Gassen: Staatskommissar wäre Verrat an den Ärzten Lothar Klein, 23.05.2016 13:09 Uhr
Der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Dr. Andreas Gassen, hat Beschlüsse der Vertreterversammlung zur Aufklärung der Skandale innerhalb der Ärzteschaft angekündigt. Er reagierte damit auf die Drohung von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU), die KBV einem Staatskommissar zu unterstellen. „Ich kämpfe mit aller Kraft dafür, dass die Kassenärztliche Bundesvereinigung von keinem aus dem BMG bestellten 'Kommissar' geführt wird“, sagte Gassen.
Einen Verwaltungsbeamten an der KBV-Spitze, „der mit großer Wahrscheinlichkeit bisher nicht einmal ein einziges Arzt-Patientengespräch geführt hat“, dürfe es nicht geben. Gassen: „Ein Staatskommissar, der Sicherstellung und medizinische Exzellenz vielleicht aus der Patienten, aber noch nie aus der Anbieterperspektive betrachtet hat, brauchen wir nicht. Ein Staatskommissar wäre ein Verrat an der Identität der deutschen Ärzteschaft.“
In den vergangenen Wochen habe die KBV daran gearbeitet, „damit es nicht zu diesem Verrat kommt – lassen Sie uns das nachher in geschlossener Sitzung erfolgreich zu Ende bringen.“ Gassen räumte Fehler der KBV ein: „Wir als Selbstverwaltung haben ein ureigenes Interesse daran, Fehler und Versäumnisse lückenlos aufzuarbeiten. Es geht letztlich um das Vertrauen der Politik in die Arbeit unserer Selbstverwaltung.“ Die KBV sei nicht nur auf gutem Weg, die Fehler zu beseitigen, „wir werden diese auch in Zukunft vermeiden“.
Auf der nichtöffentlichen Sitzung der Vertreterversammlung am Nachmittag sollen die ausstehenden Beschlüsse zur Aufklärung der KVB-Affäre fallen: Gröhe fordert von der KBV, die Versorgungsansprüche ihres langjährigen Chefs Dr. Andreas Köhler in Höhe von angeblich 221.000 Euro anzufechten. Dazu fehlt noch der Beschluss der Vertreterversammlung. Ferner soll die KBV Vereinbarungen über zu hohe Versorgungsleistungen widerrufen, die Köhler mit Mitarbeiterinnen der KBV geschlossen hatte. Zudem muss die Ärzteorganisation ein Konzept vorlegen, wie sie ihre dubiosen Immobilienaktivitäten abwickeln will. Kommt die KBV Gröhes Forderungen nicht nach, will das Ministerium einen Beauftragten der Regierung einsetzen, um die KBV-Geschäfte zu übernehmen.
„Es könnte die wichtigste Sitzung in der gesamten Geschichte der kassenärtzlichen Selbstverwaltung werden“, so Gassen zur Bedeutung: „Daher appelliere ich hier und an dieser Stelle eindringlich an Sie alle: Wir müssen uns dieser Verantwortung gemeinsam stellen. Wir sind verpflichtet, dies dem gewählten Gesetzgeber und unseren Patienten zu beweisen.“
Zudem kündigte Gassen an, dass die in einigen Fragen zerstrittene KBV-Führung künftig besser zusammenarbeiten will. Auch hier hatte das BMG in einem Schreiben die Kassenärzteorganisation aufgefordert, „zu einem einheitlichen und kooperativen Handeln zurückkehren“. Zwar sei sich der KBV-Vorstand nicht immer einig, sagte Gassen, er stehe gleichwohl für einen professionellen teamorientierten und zielorientierten Führungsstil. „Den Eindruck eines unkoordinierten oder nicht abgestimmten Verhaltens wird es nicht mehr geben. Wir werden nicht zulassen, dass sich die Politik auf dem Rücken der Ärzteschaft austobt.“
Mit Blick auf den morgen beginnenden Deutschen Ärztetag appellierte Gassen, die neuen Gebührenordnung für Privatpatienten (GOÄ) nicht scheitern zu lassen. Die intensive Diskussion zeige, wie wichtig das Thema für alle sei „Wir brauchen eine neue GOÄ und wir brauchen das Nebeneinander von Kollektiv- und Selektivvertrag und PKV.“ Die Verhandlungen sollten konzentriert zu Ende und ohne Zeitdruck geführt werden. Gassen: „Auf ein paar Monate mehr oder weniger kommt es dabei nicht an. Denn eines ist klar, diesmal muss der Schuss wirklich sitzen.“