In Zeiten von Amazon & Co. halten Kritiker das Kartellamt für einen zahnlosen Tiger. Fusionen von Versandapotheken werden mit der Begründung genehmigt, dass es ja noch die Dorfapotheke gibt. Und gegen das Duopol im Drogeriemarkt lässt sich ohnehin nichts ausrichten. Die Ärzte in NRW haben ganz andere Probleme: Die Entscheidung aus Bonn, die Zusammenlegung zweier Kliniken in Gütersloh zu untersagen, führt den Ärztekammern zufolge zu Problemen. Die Wettbewerbshüter sollen sich raushalten, so der Tenor.
Die Reform der Krankenhausplanung, die für den Erhalt einer qualifizierten stationären Patientenversorgung dringend erforderlich sei, dürfe nicht durch kartellrechtliche Bedenken blockiert werden, mahnen die beiden Kammerpräsidenten Rudolf Henke (Nordrhein) und Dr. Theodor Windhorst (Westfalen-Lippe). Sie wollen mit ihrer öffentlichen Erklärung verhindern, dass sinnvolle Entwicklungen blockiert und so eine zukunftsfähige Entwicklung der Krankenhauslandschaft in NRW gehemmt werde.
Im Rahmen einer Voranfrage hatte das Bundeskartellamt die geplante Kooperation des Klinikums Gütersloh und des Sankt Elisabeth-Hospitals Gütersloh kartellrechtlich verboten. Die zwischen den Beteiligten vor Ort konsentierte Fusion sollte laut Henke und Windhorst aber zu einer Verbesserung der medizinischen Versorgungsqualität beitragen sowie zu Ressourceneinsparungen führen und eine höhere Wirtschaftlichkeit erreichen. „Die vorliegende Entscheidung des Bundeskartellamtes verhindert in diesem Fall eine gewünschte Konzentration medizinischer Kompetenz“, sind sich Windhorst und Henke einig.
„Das Gesundheitswesen ist kein Markt. Krankenhäuser dürfen keine rein gewinnorientierten Unternehmen sein. Patientenversorgung ist keine Industrie. Vielmehr geht es in einer zukunftsgerichteten Krankenhausplanung darum, etwaige Doppelvorhaltungen abzubauen und die Strukturqualität in der stationären Versorgung zu sichern“, sagt Windhorst.
Die beiden Ärztekammern sind nach eigenen Angaben in den Reformprozess der Krankenhausplanung eng eingebunden und warnen davor, in diesem Bereich der Daseinsfürsorge rein marktwirtschaftlich orientiertes Kartellrecht anzuwenden. Vielmehr müssten bei solchen Entscheidungen auch unbedingt Aspekte der regionalen Krankenversorgung berücksichtigt werden.
„Sinnvolle Schritte zur medizinischen Kompetenzbündelung und Konzentration von qualitativ hochwertigen Klinikangeboten dürfen nicht durch kartellrechtliche Formalia zu Lasten der Patientenversorgung konterkariert werden“, erklärt Henke.
Um die Reform der Krankenhausplanung und die Entwicklung der stationären Versorgung voranzubringen, sprechen sich die NRW-Ärztekammern für Ausnahmegenehmigungen bei versorgungspolitisch sinnvollen Fusionen oder Kooperationen zwischen Kliniken aus. Ein solches Instrument der Ministererlaubnis sei kartellrechtlich möglich und müsse unter jeweiliger Berücksichtigung der Verhältnisse vor Ort angewendet werden.
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