Chance vertan. 2023 ist die PTA-Reform in Kraft getreten, doch spürbare Auswirkungen gibt es im Apothekenalltag nicht. Denn weder mehr Kompetenzen noch mehr Wissen hat die Reform mit sich gebracht. Das sieht das Bundesgesundheitsministerium (BMG) anders, denn hier glaubt man, mit der PTA-Reform den Grundstein für die Vertretung durch PTA gelegt zu haben.
Die Eckpunkte zur Apothekenreform enthalten Pläne zur Apotheke ohne Approbierte: PTA sollen auch ohne Anwesenheit eines Apothekers oder einer Apothekerin die Apotheke öffnen dürfen. Das Vorhaben stößt auf Kritik – auch bei der Adexa. Zum Tag der Apotheke machte Vorstand Andreas May klar: „Die PTA sind nach ihrer jetzigen Ausbildung weder in der Lage noch willens, eine Arzneimittelabgabestelle zu leiten – ich will in diesem Zusammenhang bewusst nicht von Apotheke sprechen.“
Dabei wäre die Vertretung durch PTA für ihn prinzipiell vorstellbar, wenn mit der PTA-Reform die Chance nicht vertan worden wäre. Das sieht Thomas Müller, Leiter der Abteilung 1 im BMG, anders: Aus seiner Sicht wurde mit der PTA-Reform der Grundstein gelegt.
2019 hatte der damalige Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) die PTA-Reform auf seiner Agenda. 22 Jahre hatte es keine Änderung der Ausbildung gegeben. Ziel der Reform war es, den Beruf und auch die Ausbildung attraktiver zu machen und Aufstiegsmöglichkeiten zu schaffen. Doch noch immer ist PTA ein Assistenzberuf, der wenig attraktiv und schlecht bezahlt ist sowie nur limitierte Aufstiegsmöglichkeiten hat.
Die Anpassungen durch die PTA-Reform, die 2023 in Kraft getreten ist, sind im Alltag kaum spürbar. Dabei wäre mehr drin gewesen. Denn Adexa und BVpta hatten sich für weitreichende Änderungen ausgesprochen, die den Grundstein für die Eckpunkte zur Apothekenreform hätten legen können.
Spahns Reform sah keine Änderung in der Ausbildungsdauer, aber eine Ausweitung der Kompetenzen für PTA unter bestimmten Voraussetzungen vor. Auch die Abda sah keine Notwenigkeit für eine Verlängerung der Ausbildung. Anders Adexa und BVpta: Die Apothekengewerkschaft hatte sich für eine Verlängerung um sechs Monate starkgemacht. Zwar sei PTA ein Assistenzberuf, aber PTA würden weit mehr Aufgaben übernehmen. Um dem gerecht werden zu können, seien moderne pädagogische Mittel notwendig, um umfangreiches Wissen zu erlangen. Doch der Vorschlag wurde abgebügelt.
Auch um die Erweiterung der Kompetenzen wurde lange gerungen. Die Abda hatte sich gegen eine Kompetenzerweiterung ausgesprochen. Schon 2019 wurde über die Änderung der Formulierung „in eigener Verantwortung“ statt „unter Aufsicht“ diskutiert. Am Ende wurde die Einigung „ohne Beaufsichtigung“ erreicht.
Die Pflicht zur Beaufsichtigung von PTA kann entfallen, wenn:
Apothekenleiter:innen müssen nach schriftlicher Anhörung des/der PTA Art und Umfang der Tätigkeiten festhalten, für die die Aufsichtspflicht entfällt.
Ausgenommen vom Wegfall der Aufsichtspflicht sind das Herstellen von Parenteralia, das individuelle Stellen und Verblistern von Arzneimitteln sowie die Abgabe von Betäubungsmitteln und Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Thalidomid, Lenalidomid und Pomalidomid.
Außerdem dürfen PTA seit 2023 die Praxisanleitung durchführen, wenn sie über eine pädagogische Zusatzqualifikation und eine Berufserfahrung von mindestens zwei Jahren verfügen. Mehr Kompetenzen waren zwar gefordert, wurden aber nicht erreicht. Eine Kompetenzerweiterung sei zwar grundsätzlich notwendig; aber die mit dem Gesetz beschlossenen Ausbildungsbedingungen seien nicht geeignet, um den angehenden PTA tatsächlich auch die notwendigen Kompetenzen zu vermitteln, hieß es kurz nach Zustimmung zur PTA-Reform. Die Bundesregierung wurde daher aufgefordert, die Kompetenzerweiterung und damit verbundene Ausbildungsbedingungen vor Inkrafttreten des Gesetzes noch einmal überprüfen. Doch Änderungen gab es keine.
2021 forderte der CDU-Gesundheitspolitiker Alexander Krauß, PTA die kurzfristige Vertretung von Apotheker:innen zu erlauben. Für Krauß war es denkbar, dass PTA mit mindestens fünf Jahren Berufspraxis stundenweise einspringen. „Durch eine entsprechende Berufserfahrung haben PTA ein Gespür entwickelt, inwieweit sie den Kunden helfen können“, sagte Krauß. Möglich sei auch, die Vertretung an eine Weiterbildung zu knüpfen. Unabhängig von einer solchen Reform blieben die Länder in der Verantwortung, für ausreichend Pharmazie-Studienplätze zu sorgen, schrieb Krauß. „Wenn wir die pharmazeutische Versorgung auf hohem Niveau sichern wollen, dann geht das nur mit genügend Berufsnachwuchs.“
Auch von der CSU kam ein Vorschlag, der sich in Lauterbachs Plänen wiederfindet. Die Landtagsabgeordnete Gudrun Brendel-Fischer schlug vor, die leibhaftige Anwesenheit eines/einer Approbierten durch eine virtuelle zu ersetzen – Stichwort Teleapotheker:in.
Doch der Nachwuchs fehlt. PTA ist inzwischen ein Mangelberuf; bei der größten Berufsgruppe in der Apotheke zeigte sich zuletzt ein Rückgang: Arbeiteten 2020 in den öffentlichen Apotheken noch 68.765 PTA, waren es im vergangenen Jahr nur noch 67.799 PTA. Und genau die sollen jetzt einspringen und die Versorgung sichern.
Aus Sicht von May ist der Vorschlag aus dem BMG aus mehreren Gründen keine Lösung gegen das Apothekensterben. „Die Pläne von Minister Lauterbach für Arzneimittelabgabestellen ohne eine anwesende Apothekerin beziehungsweise einen Apotheker in Präsenz sind für die PTA, die das dann übernehmen sollen, nicht mehr als eine Mogelpackung: eine ihrer derzeitigen Ausbildung nicht angemessene Verantwortung – man denke zum Beispiel auch an die damit verbundenen Haftungsfragen“, so der Chef der Gewerkschaft. „Außerdem ist abzusehen, dass das finanziell nicht angemessen vergütet würde. Angestellte Apotheker:innen wiederum befürchten unter anderem, dass es für sie zu einer weiteren Belastung kommen würde durch eine Rufbereitschaft an freien Tagen für die Telepharmazie.“
„Dass aber erfahrene PTA sich mehr Verantwortung und mehr Kompetenzen innerhalb der öffentlichen Apotheke wünschen, also echte Aufstiegschancen, ist natürlich trotzdem ein nachvollziehbares und berechtigtes Anliegen“, so May weiter. „Hierfür wäre es ein wichtiger Schritt gewesen, wenn die schulische Ausbildung seinerzeit um sechs Monate verlängert worden wäre, wie von Adexa gefordert. Die Diskussion um die PTA-Ausbildung und um Weiterbildungschancen ist mit Sicherheit nicht für alle Zeiten abgeschlossen.“
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