Viele Arztpraxen stellen ihren Patientinnen und Patienten eine Rechnung aus, wenn sie einen Termin kurzfristig absagen oder gar ohne Rücksprache nicht wahrnehmen. Ist das überhaupt erlaubt? „Ja, teilweise“, weiß Sabine Wolter, Gesundheitsrechtsexpertin der Verbraucherzentrale NRW. Ob Patientinnen und Patienten Ausfallhonorare zahlen müssen, hänge vorrangig von der Art der Praxis ab.
Eine einheitliche Rechtsregelung bezüglich Terminausfälle gibt es laut Wolter bislang nicht. Gerichte haben dazu bislang unterschiedliche Urteile gefällt. In bestimmten Fällen dürfen Arztpraxen ein Ausfallhonorar für verpasste Termine allerdings verlangen. Probleme können dann entstehen, wenn Praxen nur elektronisch oder über Apps wie Doctolib zu erreichen seien. Außerdem könne es Schwierigkeiten geben, wenn die Praxis keinen neuen Termin anbieten möchte, nachdem ein Termin verpasst wurde, so Wolter weiter.
„Das Arzt-Patienten-Verhältnis ist rechtlich gesehen ein Behandlungsvertrag laut § 630a BGB“, weiß die Expertin. „Ärztinnen und Ärzte sind verpflichtet zu behandeln, Patienten müssen bezahlen, wenn die Krankenkasse die Behandlungskosten nicht übernimmt.“ Wenn Patientinnen und Patienten ihre Termine weder einhalten noch absagen, störe dies den Praxisablauf mitunter massiv.
„In bestimmten Konstellationen“, so Wolter, dürften Ärztinnen und Ärzte ein Ausfallhonorar verlangen, wenn Termine kurzfristig ausfallen. Wichtig sei, wie die Praxis organisiert ist. Damit gemeint sind beispielsweise spezialisierte Praxen mit langen Wartezeiten. Auch Praxen, die nur mit Termin arbeiten, können ein Ausfallhonorar fordern. Ein Ausfallhonorar kann auch dann gefordert werden, wenn es um vorbereitete Eingriffe geht oder wenn extra Personal nötig ist, wie bei ambulanten Operationen. Praxen mit vielen Patienten im Wartezimmer finden oft schnell Ersatz für ausgefallene Termine.
Arztpraxen dürfen in bestimmten Fällen Patientinnen und Patienten ablehnen. „Ja, das ist grundsätzlich erlaubt, aber nur, wenn kein Notfall ist vorliegt. Ärzt:innen mit Kassenzulassung brauchen jedoch einen triftigen Grund für die Behandlungsablehnung, denn sie sind grundsätzlich dazu verpflichtet, gesetzlich Versicherte zu behandeln“, erklärt die Expertin.
Ein solcher zulässiger Grund ist beispielsweise eine Überlastung der Praxis, denn: Praxen mit Kassenzulassung müssen nicht über ihr Kassen-Soll hinaus Patienten annehmen. Ob allerdings ein Nichterscheinen oder eine kurzfristige Absage einen triftigen Grund darstellt, ist nicht geregelt.
Wolter schätzt die Situation folgendermaßen ein: „Aus Patientensicht gilt: Wenn das Arzt-Patienten-Verhältnis schon längere Zeit bestand und es sich um eine einmalige kurzfristige Absage handelt, ist das anders zu bewerten als bei Neupatient:innen, die wiederholt unentschuldigt nicht erscheinen.“ Auch ein triftiger Grund wie eine kurzfristige akute Erkrankung sollte nicht zu einer Gebühr führen.
„Manche Praxen sind heutzutage schlecht telefonisch erreichbar, manche vergeben vor allem oder ausschließlich Online-Termine. Gerade ältere Patient:innen, die Online-Buchungssysteme wie Doctolib oder anderes nicht nutzen können oder wollen, sind dann benachteiligt, sowohl bei der Terminanfrage als auch bei einer Absage“, weiß Expertin Wolter. Deshalb rate die Verbraucherzentrale NRW dazu, Arzttermine, die nicht wahrgenommen werden können, so früh wie möglich abzusagen; entweder telefonisch oder per E-Mail. Werde eine Gebühr fällig, müssen nicht nur privat, sondern auch gesetzlich versicherte Patientinnen und Patienten diese selbst tragen.
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