Der Fall Lunapharm hat die Debatte um Arzneimittelimporte ordentlich befeuert. Brandenburgs neue Gesundheitsministerin Susanna Karawanskij hat unlängst geäußert, die Importquote gehöre auf den Prüfstand. Der Deutsche Apothekerverband, die AOK Baden-Württemberg und Kassenärztliche Vereinigung (KV) des Landes fordern ihre Abschaffung. Die Importeure sind nervös, auch wenn sie sich äußerlich anders geben. Den offenen Brief von Kohlpharma-Geschäftsführer Jörg Geller kontern die angesprochenen Kassen und Ärzte jetzt wiederum öffentlich.
Geller hatte seinen Brief an KV-Chef Dr. Norbert Metke adressiert. Trotzdem fühlt sich auch Dr. Christopher Hermann, Vorstandsvorsitzender der AOK Baden-Württemberg, angesprochen und erwidert: „Wenn behauptet wird, Großhändler und Apotheken im gesamten Bundesgebiet hätten hochgradig leichtsinnig gehandelt oder gar kriminelle Absichten gehabt, indem sie gestohlene Ware abnähmen, ist das eine pauschale Unterstellung.“
Geller hatte Metke empfohlen, über Rabattverträge und deren Sinn „intensiv nachzudenken“. Der Ärztevertreter kontert: „Bei der Arzneimitteltherapie ist die Qualität der Medikation durch den Arzt der zentrale Punkt. Angesichts gegebenenfalls als importiert zu erkennender Präparate spielen die Therapiesicherheit sowie die Frage der Patientencompliance eine wesentliche Rolle.“
Der Chef der KV Baden-Württemberg greift die Importeure auch mit der Moralfrage an: „Darüber hinaus stellt sich die Frage, was in den Ländern mit knappen Mitteln in der Versorgung geschieht, wenn das wohlhabende Deutschland den Medikamentenmarkt ‚leerkauft‘ und dort auch noch zusätzliche Ärzte und Pflegepersonal abwirbt. Das entspricht nicht unserem Anspruch von einem ‚medizin-sozialen‘ Ansatz“. Geller hatte gegenüber APOTHEKE ADHOC in einem früheren Beitrag die Auffassung vertreten, dass Importe kein Grund für Arzneimittelengpässe wären.
Geller hatte den Valsartan-Skandals als Beispiel dafür genommen, dass Rabattverträge vielfach mehr Kosten auslösten, als sie Gelder einsparten. „Patienten, die importiertes Valsartan eingenommen haben, sind übrigens nicht betroffen, da es sich um das Originalprodukt gehandelt hat“, so der Kohlpharma-Chef.
Das will Hermann nicht auf sich sitzen lassen, gerade das Beispiel Valsartan sei völlig abseitig: „Es waren gerade die Rabattvertragspartner der AOK, die nach den weltweiten Valsartan-Rückrufen weiterhin lieferfähig waren. Dank der Verbindlichkeit der Rabattverträge konnten sie den Bedarf weitblickend planen und da ihre Chargen nicht belastet waren, konnten sie die Versorgung insgesamt dauerhaft sicherstellen. Ausgerechnet mit Valsartan gegen Rabattverträge argumentieren zu wollen, ist vor diesem Hintergrund schlicht absurd und zeigt erneut, mit welchen unseriösen Methoden hier ein Pharmaunternehmen versucht, sein planwirtschaftlich subventioniertes Geschäftsmodell zu retten“, so der AOK-Chef.
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