Wahlaufsatz

Abda-Spitze: Overwiening vs. Preis Patrick Hollstein, 08.01.2025 09:42 Uhr

Gabriele Regina Overwiening oder Thomas Preis: Wer macht das Rennen bei der Abda? Foto: AKWL - Michael C. Moeller/AVNR
Berlin - 

Nach dem Desaster im Dezember steht nächste Woche Donnerstag der zweite Anlauf für die Wahl der Abda-Spitze an. Kurz vor Weihnachten hatten sich Kammern und Verbände getrennt voneinander in Berlin getroffen, um sich auf jeweils eine Kandidatin oder einen Kandidaten zu einigen. Wie der heute veröffentlichte Wahlaufsatz zeigt, wollen die Kammern erneut Gabriele Regina Overwiening ins Rennen schicken. Die Verbände setzen auf Thomas Preis aus Nordrhein.

Overwiening hatte bei der Mitgliederversammlung am 11. Dezember völlig überraschend keine Mehrheit bekommen: Obwohl sie die einzige Kandidatin war, stimmte eine Mehrheit von 52 Prozent der Teilnehmenden gegen sie. Schnell entstand das Narrativ, dass es eigentlich nur einen Denkzettel geben und Overwiening mit einem schlechten Wahlergebnis abgestraft werden sollte. Aus diesem Grund hatte sich auch niemand als Gegenkandidat in Position gebracht.

Overwiening erklärte in der Sitzung und auch danach noch einmal, nicht mehr für eine Wahl zur Verfügung zu stehen. Innerhalb von sechs Wochen musste daher eine Neuwahl organisiert werden, da ein zweiter Wahlgang in der Satzung nicht vorgesehen ist. Der Termin fiel auf den 16. Januar.

Overwiening vs. Preis

Mittlerweile scheint Overwiening ihre Position jedoch überdacht zu haben: Kommende Woche steht die ehemalige Präsidentin erneut zur Wahl, wie aus dem heute veröffentlichten Wahlaufsatz hervorgeht. Bei ihrem Treffen haben sich die Kammern darauf verständigt, sie als Kandidatin ins Rennen zu schicken.

Die Verbände haben sich auf Preis geeinigt. Er gilt als Kompromisskandidat zwischen Establishment und denjenigen, die eine Reform der Abda fordern – und als Mann des Übergangs: Er soll vor allem die organisatorische Neuausrichtung der Dachorganisation vorantreiben, was auch immer am Ende darunter zu verstehen sein wird. Anders als Overwiening soll er die Apothekerinnen und Apotheker in der politischen Arbeit dagegen nicht mehr alleine vertreten.

Preis kann auf eine gut geführte Geschäftsstelle in Düsseldorf zurückgreifen – und auf langjährige Erfahrung: Der 65-Jährige ist seit mittlerweile 25 Jahren berufspolitisch aktiv; seit 1999 ist er Verbandschef in Nordrhein. Zwar wurde er auf Bundesebene nie in ein höheres Amt berufen. Doch in NRW ist er gut vernetzt – politisch als stellvertretender Vorsitzender des Verbands der Freien Berufe (BFB) und im Markt als Aufsichtsratschef des standeseigenen Rechenzentrums ARZ Haan. Dank seiner persönlichen Kontakte war er vor allem im Zusammenhang mit der Pandemie oder auch mit den Lieferengpässen immer wieder mit validen Einschätzungen in den Medien präsent. Seine Apotheke in Köln leitet er seit einigen Jahren gemeinsam mit seinem Sohn.

Kammern haben Mehrheit

Die Frage ist, ob sich die Verbände mit ihrem Vorschlag durchsetzen können. In der Mitgliederversammlung haben die Kammern die Mehrheit. Einerseits gibt es auch hier Stimmen gegen eine Neuaufstellung von Overwiening. Andererseits wurde Preis gerade erst in den Vorstand des Deutschen Apothekerverbands (DAV) gewählt, dem er ab 2009 schon einmal angehörte. Bei der Wahl im November wurden ihm sogar Ambitionen nachgesagt, für den Vorsitz zu kandidieren.

Die Verbände werden mit der Notwendigkeit von Veränderungen argumentieren und wohl auch mit der Position, dass die bislang ohnehin schon eher glücklose Amtsinhaberin nach ihrer Abwahl noch weiter geschwächt ist: Es dürfte noch schwieriger für sie werden, einen Berufsstand zu vertreten, der öffentlich gezeigt hat, dass er nicht geschlossen hinter ihr steht.

Keine Alternativen?

Andererseits steht auch Preis keineswegs zwangsläufig für eine Erneuerung der Abda. Im Zusammenhang mit den Protesten der vergangenen beiden Jahre trat er eher wenig in Erscheinung, und auch politisch wurde Gesundheitsminister Karl Lauterbach aus NRW kaum etwas entgegen gesetzt. Und warum hatte er seinen Hut nicht schon bei der Wahl im Dezember in den Ring geworfen?

Doch offenbar konnten sich die Verbände weder für einen Neustart etwa unter dem hessischen Verbandschef Holger Seyfarth, der zuletzt Abda-Vize Mathias Arnold öffentlich attackiert hatte, noch für eine Vertreterin oder einen Vertreter der jüngeren Generation entscheiden. Möglicherweise stand auch einfach niemand zur Verfügung.

Arnold (LAV Sachsen-Anhalt) will Vize bleiben. Eine besondere Rolle könnte Dr. Ina Lucas (Apothekerkammer Berlin) spielen, die ebenfalls im Wahlaufsatz steht und Vize werden könnte. Sie hätte wohl mindestens auch den Berliner Apothekerverein hinter sich, wurde allerdings gerade erst in den BAK-Vorstand gewählt, auch hier müsste also noch einmal neu besetzt werden. Silke Laubscher (LAK Baden-Württemberg) kandidiert erneut als Vertreterin der Angestellten.

Ämterhäufung in NRW

Erschwert wird die Gemengelage dadurch, dass gerade erst Dr. Armin Hoffmann, Präsident der Apothekerkammer Nordrhein (AKNR), an die Spitze der Bundesapothekerkammer (BAK) gewählt wurde. Sowohl Preis als auch Overwiening kommen ebenfalls aus NRW, was nach den Proporzregeln der Abda normalerweise eine undenkbare Ballung von Ämtern ist. Allerdings waren diese schon in der vergangenen Amtsperiode aufgeweicht worden, als Bayern sowohl den BAK-Präsidenten als auch den DAV-Vorsitzenden gestellt hatte.

Möglicherweise könnte die NRW-Zentrierung in der Führung aber doch noch einen Vorteil bergen – falls nämlich der gelegentlich als Nachfolger für Karl Lauterbach (SPD) gehandelte NRW-Gesundheitsminister Karl Laumann (CDU) tatsächlich ins Bundesgesundheitsministerium (BMG) einzieht.