Honorargutachten

Adexa: Zypries, 2hm und Bild

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Berlin -

Auf besondere Weise beschäftigt sich auch die Apothekengewerkschaft Adexa mit den bekannt gewordenen Details aus dem vom Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) in Auftrag gegebenen Honorargutachten: An die Bild-Zeitung, an die 2hm-Gutachter und das BMWi adressiert Adexa einen offenen Brief. Vom Ministerium fordert Adexa vor der Veröffentlichung Einblick in das Honorargutachten.

Ein Gutachten, das die Realität in der Apotheke und ihrer Arbeitsverhältnisse nicht widerspiegele, dürfe nicht Grundlage für die künftige Honorierung der Apothekenteams sein, kritisiert Adexa. Dass das Gutachten noch nicht veröffentlich ist, lasse aber „einen Funken Hoffnung zu, dass hier nochmal Experten nachrechnen“. Dass zu den Apotheken auch Arbeitnehmer und Arbeitsplätze gehörten, „sollte doch zumindest einer geschäftsführenden Ministerin der SPD bekannt sein“, schreibt Adexa an die Adresse von Brigitte Zypries (SPD): „Sind wir in der falschen Branche? Oder haben wir mehrheitlich das falsche Geschlecht? Bekämen wir mehr Aufmerksamkeit, wenn wir (männliche) Angestellte von Autozulieferern wären?“

„Liebes Wirtschaftsministerium, ist Dir eigentlich klar, was es für unsere Arbeitsplätze bedeutet, wenn das Honorar tatsächlich um vermeintlich zu viel gezahlte 1-2 Mrd. Euro gesenkt würde?“, drückt Adexa die Sorgen der Apothekenmitarbeiter aus.

Von der „Lieben BILD-Zeitung“ wünscht sich Adexa eine Recherche, was Angestellte in öffentlichen Apotheken – also PTA, PKA und angestellte Apotheker – nach Tarifvertrag verdienen. „Und habt Ihr das auch mal mit den Verdiensten von vergleichbaren Berufen außerhalb des Gesundheitsbereiches verglichen – z. B. anderen Akademikern oder auch den Angestellten in einem Drogeriemarkt? Und glaubt Ihr ernsthaft, die Gehälter wären trotz der anspruchsvollen Arbeit so niedrig, weil sich unsere Chefs heimlich die Taschen vollstopfen, die sie dann in Steuerparadiesen wieder ausleeren? Seid Ihr wirklich so naiv?“ Denn das glaube nicht einmal Adexa als Gewerkschaft. Und das, „obwohl wir uns gerne und oft mit den Arbeitgebern über das Gehaltsniveau streiten“.

Adexa kenne die Lage der Apotheken aus eigener Anschauung – „offenbar besser als Ihr nach Eurem Gutachten, liebes 2HM-Team“, wendet sich die Apothekengewerkschaft an die Gutachter. Ja, es gebe natürlich auch übertarifliche Bezahlung – aber nicht flächendeckend. Adexa: „Das liegt daran, dass sich nicht alle Apotheken höhere Gehälter leisten können. Zum Beispiel die kleineren in den Stadtrandlagen und auf dem Lande, da, wo sie besonders gebraucht werden.“

Nach den bislang bekannt gewordenen Inhalten den Gutachtens ist das derzeitige Apothekenhonorar weder angemessen noch geeignet, die flächendeckende Versorgung zu sichern. Danach sollen die Apotheker etwa eine Milliarden Euro zuviel erhalten – gemessen an ihrer erbrachten Leistung. Wie die Frankfurter Rundschau (FR) berichtete, kommen die Autoren außerdem zu dem Schluss, dass ein Rx-Versandverbot nicht mit finanziellen Argumenten zu rechtfertigen ist.

Laut FR-Bericht wurden für die Studie die Einkommen der Apotheker mit denen eines leitenden Klinikapothekers verglichen, der demnach im Jahr knapp 100.000 Euro brutto verdient. Rund 8400 Apotheker hätten bei gleicher Arbeitszeit zum Teil wesentlich höhere Einkommen, heißt es: Zu den Spitzenverdienern gehörten Apotheker in großen Ballungszentren und Zyto-Apotheken. Ihnen werden laut FR in der Summe 892 Millionen Euro beziehungsweise 233 Millionen Euro mehr zugewiesen.

5300 Apotheker im Umkreis von Ballungszentren und 2300 Apotheker auf dem flachen Land verdienten dagegen teilweise deutlich weniger als der Leiter einer Krankenhausapotheke; einige hätten sogar wirtschaftliche Probleme. Die Daten wurden laut Bericht aus der repräsentative Umfrage gewonnen.

In einer Leistungstabelle aus dem Gutachten, die APOTHEKE ADHOC bekannt ist, finden sich fünf Positionen zur Apothekerhonorierung: Fixhonorar, variables Honorar, Nacht- und Notdienst, BtM-Vergütung und Rezeptur. Für jede Position haben die Gutachter einen „kostendeckenden“ Wert errechnet und ins Verhältnis zu den aktuellen Zahlen gesetzt. Unter dem Strich kommen die Gutachter zu dem Schluss, dass knapp 1 Milliarde Euro pro Jahr zu viel von den Kassen an die Apotheker geflossen sind.

Beim Fixhonorar von derzeit 8,35 Euro kommen die Gutachter zu folgendem Bild: Kostendeckend wäre ein Gesamtbetrag von 3,44 Milliarden Euro. Derzeit erhalten die Apotheker von den Kassen aber 5,241 Milliarden Euro. Der Kassenabschlag in Höhe von 1,77 Euro pro Packung ist dabei noch nicht berücksichtigt. Daraus ergibt sich eine „Überzahlung“ von 1,89 Milliarden Euro. Rechnet man diesen Wert auf das Packungsfixhonorar um, müsste dieser Betrag von derzeit 8,35 Euro auf 5,33 Euro sinken. Das wäre ein Minus von 36 Prozent.

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