Die ABDA-Führung bringt sich mit ihrer Krisenkommunikation zur
sogenannten „Datenklau-Affäre“ in Bedrängnis. Mit einem als
Sonderuntersuchung deklarierten Bericht zu den Vorgängen in der
Abteilung Öffentlichkeitsarbeit wollten ABDA-Präsident Friedemann
Schmidt und Hauptgeschäftsführer Dr. Sebastian Schmitz einen
Schlussstrich unter das Thema ziehen – ohne Rücksicht auf Verluste. Doch
der erhoffte Befreiungsschlag ist nicht nur medial nach hinten
losgegangen, sondern bringt die gesamte Konstruktion der ABDA ins
Wanken.
Als das Bundesgesundheitsministerium (BMG) im Dezember über verschiedene Medien verbreiten ließ, der ehemalige ABDA-Sprecher Thomas Bellartz habe einen IT-Mitarbeiter für geheime Informationen bezahlt, sah sich die ABDA in Erklärungsnot.
Schmidt, Schmitz und ihr damaliger Pressesprecher Florian Martius samt PR-Agentur entschieden sich für eine Strategie der Brandmauer: Bellartz sollte nachträglich als unberechenbare Größe in der Jägerstraße dämonisiert werden. Mit zittriger Stimme brachte der designierte ABDA-Präsident auf einer eilig einberufenen Pressekonferenz die Nebentätigkeiten des ehemaligen Stabstellenleiters ins Spiel und versprach Aufklärung.
Das Abrücken von Bellartz als vermeintlicher Datenspion musste zwangsläufig auf die ABDA-Verantwortlichen in Haupt- und Ehrenamt zurückfallen. Das nahm man in der Jägerstraße in Kauf: lieber ein Compliance-Problem im Haus als den Staatsanwalt. Die Spitze gab eine „Sonderuntersuchung“ der Geschäftsbeziehungen zur Agentur El Pato in Auftrag. Das Unternehmen hatte Bellartz 2005 mitgegründet, dann allerdings verlassen, nachdem er im Mai 2007 von niemand Geringerem als Schmidt für den ABDA-Job angeworben worden war.
Seit 2005 beauftragten die Expopharm und mehrere Landesorganisationen der Apotheker El Pato. Später buchten auch verschiedene Abteilungen der ABDA – und nicht nur ihr Sprecher – die Agentur für kleinere Arbeiten und größere Kampagnen. In der Summe von 2,5 Millionen Euro, die laut „Sonderuntersuchung“ an El Pato gezahlt worden sein sollen, sind 1,8 Millionen Euro an durchlaufenden Posten enthalten – also Kosten Dritter für die Buchung von Plakaten, Anzeigen und Spotschaltungen.
Der PR-Ausschuss hatte sich auf Vorschlag des damaligen Leiters und heutigen DAV-Chefs Fritz Becker bewusst für diesen Weg entschieden: Die ABDA sparte an den sonst üblichen Agenturprovisionen, strich sogar das Skonto ein und erzielte so über die Jahre Einsparungen von rund 140.000 Euro.
Die Krisenmanager der abgeschotteten Arbeitsgruppe Compliance interessierten solche Feinheiten nicht. Was sie brauchten, waren ein möglichst großer Betrag und ein Sündenbock. Dass hinter dem angeblichen Streben nach Transparenz im Wesentlichen eine Taktik steht, zeigt die Interpretation des Abschlussberichts durch den Auftraggeber.
Denn auch wenn es in keinem Handbuch steht und von Schmidt, Schmitz und ihren Krisenberatern jetzt aus Opportunitätsgründen geleugnet wird: Bei der ABDA gibt es eine ganze Reihe von Kontrollmechanismen durch Haupt- und Ehrenamt. Als Hauptgeschäftsführer zeichnet Schmitz jede Rechnung gegen, anschließend werden sie noch vom Finanzgeschäftsführer in Eschborn geprüft.
Der regelmäßig tagende Haushaltsausschuss nimmt die Ausgaben unter die Lupe, und einmal jährlich geben Wirtschaftsprüfer, zuletzt die KPMG, ihr Testat zu den Finanzen der ABDA. Beanstandungen gab es in den vergangenen Jahren offenbar nicht.
Dass die bestellte „Sonderuntersuchung“ medial zum Desaster würde, mögen Schmidt und Schmitz einkalkuliert haben. Was sie aber außer Acht ließen, sind die irreparablen Schäden, die sie im Innenverhältnis anrichten. Wenn der Hauptgeschäftsführer seiner eigenen Unterschrift nicht traut, droht dem ganzen Apothekerhaus die Lähmung.
Bislang haben die Vertreter der 34 Kammern und Verbände der vermeintlichen Rosskur aus der Deckung zugeschaut. Doch hinter vorgehaltener Hand gibt es zunehmend Zweifel, ob die heiklen Manöver der selbsternannten Krisenmanager zur Rehabilitation der ABDA führen werden – und ob die Dachorganisation die Ära Schmidt unbeschadet überleben wird.
Allzu lange können sich die Vertreter aus den Ländern – insbesondere die, die bei der ABDA in konkreter Verantwortung stehen – ihr Schweigen nicht mehr leisten. Denn schon jetzt zeichnet sich ab, dass die Kritiker an der Basis bald ausnahmslos alles hinterfragen werden, was bei der ABDA in den vergangenen Jahren vorgefallen ist.
Wenn es in einem Apparat wie der ABDA mit mehr als 60 Mitarbeitern tatsächlich Compliance-Mängel geben sollte, dann ist die Öffentlichkeitsarbeit nur eine Baustelle von vielen. Dann reicht keine „Sonderuntersuchung“ – dann gehört vom Berliner Hotelzimmer für den Teppichreiniger aus dem Taunus bis hin zu versteckten Honoraren leitender Angestellter und Abfindungen wegen vergessener Kündigungen alles auf den Prüfstand.
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