Im vergangenen Jahr haben deutlich mehr Patienten wegen Verdachts auf einen Behandlungsfehler Hilfe bei den Krankenkassen gesucht. Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung erstellte rund 14.600 entsprechende Gutachten, wie der Medizinische Dienst des Kassen-Spitzenverbands (MDS) mitteilte. Das sind gut 2000 mehr als im Vorjahr.
Die Zahl der bestätigten Fehler sank dagegen etwas. Knapp 3700 Mal kamen die Gutachter zu dem Ergebnis, dass ein Behandlungsfehler vorliegt. „Viele Behandlungsfehler wären vermeidbar“, sagte der leitende Arzt des MDS, Dr. Stefan Gronemeyer.
Knapp 70 Prozent der Behandlungsfehlervorwürfe richteten sich gegen Krankenhäuser, gut 30 Prozent betrafen niedergelassene Ärzte. Wie in den Vorjahren wurden die meisten Vorwürfe im Zusammenhang mit Operationen erhoben. Orthopädie, Unfallchirurgie und Allgemeinchirurgie waren am häufigsten betroffen, gefolgt von Zahnmedizin und Gynäkologie. Im Verhältnis zur Zahl der Vorwürfe wurden die meisten Behandlungsfehler aber in der Pflege und in der Zahnmedizin bestätigt.
Laut dem Präsidenten der Bundesärztekammer (BÄK), Professor Dr. Frank Ulrich Montgomery, können Patienten in Deutschland darauf vertrauen, dass bei ihrer Behandlung die höchsten Standards angelegt werden und dass alles unternommen werde, um Fehler zu vermeiden.
„Angesichts von fast 700 Millionen Behandlungsfällen im ambulanten Bereich und mehr als 18 Millionen Fällen in den Kliniken jährlich bewegt sich die Zahl der festgestellten ärztlichen Behandlungsfehler im Promillebereich“, sagte Montgomery. Das zeigten sowohl die vom MDS vorgelegten Zahlen als auch die jährlichen Statistiken der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen der Ärztekammern. „Beide Erhebungen beruhen auf belastbaren Daten und unterscheiden sich damit erheblich von Veröffentlichungen der AOK, die vor einigen Monaten versucht hatte, mit Uraltschätzungen zu Behandlungsfehlern Stimmung gegen Ärztinnen und Ärzte zu machen“, sagte Montgomery.
Die BÄK wird Ende Juni eine eigene Behandlungsfehlerstatistik veröffentlichen. Nach ersten Trendanalysen wurde 2013 danach bei knapp 8000 Sachentscheidungen der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen in knapp einem Drittel der Fälle ein Behandlungsfehler festgestellt. Dieser Trend liegt damit im Niveau der vergangenen Jahre, eine signifikante Verschlechterung ist nicht festzustellen, so die BÄK.
Mehr Hilfe für die Opfer von Behandlungsfehlern in Kliniken und Arztpraxen fordert die Deutsche Stiftung Patientenschutz. „Um die größte Not der geschädigten Patienten zu lindern, brauchen wir einen Härtefall-Fonds“, sagte Vorstand Eugen Brysch. „In der alten christlich-liberalen Koalition war es die FDP, die den Fonds verhinderte.“ Nun müssten SPD und CDU/CSU Schritte hin zu einem besseren Patientenschutz realisieren. „Doch eine gesetzliche Initiative bleibt aus“, kritisierte Brysch. „Wir brauchen 200 Millionen für einen Härtefall-Fonds.“
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