Mehr EU-Unterstützung, weniger EU-Einmischung: Die ABDA hat in einem Positionspapier ihre politischen Standpunkte für die kommende Europawahl am 23. Mai 2019 abgesteckt. Sie fordert einerseits mehr Unabhängigkeit der Mitgliedsstaaten in der Gesundheitspolitik, andererseits soll die EU die Arzneimittelsicherheit und die Vernetzung innerhalb Europas fördern. Dabei positioniert sich die ABDA klar gegen die stärker werdenden Euroskeptiker.
„In Anbetracht der zunehmenden und gefährlichen euro- und europafeindlichen Tendenzen in Teilen der Bevölkerung unterstützen wir ein Europa, das die großen Zukunftsaufgaben anpackt und zugleich bewährte Strukturen auf nationaler Ebene stützt“, so die ABDA. Das heißt aber auch: Der weiteren Integration des europäischen Gesundheitswesens wird eine Absage erteilt. Die Verwaltung der Gesundheitssysteme und der medizinischen Versorgung sowie die Finanzhoheit soll weiter fest in der Hand der Mitgliedsstaaten bleiben, fordert die ABDA.
Insbesondere das Subsidiaritäts- und Verhältnismäßigkeitsprinzip sowie der Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigungen seien einzuhalten. „Die Subsidiarität darf nicht unter dem Deckmantel des Binnenmarktes geschwächt werden“, heißt es da. Insbesondere Rechtsbereiche wie das Arzneimittel- und Medizinprodukterecht sowie das Berufsrecht der Heilberufe sollten „nicht unter Binnenmarktaspekten“ behandelt werden. Die EU könne dementsprechend allenfalls „ergänzend tätig werden, indem sie die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten fördert und ihre Tätigkeit – falls und soweit erforderlich – unterstützt“. Das richtige Mittel dazu ist der ABDA zufolge die Beibehaltung der für Gesundheit zuständigen Generaldirektion innerhalb der EU-Kommission.
Was für die Gesundheitssysteme gilt, gilt auch für die Gesundheitsberufe: Die ABDA fordert, dass an der freiberuflichen Versorgungspraxis der Apotheker, Ärzte und Zahnärzte festgehalten und ihre Weiterentwicklung durch die zuständigen Berufsorganisationen gefördert wird. „Die freiberuflich organisierte Arzneimittelversorgung schützt Patienten vor rein wirtschaftlichen Interessen Dritter und dient damit der bestmöglichen Versorgung in Europa“, heißt es dazu. Entsprechend soll die Freiberuflichkeit deutlich gestärkt und „etwaigen Aufweichungen in diesem Bereich“ durch die europäische Gesetzgebung entgegengewirkt werden.
Natürlich schaffen es auch Apothekenpflicht, Fremd- und Mehrbesitzverbot sowie der einheitliche Apothekenabgabepreis für verschreibungspflichtige Arzneimittel in den Forderungskatalog. „Diese Eckpfeiler müssen uneingeschränkt erhalten bleiben“, verlangt die ABDA und mahnt, dass daran wohl Zweifel herrscht: „Wir beobachten mit Sorge Bestrebungen auf EU-Ebene, den Arzneimittelmarkt ausschließlich unter finanziellen und Binnenmarktsaspekten zu betrachten. In diesem Zusammenhang wird die Apothekenpflicht als ‚Handelshemmnis‘ angesehen, dessen Abschaffung ökonomische Vorteile bringe.“ Stattdessen solle die deutsche Apothekerschaft unterstützt werden bei der „Abwehr von weitreichenden Liberalisierungstendenzen, die das kohärente System aus Preisbindung, Apothekenpflicht sowie Fremd- und Mehrbesitzverbot gefährden“. Auch beim Rx-Versand wäre der ABDA eine europäische Lösung am liebsten: Sie setze sich dafür ein, den Versandhandel – wie in der Mehrheit der Mitgliedstaaten der EU – „auf das europarechtlich gebotene Maß, das heißt auf nicht-verschreibungspflichtige Arzneimittel zu begrenzen“.
Mehr Flexibilität hingegen sei beim Thema Digitalisierung angebracht. Mehr Vernetzung der Beteiligten in der Gesundheitsversorgung will die ABDA, deren Vertiefung und gleichzeitig einen hohen Schutz der persönlichen Daten. Auch hier kommt natürlich ein Aber: „Allerdings ist es notwendig, dass die Umsetzung der rechtlichen Vorgaben mit Augenmaß und unter Berücksichtigung der jeweiligen nationalen Besonderheiten geschieht. Dies erfordert eine ausreichende Flexibilität von Seiten der EU-Kommission.“
Die EU könne unter Beachtung der mitgliedstaatlichen Zuständigkeit dazu beitragen, gemeinsame Standards zur Interoperabilität von eHealth-Anwendungen zu entwickeln. Außerdem könnten Hinweise auf Probleme in der Lieferkette zentral erfasst werden und Maßnahmen zur Vorbeugung von Lieferengpässen umgesetzt. Solche Engpässe können bekanntermaßen auch durch Probleme mit Produzenten aus Drittländern zustande kommen, weshalb die ABDA fordert, Rahmenbedingungen zu schaffen, „damit die Wirkstoffproduktion auch wieder in Europa stattfindet und entsprechende Qualitätsstandards überprüfbar eingehalten werden“.
APOTHEKE ADHOC Debatte