Stellungnahme

ABDA: Über 300 Millionen Euro für neue Dienstleistungen

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Berlin -

Die ABDA hat dem Bundesrat ihre Stellungnahmen zur Beratung des Apothekenstärkungsgesetzes (VOASG) von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zugeleitet. Darin fordert die ABDA deutlich mehr Geld für die neuen pharmazeutischen Dienstleistungen, sie will die Rx-Gleichpreisigkeit auch für den PKV-Sektor retten und fordert ein komplettes Verbot von Arzneimittelabgabestellen. Das VOASG wird in der Länderkammer am 25. September im ersten Durchgang beraten. Mitte Oktober starten die Beratungen im Bundestag.

„Wir begrüßen das Vorhaben der Bundesregierung, die ‚Vor-Ort-Apotheken‘ zu stärken. Der Gesetzentwurf ist eine tragfähige Grundlage für eine nachhaltig und spürbar gestärkte Arzneimittelversorgung“ heißt es in der Stellungnahme. Damit unterscheidet sich die ABDA in ihrer Wertung deutlich von einigen Kammern und Verbänden, die eine wesentlich kritischere Haltung vertreten.

„Sehr positiv“ für die weitere Verbesserung der Arzneimittelversorgung sei die Absicht, eine Rechtsgrundlage für zusätzliche honorierte pharmazeutische Dienstleistungen zu verankern. Dadurch werde die Bevölkerung zukünftig noch besser von der pharmazeutischen Kompetenz der Apotheker profitieren. Zusammen mit den weiteren Regelungen zur Sicherung der freien Wahl der Apotheken, zum noch zu verstärkenden Verbot der Arzneimittelabgabe durch automatisierte Einrichtungen, zur stärkeren finanziellen Unterstützung von Gemeinwohlaufgaben und mit den Modellvorhaben zu Grippeschutzimpfungen in Apotheken werde die Versorgung der Patienten durch die Apotheken vor Ort sinnvoll weiterentwickelt.

Konkret fordert die ABDA die Erhöhung des Finanzvolumens für neue Dienstleistungen auf über 300 Millionen Euro. Dazu soll der Zuschlag von derzeit geplant 20 auf 43 Cent pro Packung erhöht werden: „Damit sich die pharmazeutischen Dienstleistungen als langfristiger Bestandteil der apothekerlichen Leistungen durchsetzen, fordern wir daher die Erhöhung des Festzuschlags zur Finanzierung von pharmazeutischen Dienstleistungen auf 43 Cent. Dieses sorgt für eine für die Versicherten spürbare Leistungsverbesserung, sichert die langfristige Finanzierung und schafft Vertrauen in den Aufbau pharmazeutischer Dienstleistungsstrukturen. Außerdem halten wir die Einführung einer morbiditätsbedingten Dynamisierungsregel für zwingend notwendig, die der Krankheitslastentwicklung in der Bevölkerung und dem individuellen Patientenbedarf nach pharmazeutischen Dienstleistungen gerecht wird“, so die Stellungnahme.

Außerdem sollen diese Dienstleistungen von der Umsatzsteuer befreit werden, fordert die ABDA. Um sicherzustellen, dass die für pharmazeutische Dienstleistungen vorgesehenen Mittel umfassend für Leistungen an die Versicherten verausgabt werden könnten, sei es geboten, pharmazeutische Dienstleistungen von der Umsatzbesteuerung auszunehmen. Eine solche Regelung sei inhaltlich auch deshalb sachgerecht, weil sie der bestehenden Umsatzsteuerbefreiung bei Heilbehandlungen von Ärzten und anderen Heilberufen entspricht.

Die im Gesetz vorgesehene Wiederherstellung des einheitlichen Apothekenabgabepreises im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung auch beim Bezug von Arzneimitteln aus dem Ausland sei ein wichtiger und richtiger Schritt, zur Sicherung der Gleichpreisigkeit im GKV-Sektor: „Wir halten es aber für dringend erforderlich, dass der einheitliche Apothekenabgabepreis auch für die Arzneimittel gilt, die aus dem Ausland an Privatversicherte oder Selbstzahler außerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung abgegeben werden. Wir fordern deshalb, auf die Streichung des § 78 Absatz 1 Satz 4 AMG zu verzichten“, fordert die ABDA darüberhinausgehende Maßnahmen.

Ausführlich begründet die ABDA ihre Ablehnung des von Spahn geplanten Streichens von § 78 Absatz 1 Satz 4 AMG. Dagegen bestünden „erhebliche Bedenken, weil sie dazu führt, dass das Ziel der Gleichpreisigkeit nur eingeschränkt erreicht wird und die Durchsetzbarkeit der Gleichpreisigkeit geschwächt wird.“ Die Gültigkeit der Arzneimittelpreisverordnung auch für den Versandhandel aus dem Ausland nach Deutschland ist laut ABDA „nach wie vor begründet und europarechtlich durchsetzbar“. Ein Rabattverbot bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln sei aus Gründen des Gesundheitsschutzes auch dann geboten, wenn der Patient bei einer Versandapotheke einkaufe und zwar unabhängig davon, wo die Versandapotheke ihren Sitz habe. Die Schutzwirkung gehe verloren, wenn die Preisbindung für ausländische Versandapotheken nicht gilt. Der besondere Charakter der Arzneimittel und die besondere Situation in der sich Patienten befänden, lasse Ausnahmen von einem einheitlichen Apothekenabgabepreis nicht zu: „Nach unserer Auffassung bestehen die in der Gesetzesbegründung aufgeführten Gründe, die eine Erstreckung der Preisbindungsbindungsvorschriften auf ausländische Anbieter rechtfertigen, die Patienten in Deutschland mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln beliefern, fort.“

In Anlehnung an die Ausführungen des Bundesgerichtshofs (BGH) biete das vorliegende Gesetzgebungsverfahren die Möglichkeit, dass der Gesetzgeber noch einmal substantiiert darlege, warum die Vorgabe einheitlicher Apothekenabgabepreise auch für Apotheken gelten müsse, die verschreibungspflichtige Arzneimittel aus dem europäischen Ausland an Patienten in Deutschland liefern, schreibt die ABDA. Und dies gelte unabhängig davon, ob diese Patienten Versicherte einer Krankenkasse oder Privatversicherte und Selbstzahler seien.

Darüber hinaus hält die ABDA folgende Änderungen und Ergänzungen „für sinnvoll und zwingend notwendig“: Die Regelungen zum Schutz der freien Wahl der Apotheke sollten so ausgestaltet werden, dass auch Dritte, die keine Apotheker, Ärzte oder Krankenkassen sind, keine Rezeptzuweisungen aus kommerziellen Interessen initiieren und organisieren dürfen. Automatisierte Ausgabestationen sollten außerhalb des Versandhandels nicht nur auf bestimmte Fälle beschränkt, sondern generell untersagt werden.

Lange hat die ABDA Grippeimpfungen durch Apotheker abgelehnt. Jetzt begrüßt sie die geplanten Modellvorhaben zur Verbesserung der Impfquote: „Wir erachten solche Modellprojekte als sinnvoll, da es sich um eine neue Dienstleistung handelt und somit Erfahrungen, insbesondere auch hinsichtlich der sicheren Umsetzung und der Akzeptanz der Leistung bei den Versicherten gesammelt werden können.“ Erfahrungen in anderen Ländern zeigten, dass Impfungen auch durch Apotheker die Impfquoten erhöhen. Allerdings will die ABDA einzelne Apotheken oder Apothekengruppe wie Kooperationen von den Modellvorhaben ausschließen: Modellvorhaben könnten nur aussagekräftig sein und nur dann sinnvoll durchgeführt werden, „wenn ein Mindestmaß an Impfleistungen erbracht wird“. Dies könne innerhalb einer Region durch einzelne Apotheken oder Apothekergruppen nicht erreicht werden.

Ausführlich befasst sich die ABDA mit Abgabestellen: Die gesetzgeberische Intention, das System der Arzneimittelversorgung durch Präsenzapotheken und deren Botendienst sowie ergänzenden Versandhandel nicht durch weitere Abgabeformen ausfasern zu lassen, „wird von uns nachdrücklich unterstützt“. Die vorgesehene Regelung sei aber nicht ausreichend: „Die Nutzung von Abgabestationen oder -fächern, die mit den Betriebsräumen der Apotheke verbunden sind, sollte aus diesen Gründen ebenfalls einem ausdrücklichen Verbot unterworfen werden. Unseres Erachtens besteht für eine Abgabe durch Abgabefächer der Apotheke neben der Abgabe in den Betriebsräumen und der Belieferung durch Boten unter den erleichterten Voraussetzungen auch kein Bedarf mehr.“ Vielmehr sollte angesichts der systematischen Unterschiede zwischen Versandhandel und Präsenzversorgung daran festgehalten werden, dass ein maßgebliches Kennzeichen der Präsenzversorgung der persönliche Kontakt zwischen Patienten und dem Apothekenpersonal sei.

Sofern dieser Anregung nicht gefolgt werde, fordert die ABDA, dass die „erforderliche Beratung nicht regelhaft im Wege der Telekommunikation erbracht werden darf“. Durch die vorgesehene Formulierung bestehe die Gefahr, dass künftig die Beratungspflicht des Apothekers generell einschränkend dahingehend interpretiert werde, dass eine telepharmazeutische Beratung auch bei der Abgabe im Rahmen der Präsenzversorgung regelhaft ausreicht. Nachdem die persönliche Beratung nach wie vor die umfassendste Möglichkeit sei, arzneimittelbezogene Probleme des Patienten im Rahmen seiner Arzneimitteltherapie aufzudecken und zu lösen, sollte die Beratung im Wege der Telekommunikation durch die Apotheke auf den begründeten Einzelfall beschränkt bleiben.

Um den Botendienst gegenüber dem Versandhandel zu stärken, wird er mit dem VOASG neu geregelt. Künftig soll eine Lieferung per Boten nicht mehr nur im Einzelfall, sondern grundsätzlich möglich sein. „Die Stärkung des Botendienstes sollte jedoch nicht dazu führen, dass Dritten die Möglichkeit eröffnet wird, in organisiertem Umfang an derArzneimittelversorgung durch die Präsenzapotheke zu partizipieren.“ Der Bote müsse arbeitsvertraglich zum Personal der abgebenden Apotheke gehören. Im Gesetz müsste die Zustellung daher durch „Personal der Apotheke“ festgelegt werden und nicht wie derzeit durch den „Boten einer Apotheke“. Zudem fordert die ABDA eine verpflichtende pharmazeutische Beratung auch bei OTC-Medikamenten vorzusehen. Außerdem fordert die ABDA Temperaturkontrolle für den Versand – auch aus dem Ausland – verpflichtend zu regeln und die Einhaltung der Standards zu kontrollieren.

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