nach einer festgelegten Logik erstellt, die letzten vier Ziffern sind Prüfziffern. Das ist sofort aufgefallen, als entsprechend ausgefüllte Testbelege in die Warenwirtschaft der Apotheker übernommen werden sollten: Das System schreit Alarm und gibt eine Fehlermeldung. Bislang ungeklärt ist, warum dieser Lapsus nicht in den Softwaresystemen der Ärzte vorab bereits aufgefallen ist.
Jedenfalls muss umgestellt werden. Die neue Nummer wird voraussichtlich „103609999“ lauten, die endgültige Entscheidung fällt heute am späten Nachmittag. Vermutlich haben der Deutsche Apothekerverband (DAV) und der Verband der Softwarehäuser (ADAS) die KBV hierzu beraten – oder das neue IK gleich selbst beantragt. Eine Umsetzung in der Arztsoftware ist aber erst zum 1. Mai möglich.
Die Landesapothekerverbände hatten ihre Mitglieder schon in der vergangenen Woche gebeten, die Impfstoff-Rezepte noch nicht in die Abrechnung zu geben. Es herrscht einiger Unmut in Funktionärskreisen, die KBV habe es „vermasselt“. Und dass die Abda das zunächst vorgestellte Prozedere aus dem Impfstoff-Leitfaden diskret wieder entfernt hat, ohne über die Hintergründe aufzuklären, hat die Stimmung auch nicht gerade verbessert. Vermutlich habe man die KBV nicht bloßstellen wollen, so die Vermutung.
Der Verzug wirft neue Fragen auf: Wie die Apotheken zum Beispiel mit den bereits in eingereichten Rezepten umgehen sollen. Die Softwarehäuser können zwar eine Logik hinterlegen, dass die alte IK automatisch durch die neue ersetzt wird, dann stimmt der übermittelte Scan aber nicht mit dem Originaldokument überein. Und die „Bestellzettel“ der Ärzte verbleiben ja bis mindestens 2024 bei den Rechenzentren. Denn anders als normale Rezepte werden die Originale nicht an die Krankenkassen weitergegeben. Für diese Archivierung entsteht den Rechenzentren zusätzlicher Mehraufwand – für die Abrechnung mit dem BAS sowieso. Aller Vorraussicht nach wird das wiederum den Apotheken in Rechnung gestellt werden. So war es auch bei der Abrechnung der FFP2-Masken.
Noch eine andere Sache bereitet den Verantwortlichen bei DAV und ADAS Kopfschmerzen: Am 10. Mai sinkt die Vergütung für die Großhändler: Statt 9,65 Euro pro Durchstechflasche und 11,55 Euro für jedes tiefkühlpflichtiges Vial gibt es dann einheitlich 6,55 Euro netto. Eine Umstellung zum 15. Mai als Stichtag des Updates wäre naheliegender gewesen.