Notfallreform

Ärzte: Kein Personal für Notfallpraxen

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Berlin -

Wie Apotheken sind auch niedergelassene Ärzt:innen in die Notfallversorgung eingebunden. Durch Bereitschaftsdienste und unter bestimmten Umständen auch Hausbesuche ist sichergestellt, dass Patient:innen außerhalb der regulären Sprechstundenzeiten versorgt werden können. Dadurch sollen auch Kliniken entlastet werden. Mit der Notfallreform könnten noch weitere Pflichten im Bereitschaftsdienst verlangt werden. Doch dazu fehlte das ohnehin schon knappe Personal, warnen die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen).

Alle niedergelassenen Vertragsärzt:innen müssen mindestens 25 Stunden pro Woche für GKV-Patient:innen in ihrer Praxis anbieten. Den Versorgungsauftrag müssen sie dabei vor Ort und persönlich erfüllen. Darüber hinaus müssen sie am ärztlichen Bereitschaftsdienst beziehungsweise Notfalldienst teilnehmen, um die ambulante Versorgung auch außerhalb der Sprechstunden sicherzustellen. Bereitschaftsdienste von niedergelassenen Ärzt:innen und Hausbesuche sollen Krankenhäuser und Rettungsdienste zusätzlich entlasten.

Bereitschaftsdienst

Alle Hausärzt:innen müssen daher am Bereitschaftsdienst teilnehmen. Angestellte Ärzte sind nicht dienstverpflichtet, für sie übernimmt der Arbeitgeber. Allerdings kann eine arbeitsvertragliche Regelung getroffen werden, sodass Angestellte auch Dienste übernehmen. „Ärztinnen und Ärzte sind nach Maßgabe der Kammer- und Heilberufsgesetze der Länder und der auf ihrer Grundlage erlassenen Satzungen zur Teilnahme am Notfall beziehungsweise Bereitschaftsdienst verpflichtet“, heißt es in der Berufsordnung. Die Bereitschaftsdienste werden von den KVen des jeweiligen Bundeslandes organisiert.

Die diensthabenden Ärzt:innen sollen bei gesundheitlichen Beschwerden helfen, die zwar dringend, aber nicht akut lebensgefährlich sind. Die Behandlung findet je nach Organisation in der Region in den Praxen der dienstverpflichteten Ärzt:innen oder in Bereitschaftspraxen der KV oder solchen, die mit ihr kooperieren, statt. Neben der Behandlung von Patienten vor Ort sind die Ärzt:innen auch zur telefonischen und telemedizinischen Beratung verpflichtet.

Die KVen sind nur verpflichtet, einen allgemeinen Bereitschaftsdienst zu organisieren. Allerdings haben sich weitere gebietsärztliche Dienste, wie etwa ein kinder- und ein augenärztlicher Dienst, etabliert. Weitere gebietsärztliche Dienste kann die KV des Landes bestimmen. Baden-Württemberg hat beispielsweise noch einen HNO-Dienst in einigen Regionen.

Hausbesuche

In der Regel werden die Dienste in Sitz- und Fahrdienste unterteilt. Die Sitzdienste werden in zentralen Bereitschaftspraxen oder der eigenen Praxis geleistet. Die Fahrdienste übernehmen die medizinisch erforderlichen Hausbesuche. Dieser erfolgt nur dann, wenn es der Patientin oder dem Patienten wegen Krankheit entweder nicht möglich oder nicht zumutbar ist, den diensthabenden Arzt in dessen Praxis oder in der diensthabenden Bereitschaftspraxis aufzusuchen. Wie ein Patient versorgt wird und ob insbesondere ein Hausbesuch durchzuführen ist, entscheidet der diensthabende Arzt eigenverantwortlich im Einzelfall.

Alle Ärzte, die nicht in einem gebietsärztlichen Dienst sind, nehmen automatisch am allgemeinen Dienst teil und werden zum Sitz- oder Fahrdienst eingeteilt. Dienstbefreiungen müssen extra festgelegt werden. Das bedeutet, dass auch diejenigen, die eher weniger für die Übernahme von Diensten geeignet sind, wie zum Beispiel Humangenetiker, Laborärzte oder Psychiater, zum Dienst verpflichtet sind.

Für mehr fehlt das Personal

Die Notfallreform von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) stößt bei den niedergelassenen Ärzten auf Kritik: Für mehr Leistungen fehle schlichtweg das Personal. Laut Gesetzesentwurf sollen die KVen die notdienstliche Akutversorgung außerhalb der regulären Praxissprechzeiten flächendeckend in integrierten Notfallzentren sicherstellen sowie telemedizinische Versorgung und Hausbesuche rund um die Uhr anbieten.

„Der Entwurf erinnert mich an Wunschvorstellungen, die von vornherein zum Scheitern verurteilt sind. Bundesgesundheitsminister Lauterbach macht Versprechen, die für die Patienten einem Schlaraffenland der medizinischen Versorgung gleichen müssen. Das liest sich alles schön und gut, geht an der Realität aber komplett vorbei“, kommentiert Dr. Jörg Böhme, Vorstandsvorsitzender der KV Sachsen-Anhalt.

Auch ein Sprecher der KV Hessen kommentiert auf Nachfrage: „In Zeiten von Ärztemangel, der sich in den kommenden Jahren verstärken wird, weil die Babyboomer in Rente gehen, wird mit der Reform gleichzeitig neuer Bedarf generieren, obwohl allein in Hessen etwa 500 freie Arztsitze sind.“

Die KV Rheinland-Pfalz fordert dringend notwendige Anpassungen bei der Reform. „Die geplante Reform der Notfallversorgung darf nicht auf dem Rücken der Kolleginnen und Kollegen umgesetzt werden“, sagt KV-Vize Dr. Andreas Bartels. Der aktuelle Referentenentwurf ignoriere in weiten Teilen die Situation in den Praxen und mache die ambulante Versorgung damit selbst zum Notfall.

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