Ärzte streiten über Pflichtquartal Franziska Gerhardt, 27.03.2014 11:49 Uhr
Dem Mangel an Allgemeinmedizinern in Deutschland will die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) mit einer Reform des Medizinstudiums entgegenwirken: Während des Praktischen Jahres (PJ) sollen angehende Ärzte mindestens ein Quartal im Bereich der Allgemeinmedizin tätig sein. Mit ihrem Vorschlag greift KBV-Vorstand Regina Feldmann eine Idee auf, deren Umsetzung vor zwei Jahren im Bundesrat gescheitert war.
„Gerade angesichts immer mehr alter und chronisch kranker Menschen in Deutschland ist eine starke Primärversorgung nötig“, sagte Professor Dr. Ferdinand Gerlach vom Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM). Doch 2012 seien 90 Prozent aller Abschlüsse in spezialisierten Facharztberufen gemacht worden. Es gebe einen deutlichen Trend zur Spezialisierung sowie zu wenig Allgemeinärzte in Deutschland.
Auch Gerlach fordert daher ein Pflichtquartal Allgemeinmedizin im Studium. In Großbritannien und in den Niederlanden sei das bereits vorgeschrieben. Derzeit ist das PJ in Tertiale eingeteilt: Jeweils vier Monate in der Inneren Medizin, in der Chirurgie sowie in einem Wahlfach sind vorgeschrieben.
Dabei wird die Ausbildung in der Allgemeinmedizin bereits im Studium oft vernachlässigt: „Nur an knapp zwei Dritteln der Universitäten, wo Ärzte ausgebildet werden, gibt es überhaupt einen Lehrstuhl für Allgemeinmedizin“, kritisierte Professor Dr. Heyo Kroemer, Präsident des Medizinischen Fakultätentags (MFT). Er sei allerdings zurückhaltend, was ein Pflichtquartal für die Allgemeinmedizin angehe, denn dann könnten Vertreter anderer Fächer das ebenso fordern.
Klar gegen die Pflicht zur Allgemeinmedizin sind die Medizinstudenten: „Pflicht führt nicht zu Begeisterung“, sagte Pascal Nohl-Deryk, Bundeskoordinator für Gesundheitspolitik der Bundesvertretung der Medizinstudenten in Deutschland (bvmd). Man könne die Studenten mit einem Pflichtjahr in der Allgemeinmedizin nicht zu ihrem Glück zwingen.
Schon 2012 war ein entsprechender Vorstoß im Bundesrat gescheitert – zu Recht, so Nohl-Deryk. Einen Einblick in den wichtigen Bereich der Allgemeinmedizin werde im Studium bereits durch zwei Wochen im Blockpraktikum und vier Wochen in der Pflichtfamulatur garantiert.
„Was wir brauchen, ist eine gute und engagierte Lehre in der Allgemeinmedizin“, so Nohl-Deryk. Dadurch könnten mehr Studenten von diesem Fach überzeugt werden. Dafür müssten allerdings an allen medizinischen Fakultäten allgemeinmedizinische Lehrstühle etabliert werden. Das erfordere auch die entsprechenden finanziellen Mittel.