Dass Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) nach dem Ampel-Aus noch eines seiner offenen Vorhaben durchsetzen kann, ist fraglich. Tino Sorge (CDU) und Professor Dr. Andrew Ullmann (FDP) haben bereits zu Protokoll gegeben, dass die Legislaturperiode in der Gesundheitspolitik vorbei ist. Doch viele Verbände haben noch Forderungen, die sich am ehesten noch im Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG) unterbringen ließen. Auch die Abda hofft auf die heutige Anhörung im Gesundheitsausschuss.
Schon vor dem Aus der Ampel-Regierung in der vergangenen Woche war abzusehen, dass einige der angestoßenen Reformen in dieser Legislaturperiode nicht mehr kommen würden. Während kleinere Vorhaben wie das BIPAM-Gesetz oder der Gematik-Umbau, aber auch umstrittene Projekte wie das Gesunde-Herz-Gesetz (GHG) oder auch die Apothekenreform nun endgültig hinfällig sind, soll zum GVSG zumindest noch die Anhörung im Gesundheitsausschuss stattfinden.
Mit der geplanten Entbudgetierung der Hausärzte oder der Einrichtung von Primärversorgungszentren hat das GVSG einen größeren Radius als die bereits gestrichenen Vorhaben. Und daher kalkulieren nicht nur Abgeordnete, sondern auch Verbände darauf, dass es hier doch noch Bewegung geben könnte. 42 Seiten mit insgesamt 18 Änderungsanträgen wurden am gestrigen Abend noch eingebracht – mit Regelungen zum Implantatregister bis hin zur Nutzenbewertung.
Für Apotheken relevant wären die geplante Direktabrechnung bei Kindern im Bereich der PKV sowie der Anspruch auf Notfallkontrazeptiva für Opfer sexualisierter Gewalt ohne Altersgrenze. Auch die Erstattung von Verhütungsmitteln als Satzungsleistung und die Kostenübernahme der Präexpositionsprophylaxe (PrEP) könnten eine Rolle spielen, so sie denn beschlossen werden.
Während die Ärzte noch auf die versprochene Entbudgetierung hoffen durften, sehen sie sich nun plötzlich mit Abschlägen bei der extrabudgetären Vergütung bei der Vermittlung durch Hausarztpraxen oder Terminservicestellen konfrontiert. „Die drehen völlig frei“, heißt es aus dem Lager der Ärzteverbände.
Die Abda fordert in einer Stellungnahme, mit dem GVSG auch die Apotheken zu berücksichtigen.
Dass die Zuständigkeit für das Apothekenhonorar künftig beim Bundesgesundheitsministerium (BMG) und nicht mehr beim Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) liegen wird, wird begrüßt: „Wir fordern, dass nach Abschluss des Gesetzgebungsverfahren das Bundesministerium für Gesundheit unverzüglich von der ausschließlichen Regelungskompetenz Gebrauch macht und die seit langem ausstehende Anpassung der Honorierung der Apotheken vornimmt“, heißt es in der Stellungnahme.
Die ohnehin wirtschaftlich angespannte Lage der Apotheken habe sich durch die Entscheidung des Bundesgerichtshofs zum Skonto-Verbot zusätzlich verschärft. Abhilfe könnte eine klare Regelung in der Arzneimittelpreisverordnung schaffen, um die unmittelbare Wirkung des Gerichtsurteils zu korrigieren. Die Abda fordert daher, die Zulässigkeit handelsüblicher Skonti auf den Abgabepreis wieder einzuführen, um die Branche zu entlasten.
Um Lieferengpässe besser bewältigen zu können, fordert die Abda erneut erweiterte Handlungsspielräume für Apothekerinnen und Apotheker. So sollen Apotheken in dringenden Fällen dieselben Auswahloptionen wie bei der Nichtverfügbarkeit eines Medikaments erhalten. Zusätzlich wird Regelungsbedarf hinsichtlich der Nachweise zur Nichtverfügbarkeit gesehen. Auch eine größere Flexibilität bei der Abweichung von der Darreichungsform eines Arzneimittels wird gefordert, um die Versorgung sicherzustellen.
Doch ob die Reform noch umgesetzt werden kann, bleibt abzuwarten. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte in den vergangenen Tagen an die Oppositionsfraktionen appelliert, wichtige Vorhaben mitzutragen. Bisher gab es jedoch wenige Signale für ein Interesse an Zusammenarbeit. Am 16. Dezember plant der Kanzler, die Vertrauensfrage im Bundestag zu stellen, am 23. Februar sollen bereits Neuwahlen stattfinden.
APOTHEKE ADHOC Debatte