Unklare Formulierung im ALBVVG

Abgaberegeln: Bei Austausch droht Retax

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Berlin -

Die Abgabeerleichterungen sollen verlängert werden, allerdings nur teilweise und ohne Retaxsperre. Obendrein weist der neue Entwurf aus dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) eine unklare Formulierung auf, die für die Apotheken zum Problem werden könnte.

Seit Beginn der Corona-Pandemie gelten erleichterte Austauschregelungen. Grundlage war zunächst die Sars-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung, die aber am 7. April ausläuft. Daher werden die Vorschriften mit dem Gesetz zur Neustrukturierung der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD) bis Ende Juli verlängert und ins Sozialgesetzbuch (SGB V) beziehungsweise die Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) überführt. Mit dem Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz (ALBVVG) könnten sie nun dauerhaft verstetigt werden, nachdem dies im Referentenentwurf zunächst nur für Präparate vorgesehen war, für die offiziell ein Engpass festgestellt wurde.

    Unterschiedliche Voraussetzungen

    Allerdings ändern sich jetzt die Voraussetzungen für den Austausch. Sowohl laut Sars-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung als auch der Regelung im UPD-Gesetz dürfen Apotheken von den Vorgaben nach § 129 Sozialgesetzbuch (SGB V) zu Rabattverträgen, Preisanker, Importquote und Packungsgröße beziehungsweise den entsprechenden Vorgaben im Rahmenvertrag abweichen und ein wirkstoffgleiches Arzneimittel abgeben, wenn

    • das „auf der Grundlage der Verordnung abzugebende Arzneimittel“ in der Apotheke nicht vorrätig ist
    • ein wirkstoffgleiches Arzneimittel in der Apotheke nicht vorrätig und ist das abzugebende Arzneimittel auch nicht lieferbar ist

    Mit dem ALBVVG wird diese Formulierung geändert. Im Referentenentwurf hieß es, dass Apotheken „bei Arzneimitteln, die in der Apotheke nicht vorrätig sind und die auf der Liste des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte [...] aufgeführt sind, das verordnete Arzneimittel gegen ein in der Apotheke vorrätiges wirkstoffgleiches Arzneimittel austauschen“ können. Dies war massiv kritisiert worden, weil schon die Abfrage praktisch nicht umzusetzen gewesen wäre.

    Nicht verfügbar statt nicht vorrätig

    Laut dem vorläufigen Kabinettsentwurf vom 18. März sollen Apotheken bei „Nichtverfügbarkeit eines Arzneimittels“ das verordnete Arzneimittel gegen ein lieferfähiges wirkstoffgleiches Arzneimittel austauschen. Damit wird nicht mehr auf die Vorrätigkeit des Präparats in der Apotheke abgehoben, was die Kassen kritisiert hatten, sondern auf die fehlende Lieferbarkeit.

    Unklar ist aber, ob sich die Formulierung dabei auf das verordnete Präparat bezieht – oder auf das Fertigarzneimittel, dass vorrangig abzugeben gewesen wäre, also beispielsweise ein Rabattarzneimittel. Dann aber liefe die Regelung im Grunde ins Leere, den vor der Abgabe müssten zunächst eben doch die Abgabevorschriften durchgespielt werden. Nur bei Ausschluss aller vorgegebenen Möglichkeiten wären dann ein Austausch erlaubt.

    Wie viele Defektbelege müssten dann gesammelt werden? „Nichtverfügbarkeit liegt vor, wenn das Arzneimittel innerhalb einer angemessenen Zeit durch zwei unterschiedliche Verfügbarkeitsanfragen beim pharmazeutischen Großhandel [...] nicht beschafft werden kann“, heißt es dazu im Entwurf. Alleine bei drei Rabattpartnern müssten dann sechs Nachweise angefragt werden, Preisanker noch nicht berücksichtigt.

    Retaxsperre gestrichen

    Umso gravierender ist die Tatsache, dass die bislang vorgesehene Retaxsperre gestrichen wird. Im Rahmen der beschriebenen Austauschmöglichkeiten „findet keine Beanstandung und Retaxation statt“, heißt es dazu nicht nur in den beiden bisherigen Formulierungen, sondern auch noch im Referentenentwurf.

    Und noch eine Austauschmöglichkeit fällt weg: „Ist gar kein Präparat mit dem Wirkstoff vorrätig oder lieferbar, dürfen Apotheken nach Rücksprache mit dem verordnenden Arzt ein pharmakologisch-therapeutisch vergleichbares Arzneimittel an den Versicherten abgeben“, heißt es bislang. Dies ist auf dem Rezept zu dokumentieren und gilt bis Ende Juli auch dann, wenn der Arzt den Austausch des Arzneimittels eigentlich ausgeschlossen hat. Schon im Referentenentwurf war diese Alternative nicht mehr vorgesehen.

    Identisch sind dagegen die Vorgaben zum Austausch durch Präparate mit demselben Wirkstoff: „Apotheken dürfen ohne Rücksprache mit dem verordnenden Arzt von der ärztlichen Verordnung im Hinblick auf Folgendes abweichen, sofern dadurch die verordnete Gesamtmenge des Wirkstoffs nicht überschritten wird:

    1. die Packungsgröße, auch mit einer Überschreitung der nach der Packungsgrößenverordnung definierten Messzahl,
    2. die Packungsanzahl
    3. die Entnahme von Teilmengen aus Fertigarzneimittelpackungen, soweit die abzugebende Packungsgröße nicht lieferbar ist, und
    4. die Wirkstärke, sofern keine pharmazeutischen Bedenken bestehen

    Spannend wird nun, welche Formulierung das Kabinett beschließen wird. Die heutige Abstimmung wurde verschoben, weil innerhalb der Bundesregierung noch „Beratungsbedarf“ bestehe. Neuer Termin für den Kabinettsbeschluss ist demnach die Sitzung am 5. April. Dann wären vier Monate seit den Eckpunkten vergangen. Danach bestünde noch die Möglichkeit, im parlamentarischen Verfahren Einfluss zu nehmen und einen Änderungsantrag zu forcieren. Die Abda hatte sich in ihrer Stellungnahme dafür ausgesprochen, den Rahmenvertrag in weiten Teilen auszuhebeln.

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