Hausarztpraxen sollen von Budget-Obergrenzen befreit werden. Für die SPD im Bundestag ist das der richtige Schritt. Doch in der Koalition dürfte es darüber noch Debatten geben – wie die FDP deutlich macht.
In der Ampel-Koalition sind die jüngsten Vorschläge von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) für eine bessere hausärztliche Versorgung unterschiedlich aufgenommen worden. Während die SPD auf eine schnelle Umsetzung der Pläne setzt, werden in der FDP-Bundestagsfraktion die Forderung nach einer besseren Bezahlung auch von Fachärztinnen und -ärzten laut.
Lauterbach hatte nach einem Krisentreffen mit Ärzteschaft und Krankenkassen am Dienstagabend angekündigt, dass die geltenden Obergrenzen bei der Bezahlung von Hausärzt:innen entfallen sollen. Für Facharztpraxen sollen dagegen weiter solche Budgets gelten. Eingeführt war die Budgetierung, damit die Kosten für die ambulante Versorgung nicht aus dem Ruder laufen. Zuletzt hatten die Krankenkassen 46,3 Milliarden Euro für ärztliche Behandlungen ausgegeben (2022).
Für Hausarztpraxen soll zudem eine jährliche Versorgungspauschale die bisherigen Quartalspauschalen bei chronisch Kranken ersetzen. Die Praxen sollen die Betroffenen dadurch nicht mehr einbestellen, nur weil diese ein neues Rezept brauchen. So soll mehr Zeit für die eigentlichen medizinischen Behandlungen bleiben. Zudem soll Hausarztpraxen mit vielen Patienten und Hausbesuchen von einer jährlichen Versorgungspauschale profitieren.
Die Vizechefin der SPD-Bundestagsfraktion, Dagmar Schmidt, bekräftigte, dass es 2024 „ganz konkrete Strukturreformen“ geben werde – stationär und vor allen Dingen ambulant. „Wir haben im Koalitionsvertrag die Entbudgetierung bei der hausärztlichen Vergütung versprochen, die setzen wir um.“ Auch die fachärztliche Versorgung werde gestärkt. Der von Lauterbach für Januar angekündigte Gesetzentwurf solle möglichst bald im Parlament beschlossen werden.
Lauterbach selbst rechnet bereits in diesem Jahr mit Erleichterungen für Ärzte und Patienten, wie er am Dienstagabend in den ARD-Tagesthemen sagte. „Schon in diesem Jahr wird das beginnen. Wir kommen ja jetzt mit dem Gesetz noch, also im Januar werden wir es der Öffentlichkeit vorstellen.“
Der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Andrew Ullmann, nannte Lauterbachs Vorschläge „eine notwendige Grundlage für weitere Gespräche für dringende gesetzliche Umsetzungen“. Allerdings müsse jede ärztliche Leistung auch bezahlt werden. „Dabei werden wir vor allem darauf achten, dass keine Systemspaltung zwischen Allgemeinmedizinern und Fachärzten stattfindet“, kündigte Ullmann an.
„Wenn wir die Ambulantisierung vorantreiben wollen, müssen hausärztliche Leistungen, egal von welchem Arzt oder Ärztin sie erbracht werden, bezahlt werden“, sagte der FDP-Politiker. „Das wäre der erste Schritt. Unsere Forderung ist klar: Andere Arztgruppen müssen rasch folgen.“ Entsprechend hatte sich Ullmann bereits in den Zeitungen der Mediengruppe Bayern geäußert.
Da Lauterbach den Honorardeckel bei den weiteren Facharzt-Gruppen nicht aufheben will, hatte sich bereits der Vorsitzende des Virchowbunds, Dr. Dirk Heinrich, unzufrieden mit den Vorschlägen gezeigt. Heinrich kündigte weitere Ärzteproteste an. Die Proteste müssten weitergehen, „wenn nicht die gesamte ambulante Versorgung durch Haus- und Fachärzte in den Blick genommen wird“.
Bereits zwischen den Jahren und an einem Brückentag im Oktober waren viele Arztpraxen aus Protest geschlossen geblieben.
Der gesundheitspolitische Sprecher der Union, Tino Sorge, kritisierte, das Treffen sei ein „Gipfel der Ankündigungen und Durchhalteparolen“ gewesen. „Wie die Neuregelungen finanziert werden sollen, erklärt der Minister nicht“, sagte Sorge dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Lauterbach hatte die Mehrausgaben für die Krankenkassen auf einen dreistelligen Betrag geschätzt. Er sagte in den ARD-Tagesthemen, dass die Erleichterungen durch die derzeit steigenden Einnahmen der Krankenkassen finanziert werden sollten. „Durch diese Reform wird der Beitragssatz nicht steigen“, kündigte Lauterbach an.
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