Offener Brief an Spahn

Ärzte fordern Corona-Sonderbonus, Apotheker nicht

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Berlin -

Für alle Beschäftigten im Gesundheitssystem waren die vergangenen Monate sehr fordernd – und die aktuellen Covid-19-Fallzahlen geben wenig Grund zur Hoffnung, dass sich die Situation demnächst entspannt. Als Anerkennung fordern die Spitzenorganisationen der Ärzte für ihre Angestellten einen staatlichen Corona-Sonderbonus. Die Abda hat sich diesem Appell nicht angeschlossen und setzte auf andere Forderungen.

Die obersten Ärztefunktionäre haben gemeinsam einen Brief an Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) verfasst. Darin fordern sie einen „Sonderbonus für Medizinische und Zahnmedizinische Fachangestellte als besonders belastete und gefährdete Gesundheitsberufe mit Systemrelevanz“ sowie die Aufnahme von MFA und ZFA in die Nationale Teststrategie, damit sich die Mitarbeiter jederzeit kostenlos testen lassen können.

Anlass des Briefs ist der schon beschlossene Sonderbonus für die Pflege. Über die Pflegeversicherung finanziert der Bund hier einen steuer- und abgabefreien Zuschuss von bis zu 1000 Euro für die Beschäftigten. Wieviel eine Pflegekraft konkret erhält, hängt von den jeweiligen Tätigkeiten, den Arbeitsstunden und dem Bundesland ab. Denn über Länder-Zuschüsse kann der steuerfreie Bonus auf bis zu 1500 Euro erhöht werden.

Die Ärzte halten es für angebracht, dass Medizinische Fachangestellte (MFA) und Zahnmedizinische Fachangestellte (ZFA) ebenso berücksichtigt werden. Sie weisen darauf hin, dass sechs von sieben Covid-19-Patienten ambulant behandelt wurden. Das erklärte Ziel, die Kliniken zu entlasten und möglichst viele Patienten im ambulanten Bereich zu versorgen, sei damit erreicht worden. Mehr als 400.000 MFA und mehr als 200.000 ZFA hätten damit das Gesundheitswesen funktionsfähig gehalten. „Die Praxisteams haben dabei unter kritischen Bedingungen gearbeitet, weil Schutzmaterial nicht ausreichend zur Verfügung stand“, erinnern die Ärzte.

Unterzeichnet ist der Brief vom Präsidenten der Bundesärztekammer, Dr. Klaus Reinhardt, dem Vorsitzenden der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Dr. Andreas Gassen, dem Präsidenten der Bundeszahnärztekammer, Dr. Peter Engel, dem Vorsitzenden der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung, Dr. Wolfgang Eßer, und der Präsidentin des Verbandes medizinischer Fachberufe, Hannelore König.

Die Abda hat sich diesem Appell für die Angestellten in Apotheken nicht angeschlossen. Die Prioritäten der Lobbyarbeit liegen auf der schnellen Umsetzung des Apothekenstärkungsgesetzes (VOASG) sowie der dauerhaften Vergütung des Botendienstes. Zumindest dabei gab es jetzt einen Rückschlag: Denn die geplante Entfristung und Festschreibung bei 2,50 Euro wurde aus dem Krankenhauszukunftsgesetz wieder gestrichen. Umso wichtiger ist für die Abda das VOASG. Offenbar will sich die Standesvertretung nicht mit weiteren Forderungen nach Corona-Sonderboni verzetteln.

Dabei sind die Argumente der Ärzte durchaus auf die Offizin übertragbar. So begründen die Ärztefunktionäre ihre Forderung nach einem Sonderbonus unter anderem mit Zahlen zur Arbeitsunfähigkeit. Demnach liegen MFA und ZFA nach Daten des Wissenschaftlichen Institut der AOK (WIdO), unter den Top 10 der Berufsgruppen mit den höchsten krankheitsbedingten Fehlzeiten im Zusammenhang mit Covid-19.

Im betrachteten Zeitraum haben 1207 von 100.000 beschäftigten MFA im Zusammenhang mit Covid-19 an ihrem Arbeitsplatz gefehlt – 2,5-mal so häufig wie der Durchschnitt der AOK-Versicherten (474 je 100.000). Beschäftigte in der Altenpflege (1283) und der Gesundheits- und Krankenpflege (1237) waren ähnlich betroffen. PTA fallen gemäß der WIdO-Daten zwar mit 670 je 100.0000 hinter den Beschäftigten in den Praxen zurück, liegen aber immer noch über dem Durchschnitt.

Die Ärzte weisen darauf hin, dass das Infektionsrisiko aufgrund der Nähe zu den Patienten unverändert hoch ist und aufgrund der aktuellen Pandemie-Entwicklung weiter ansteigen wird. Das Erscheinen in der Praxis ohne vorherige Rücksprache erhöhe zusätzlich die Infektionsrisiken der Beschäftigten.

Unverständlich finden es die Ärzte, dass Gesundheitsberufe im niedergelassenen Bereich bei der Nationalen Teststrategie Sars-CoV-2 nicht berücksichtigt wurden. Zum Schutz der Berufsangehörigen und der Patienten müssten MFA und ZFA regelmäßige kostenfreie Tests eingeräumt werden, so die Forderung.

Das zweite Argument der Ärztefunktionäre für einen Corona-Bonus: Mit dem schon beschlossenen Bonus solle das Lohngefälle zwischen Alten- und Krankenpflege ausgeglichen werden. Laut Entgeltatlas der Arbeitsagentur lag das Bruttogehalt 2019 im Median bei 2448 Euro für eine MFA, aber bei 3032 Euro in der Altenpflege und 3547 Euro für Krankenpfleger. Zum Vergleich: PTA kommen laut dieser Statistik im Median auf 2644 – mit starken regionalen Schwankungen.

„Wenn das ambulante Gesundheitswesen weiter eine stabile Säule der Versorgung bleiben soll, dann müssen auch MFA und ZFA als systemrelevante Berufe neu bewertet werden. Das ist mit Blick auf die Struktur der Freien Berufe nicht allein durch Tarifverhandlungen möglich, sondern muss durch die Gesellschaft gegenfinanziert werden. Ein erstes Zeichen der Anerkennung der besonderen Berücksichtigung bei der Zahlung des Sonderbonus“, schreiben die Ärzte an Spahn.

 

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