ABDA/KBV-Modell

ARMIN bringt 8,71 Euro Alexander Müller, 27.03.2014 14:19 Uhr

Berlin - 

Dreieinhalb Jahre lang mussten die Apotheker warten – jetzt wird das ABDA/KBV-Modell mit einem Modellprojekt in Sachsen und Thüringen erstmals umgesetzt. Vor allem über die Honorierung wurde bis zum Schluss verhandelt. Jetzt steht fest: Pro Wirkstoffverordnung können die Apotheker ab Juli 20 Cent zusätzlich mit der AOK Plus abrechnen. 2015 wird dann ein intensives Medikationsmanagement eingeführt. Für die Beratung und die technische Aufrüstung werden Apotheker und Ärzte extra vergütet.

Schon ab der kommenden Woche können sich die Patienten für die „Arzneimittelinitiative Sachsen-Thüringen“ (ARMIN), wie das Modellprojekt heißt, einschreiben. Beteiligt sind die AOK Plus sowie die Landesapothekerverbände (LAV) und Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) beider Länder.

Ab Juli werden rund 200 Wirkstoffe ohne Firmennamen verordnet, betroffen sind relevante Arzneimittel in der hausärztlichen Versorgung, bei denen eine Substitution unkritisch ist. Die Liste wird von der AOK über eine Schnittstelle in die Arztsoftware eingespielt.

Bei AOK-Versicherten rechnet die EDV die Verordnung dann automatisch in einen 6-stelligen Code um, die „WG14-Nummer“. Diese wird zusammen mit dem Wirkstoffnamen, Packungsgröße und Wirkstärke auf das Rezept gedruckt, das dadurch bundesweit in jeder Apotheke eingelöst werden kann. Der Arzt könne aber selbst entscheiden, ob er eine „ARMIN-Wirkstoffverordnung“ ausstellen möchte, stellte der Vorsitzende der KV Sachsen, Dr. Klaus Heckemann, klar. Ansonsten könne der Arzt dies nach wie vor über das Aut-idem-Kreuz ausschließen. Vorteil für die Mediziner: Wirkstoffverordnungen werden in ihrem Budget mit Null angesetzt.

In der Apotheke gelten dieselben Austauschregeln wie sonst, auch die Rabattverträge der AOK Plus müssen weiterhin beachtet werden. Weil die Kasse aber hofft, dass durch die codierte Verordnung die Umsetzungsquote steigt, können die Apotheker 20 Cent zusätzlich abrechnen. Ist ein Rabattarzneimittel nicht lieferbar oder gibt es keinen Rabattvertrag, können die Mitarbeiter alle Produkte bis zum Festbetrag abgeben. Bei Arzneimitteln ohne Festbetrag darf demnach auch das Originalpräparat gewählt werden.

Für das Medikationsmanagement, das zum Jahreswechsel starten soll, schreibt die AOK alle Versicherten an, die regelmäßig mehr als fünf Arzneimittel einnehmen. Das sind laut AOK-Chef Rainer Striebel 300.000 der insgesamt 2,7 Millionen Versicherten. Diese sollen künftig besonders intensiv beraten werden. In mehreren Schritten erstellen Arzt und Apotheker gemeinsam für den Patienten einen Medikationsplan, der kontinuierlich betreut wird.

Dafür erhalten Ärzte und Apotheker von der AOK Plus eine zusätzliche Vergütung: Alleine für den Erstaufwand können 94,50 Euro abgerechnet werden, danach 21 Euro pro Patient und Quartal für die Betreuung. AOK Plus-Chef Rainer Striebel geht von einem mehrstelligen Millionenbetrag in der fünfjährigen Laufzeit des Projektes aus.

Monika Koch, Vorsitzende des Sächsischen Apothekerverbands betont, dass für Arzt und Apotheker auch einen enormen Aufwand bedeuten. „Dass wir eine Honorierung für das Medikationsmanagement erhalten, ist schlicht angemessen.“

Der Medikationsplan des Patienten soll auf einem zentralen Server bei der KV gespeichert werden, auf den Praxis und Apotheke gleichzeitig zugreifen sollen. Laut Stefan Fink, Vorsitzender des LAV Thüringen, war die technische Umsetzung eine Herausforderung: „Die Grundlagen für diese technische Lösungen zu erarbeiten, war sehr anspruchsvoll – aber wir haben diesen Meilenstein gemeinsam geschafft“, so Fink.

Die Kosten für das notwendige Softwareupdate in der Arztpraxis und Apotheke übernimmt die AOK: Einmalig 1500 Euro erhalten diese, wenn sie sich sofort einschreiben. Wer im dritten Quartal einsteigt, erhält 1000 Euro, im vierten Quartal noch 500 Euro. Damit soll eine möglichst schnelle Umsetzung forciert werden.

Schon im Juli startet parallel mit der Wirkstoffverordnung das zweite Modul von ARNIM, der Medikationskatalog. Die Ärzte bekommen bei wichtigen Indikationen von der Software eine Entscheidungshilfe für eine leitliniengerechte Therapie.

„Selbstverständlich ist die Therapiefreiheit des Arztes dadurch auch weiterhin gewährleistet“, sagte Dr. Annette Rommel, Vorsitzende der KV Thüringen. Im Praxisalltag könne das Modul aber helfen, jeweils den besten Wirkstoff für einen Patienten auszuwählen, so Rommel.

Eingeteilt werden die Substanzen in Standard-, Reserve- und nachrangige Wirkstoffe. Insbesondere gegen diesen Baustein hatten sich die Hersteller gesträubt. Die Projektpartner dagegen sehen diesen Teil zusammen mit der Wirkstoffverordnung als Grundlage für das Herzstück des Projekt, das Medikationsmanagement.