Europawahlen

ABDA zu Europa: Zusammenarbeit ja, Mitsprache nein

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Berlin -

Die ABDA bekennt sich im anlaufenden Europawahlkampf kritisch zur EU. Zwar spricht sich der Verband in seinen Kernpositionen zur Europawahl vor allem bei Digitalisierung und Arzneimittelsicherheit für eine enge Zusammenarbeit auf dem Kontinent aus, beharrt aber auf der nationalen Souveränität im Gesundheitswesen. Der Sektor Gesundheitspolitik solle europapolitisch eine wichtige Rolle spielen – aber trotzdem zwingend in nationaler Hand bleiben. Ein Beispiel an den Nachbarn solle sich Deutschland aber beim Thema Rx-Versand nehmen.

Besonders besorgt zeigt sich die ABDA angesichts von Liberalisierungstendenzen auf den europäischen Arzneimittelmärkten wie zum Beispiel die Aufweichung der Apothekenpflicht, der Preisbindung oder des Fremd- und Mehrbesitzverbotes. „Wir beobachten mit Sorge Bestrebungen auf EU-Ebene, den Arzneimittelmarkt ausschließlich unter finanziellen und Binnenmarktaspekten zu betrachten“, schreibt der Dachverband. „In diesem Zusammenhang wird die Apothekenpflicht als ‚Handelshemmnis‘ angesehen, dessen Abschaffung ökonomische Vorteile bringe.“

Vergleichende wissenschaftliche Untersuchungen zu den Auswirkungen deregulierender Reformen einzelner Mitgliedstaaten hätten aber gezeigt, „dass die damit verbundenen positiven Erwartungen regelmäßig nicht erfüllt wurden“. Insbesondere sei dadurch das Preisniveau nicht gesunken oder ein besserer Zugang zur Arzneimittelversorgung für die Bevölkerung erreicht worden. „Vielmehr wurde festgestellt, dass neue Risiken für die Arzneimittelsicherheit auftraten“, so die ABDA.

Was man sich allerdings von anderen EU-Staaten abschauen könne: das Rx-Versandverbot. „Die Bundesrepublik gehört zu einer Minderheit von EU- Mitgliedstaaten, die auch den Versand von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln erlauben“, wird da moniert. Angebracht wäre demnach, den „Versandhandel – wie in der Mehrheit der Mitgliedstaaten der EU – auf das europarechtlich gebotene Maß, das heißt auf nicht-verschreibungspflichtige Arzneimittel zu begrenzen“. Dass das keine Forderung an die europäische, sondern an die nationale Politik ist, weiß auch die ABDA. Deshalb solle die EU die deutsche Apothekerschaft unterstützen „bei der Abwehr von weitreichenden Liberalisierungstendenzen, die das kohärente System aus Preisbindung, Apothekenpflicht sowie Fremd- und Mehrbesitzverbot gefährden“.

In ihren Anliegen unterstützen dürfe die EU also gerne – mitreden aber nur in engen Grenzen. So betont die ABDA die Bedeutung von Artikel 168 des Vertrags über die Arbeitsweise der EU (AEUV): In diesem wird den Mitgliedsstaaten ein Wertungsspielraum hinsichtlich ihrer Gesundheitspolitik und der Organisation des Gesundheitswesens zugesprochen. Von den EU-Gegnern rechts wie links, die die europäische Integration zurückschrauben wollen, grenzt sich die ABDA allerdings ab. „In Anbetracht der zunehmenden und gefährlichen euro- und europafeindlichen Tendenzen in Teilen der Bevölkerung unterstützen wir ein Europa, das die großen Zukunftsaufgaben anpackt und zugleich bewährte Strukturen auf nationaler Ebene schützt.“ Der Verband unterstütze ein Europa der Regionen, das dem Prinzip der Subsidiarität folgt. „Eine Missachtung dieser Prinzipien würde die derzeit herrschende Europaskepsis in den Mitgliedstaaten nur noch verstärken.“

Besonders enge Zusammenarbeit sei jedoch in den bereichen Digitalisierung und Arzneimittelsicherheit angebracht. „Wir setzen uns dafür ein, die Vernetzung der Beteiligten in der Gesundheitsversorgung auszubauen, stetig zu vertiefen, und gleichzeitig einen hohen Schutz der persönlichen Daten zu gewährleisten“, heißt es da. So könne die EU unter Beachtung der mitgliedstaatlichen Zuständigkeit dazu beitragen, gemeinsame Standards zur Interoperabilität von eHealth-Anwendungen zu entwickeln. Auf diese Weise könnten die elektronisch verfügbaren Gesundheitsdaten von Patienten auch bei einer Versorgung in anderen Mitgliedstaaten genutzt werden.

Ähnliches gelte für die Sicherstellung der Arzneimittelversorgung. So fordert die ABDA eine zentrale Erfassung von Hinweisen auf Probleme in der Lieferkette wie Liefer- oder Produktionsausfälle, um rechtzeitig Gegenmaßnahmen zu ergreifen und dadurch Versorgungsengpässe zu verhindern. Maßnahmen sollen umgesetzt werden, um Lieferengpässen effizient vorzubeugen, die auf Grund der Produktionsverlagerung und Konzentrierung auf einen Wirkstoffhersteller außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums zurückzuführen sind. Außerdem will die ABDA offenbar als Schlussfolgerung aus Skandalen wie dem um Valsartan, dass die EU Rahmenbedingungen schafft, damit die Wirkstoffproduzenten sich wieder in Europa ansiedeln und deren Qualitätsstandards überprüfbar eingehalten werden.

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