Ärzte

KVen: Strafanzeige gegen Köhler

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Berlin -

In der Ärzteschaft brodelt es: Die Spitze der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) muss sich gegen Vorwürfe wehren, ihr ehemaliger Chef Dr. Andreas Köhler habe Gelder veruntreut. Angefeuert wird die Diskussion aus den eigenen Reihen: Die Kassenärztlichen Vereinigungen Westfalen-Lippe (KVWL) und Mecklenburg-Vorpommern (KVMV) haben Strafanzeige gegen Köhler und den Vorsitzenden der KBV-Vertreterversammlung, Hans-Jochen Weidhaas, gestellt.

Die KBV selbst hatte Medienberichten zufolge die Untreuevorwürfe untersuchen lassen. Dabei geht es etwa um Mietkostenzuschüsse in Höhe von 95.000 Euro, die Köhler für seine Wohnung in Berlin erhalten haben soll. Auch wegen Gehaltserhöhungen und Zahlungen nach Köhlers Ausscheiden aus dem Amt in Höhe von mehr als 200.000 Euro steht die KBV nun in der Kritik.

Der KVWL-Vorsitzende Dr. Wolfgang-Axel Dryden hat die Ergebnisse zusammengefasst: „Die Gutachter kommen zu dem Schluss, dass Schadenersatzansprüche in Millionenhöhe bestehen, dass Pflichtverletzungen vorliegen, Vereinbarungen sittenwidrig sind, ein leider inzwischen wohl verjährter Vorwurf der Untreue im Amt besteht, pflichtwidrig Zahlungen geleistet, uneidliche Falschaussagen vor Gericht getätigt wurden etc.“, listete er bei der KVWL-Vertreterversammlung am Freitag auf.

Dryden will das nicht durchgehen lassen. Er fordert bereits seit längerem mehr Transparenz von der KBV. Der KVWL-Chef berichtete, wie er den Vorsitzenden der KBV-Vertreterversammlung einen Fragenkatalog vorgelegt und nachgebohrt habe. Außerdem habe er Weidhaas darauf hingewiesen, die Fragen und Antworten allen Mitgliedern der Vertreterversammlung zur Verfügung zu stellen, damit alle den gleichen Informationsstand hätten.

Das hat ihm die Kritik von 19 Mitgliedern der KBV-Vertreterversammlung eingebracht: In einem offenen Brief an Dryden bezeichneten sie den Stil seiner Korrespondenz mit Weidhaas als „unangemessen“. Außerdem wurde Dryden vorgeworfen, eine Spaltung der Vertreterversammlung zu betreiben, da einige seiner Nachrichten nur an bestimmte Mitglieder gegangen seien. Außerdem deuteten die Unterzeichner an, dass Dryder Interna an die Öffentlichkeit gegeben habe. Dies habe zur Infragestellung des KV-Systems durch den SPD-Gesundheitsexperten Professor Dr. Karl Lauterbach geführt.

Das will sich Dryder nicht gefallen lassen. „Wer hat Recht?“, fragte er in der KVWL-Vertreterversammlung. „Jene, die sagen, dass wir durch unser Bestreben nach Aufklärung die Politik verärgern und gegen die KBV auf den Plan rufen? Oder nicht doch eher diejenigen, die wie ich der Auffassung sind, dass es das Fehlverhalten und die Möglichkeit dazu ist, was die Politik auf den Plan ruft? Ich lasse jedenfalls nicht zu, dass die KBV aussieht wie ein Selbstbedienungsladen Einzelner, die nicht mehr geerdet sind, sondern sich als Sonnenkönige fühlen!“

Dryden monierte, dass er zunehmend den Eindruck gewonnen habe, „dass manche Kräfte in der KBV – davon schließe ich den oder die Vorsitzenden der Vertreterversammlung nicht aus – wenig Interesse an einer vollständigen Aufklärung der Vorkommnisse in der KBV haben.“

Dryden kritisierte, dass Kollegen, die ebenfalls Aufklärung verlangt hätten, abgestraft worden seien, indem ihnen Mandate in verschiedenen Gremien entzogen worden seien. Dazu gehöre auch der KVWL-Vize Dr. Gerdhard Nordmann. Der fand deutliche Worte: „Das war eine Säuberungsaktion gegenüber profilierten Kritikern des Systems Gassen/Köhler, wie sie in Nordkorea nicht schöner hätte umgesetzt werden können.“ Nordmann betonte aber auch, dass sich weder die Geschassten noch die übrigen kritischen Kollegen das offene Wort verbieten lassen würden.

Dryden äußerte Zweifel an dem Handlungswillen der KBV-Führung, „konsequent Fehler der Vergangenheit aufzudecken und die falsch Handelnden zur Verantwortung zu ziehen“. Daher habe er gemeinsam mit dem KVMV-Vorsitzenden Dr. Dieter Kreye bei der Staatsanwaltschaft Berlin Strafanzeige gestellt.

Die Anzeige richtet sich zunächst gegen Köhler und Weidhaas, ist aber vergleichsweise offen formuliert. Inhalt ist der Vorwurf der Untreue. „Wir wollen damit auch einen Schlussstrich unter die mühsame interne Diskussion ziehen und denjenigen die weitere Aufklärung der Sachverhalte überlassen, die Ermittlungsprofis sind.“

Dryden warnte, dass auch der KVWL ein finanzieller Schaden dadurch entstanden sein könnte, „dass man in der KBV nicht die notwendige Sorgfalt auf das Gebot der Wirtschaftlichkeit im Umgang mit den Finanzmittel einhalten hat“. Er machte aber auch deutlich: „Wir sind nicht gegen, sondern für die KBV. Wir wollen sie reinigen und sie erneuert wieder stark machen. Nur so kann die KBV in der Politik Akzeptanz zurückgewinnen. Gelingt dies nicht, schadet das letztlich allen Kven.“

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