Nach Landtagswahlen

Absturz der Parteien – Bleibt nur die CDU?

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Berlin -

Die Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen haben die politische Landschaft durcheinander gewirbelt: Während Grüne und SPD im einstelligen Bereich landeten und die FDP aus beiden Landtagen flog, feierte das erst acht Monate alte Bündnis um Sahra Wagenknecht (BSW) eine einzigartige Premiere. Gleichzeitig knackt die als rechtsextrem geltende AfD in beiden Ländern die 30-Prozent-Marke. Bleibt als Bollwerk nur die CDU? Und was bedeutet das für Interessengruppen?

Wie die Regierungen in Sachsen und Thüringen nach den Wahlen tatsächlich aussehen werden, wird sich erst in den nächsten Wochen zeigen. Klar ist jedoch: Das politische Spektrum wird sich in beiden Landtagen drastisch an die Ränder verlagern und in der Mitte deutlich verengen. Die FDP wird in beiden Landtagen nicht vertreten sein, die Grünen scheitern in Thüringen an der 5-Prozent-Hürde. In Sachsen gelingt ihnen der Einzug nur knapp und auch die SPD dümpelt in beiden Ländern im einstelligen Bereich. Statt Kanzlerbonus scheint es einen -malus zu geben.

Die erst acht Monate alte Partei um die Ex-Linke Wagenknecht schafft dagegen aus dem Stand in beiden Ländern den Sprung in die Zweistelligkeit. Die in beiden Ländern als rechtsextrem geltende AfD knackt in beiden Ländern die 30-Prozent-Marke. Von den etablierten Parteien bleibt nur die CDU übrig, in Thüringen bleiben auch die Christdemokraten deutlich hinter der AfD zurück.

Mögliche Koalitionen: Wenn die in Sachsen siegreiche CDU zu ihrem Wort steht, nicht mit der AfD regieren zu wollen und auch eine Zusammenarbeit mit den Grünen ausschließt, bliebe noch die Möglichkeit eines Dreierbündnisses aus CDU, BSW und SPD. Wie sich die BSW in der Regierung tatsächlich verhalten wird, ist jedoch ungewiss, da das Bündnis erst seit Januar offiziell besteht.

Noch düsterer als in Sachsen sieht es in Thüringen aus: Von den etablierten Parteien schaffen nur zwei überhaupt den Sprung über die 5-Prozent-Hürde: die CDU als zweitstärkste Kraft und die SPD mit einem einstelligen Ergebnis gerade so. Für eine Mehrheit müssten CDU, BSW, Linke und SPD zusammen regieren. Eine Zusammenarbeit mit der Linken hat die CDU ebenso kategorisch ausgeschlossen wie mit der AfD. Entweder überdenkt die Partei ihre Haltung, oder es läuft auf eine Minderheitsregierung aus CDU, BSW und SPD hinaus, die sich außerhalb der Koalition mit der Linken abstimmen müsste – oder gar auf Neuwahlen. Alternativ könnte es auf ein Bündnis von BSW und AfD hinauslaufen, eine Koalition der beiden extremen Parteien würde zur Mehrheit reichen.

Chaos vor Machtübernahme

Es ist nicht das erste Mal, dass die CDU als Bollwerk gegen Extreme herhalten muss. Und es ist auch unklar, ob das BSW nach dem Kontakt mit der politischen Wirklichkeit nicht genauso schnell wieder Stimmen verliert wie es sie gewonnen hat. Doch die Gemengelage dürfte kaum geeignet sein, die Sache zu entschärfen. Die AfD muss noch gar nicht, wie sie es angekündigt hat, nach der Macht greifen: Wenn sich diffuse Bündnisse aus drei oder gar vier Parteien zusammenraufen müssen, wird es noch mehr Kompromisse, noch mehr offenen Streit geben als bislang. Dann könnte sich weitere Unzufriedenheit Bahn brechen – wenn die Wählerinnen und Wähler nicht endlich begreifen, dass politisches Chaos ein erstes Zwischenziel der AfD ist.

Sackgasse für Lobbyisten

Schwierige Zeiten brechen auch für Verbände und Interessenvertreter an. Mit wem soll man sprechen, mit wem darf man Deals machen? Und welche Auswege gibt es, wenn man mit der politischen Linie etwa der CDU nicht einverstanden ist, die anderen etablierten Parteien aber (hoffentlich nur vorerst) in der zweiten und dritten Reihe stehen?

Ja, die Ergebnisse der Wahl sind eine Quittung für die Ampel. Aber es wäre viel zu kurz gegriffen, es bei diesem Denkzettel zu belassen. Und es wäre auch falsch, das Problem als Phänomen des Ostens zu verharmlosen. Dickschädel gibt es in Sachsen und Thüringen, aber genauso auch anderswo. Und mitunter kennen die etablierten Parteien auf schwierige Fragen genauso wenig eine Antwort, wie sie es bei AfD zu Recht kritisieren.

SPD, Grüne und FDP haben sich selbst in Abseits manövriert – doch die Folgen für die Demokratie in Deutschland reichen weit über diese drei Parteien hinaus. Die Liberalen fliegen aus dem Landtag, weil ihre Anhänger zum wiederholten Mal ihre Partei nicht wählen konnten, um ihre Stimme an die CDU zu geben. Wie lange soll dieser Demokratie-Notstand noch anhalten?

Als einzige Mainstream-Alternative zu den Aufständischen bleibe deutschen Wählerinnen und Wählern nur noch die Union, kommentiert das Wall Street Journal (WSJ). „Man darf es den deutschen Wählern nicht vorwerfen, keine Geduld mehr mit ihren dysfunktionalen Regierungsparteien zu haben.“ Die Amerikaner kennen ein Zwei-Parteien-System und auch die Kluft zwischen den Wählerinnen und Wählern in den Städten und auf dem Land. Hierzulande waren wir bislang stolz auf die politische Vielfalt. Und die gilt es jetzt schnell zurückzuerobern.

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