Für die ABDA ist das von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) vorgelegte Apothekengesetz (ASG) offenbar nur ein politischer Zwischenschritt zur erneuten rechtlichen Klärung zur Zulässigkeit der Preisbindung und des Rx-Boni-Verbots für Arzneimittel vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH). „Wir gehen schon davon aus, dass so eine gesetzliche Regelung, wie immer das Boni-Verbot konstruiert wird, vor dem EuGH überprüft wird. Ich glaube, davon können wir sicher ausgehen“, sagte ABDA-Hauptgeschäftsführer Sebastian Schmitz bei der Anhörung des Gesundheitsausschusses des Bundestages zum Gesetz zur Stärkung der Arzneimittelversorgung (GSAV).
Im Rahmen der GSAV-Beratung hatte die AfD-Fraktion einen Antrag zum Rx-Versandverbot gestellt. Daher war das Thema auch Gegenstand der Anhörung. Der AfD-Abgeordnete Jörg Schneider fragte den ABDA-Vertreter zu den Aussichten eines erneuten EuGH-Verfahrens. „Wir sind der Auffassung, dass es vor dem EuGH gute Argumente gibt, wie es sie auch schon für die Preisbindung im Allgemeinen gab, eine solche Regelung durchzusetzen“, antwortete Schmitz. Aber eine Garantie dafür, dass der EuGH in eine bestimmte Richtung entscheide, „das wissen Sie, kann ich Ihnen auch nicht geben.“
Am 19. Oktober 2016 hatte der EuGH die Preisbindung für verschreibungspflichtige Arzneimittel als Maßnahme gleicher Wirkung im Sinne des Artikels 34 der europäischen Verträge bewertet. Da sie aus Sicht des Gerichts nicht gerechtfertigt ist, verstößt sie laut Urteil gegen Unionsrecht. Damit durften EU-Versandapotheken in Deutschland Rx-Boni gewähren. Eine Begrenzung sieht das Urteil nicht vor.
Der EuGH begründete sein Urteil damit, dass ausländische Versandapotheken nur ein eingeschränktes Leistungsangebot hätten und daher im Wettbewerb benachteiligt seien. Sie könnten nur über billigere Preise konkurrieren. Außerdem: Die Preisbindung ist aus Sicht des EuGH keine geeignete Maßnahme, um die flächendeckende Versorgung zu gewährleisten. Hierzu hätte der deutsche Gesetzgeber Statistiken vorlegen müssen, so die Kritik des EuGH am Vortrag der Bundesregierung. Vor dem EuGH-Urteil hatte sich die ABDA stets überzeugt gezeigt, dass die Preisbindung vor dem EuGH bestand haben würde.
Thema in der Anhörung war auch die Importförderklausel. Zu Beginn der Sitzung des Gesundheitsausschusses richtete die Gesundheitspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Fraktion, Karin Maag, dazu ihre Frage zur Abschaffung der Förderklausel an die ABDA, den GKV-Spitzenverband und an den Vertreter der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft. Der Vertreter des Verbandes der Arzneimittelimporteure wurde ausdrücklich nicht um eine Antwort gebeten.
Für die ABDA erklärte Schmitz, dass man aufgrund der derzeitigen Gesetzeslage dazu verpflichtet gewesen sei, mit dem GKV-Spitzenverband eine Vereinbarung zum Arzneimittelimport im Rahmenvertrag zu schließen. Das sei geschehen, um das Einsparpotential größer und schneller zu realisieren. Diese Regelung sei jetzt vom Gesetzgeber aufgegriffen worden. Allerdings vertrete die ABDA die Auffassung, dass die Importförderklausel „insgesamt verzichtbar“ sei. Der Arzneimittelimport sei ein „Einfallstor für Fälschungen“. Dies zu vermeiden habe höhere Priorität als das Einsparpotential.
Für den GKV-Spitzenverband schilderte Johannes von Stackelberg die unklare Diskussionslage bei den Kassen. Die Importförderklausel habe jahrelang ihr Ziel erfüllt. Die Einsparungen für die Kassen seien aber mit der Zeit aufgrund immer teurerer Arzneimittel rückläufig. Die Kassen hätten sich daher die Frage gestellt, ob die Importförderung noch zeitgemäß sei, so Stackelberg. Es gebe unter den Kassen dazu ein „breites Meinungsspektrum“. Einige wollten den „relativ kleinen dreistelligen Millionenbetrag“ erhalten. Es gebe aber eine „sehr große und breite Strömung“ zur Abschaffung der Förderklausel. Diese Kassen vertreten bezüglich der Klausel die Auffassung: „Eigentlich hat sich das überholt.“
Das breite Meinungsspektrum unter den Kassen sei für ihn Gelegenheit, in der Anhörung seine „persönliche Meinung“ zu Protokoll zu geben: Wenn ein großer Kassenverband aus Baden-Württemberg sage, „wir brauchen das nicht mehr“, dann habe dieser „vermutlich recht“. Im September 2018 hatte die AOK BadenWürttemberg gemeinsam mit dem DAV und den Kassenärzten des Landes eine Abschaffung des „alten Bürokratiemonsters“ verlangt.
Professor Wolf-Dieter Ludwig von der Arzneimittelkommission der Ärzte sagte, der Fall Lunapharm habe noch einmal deutlich gemacht, dass Deutschland ein Einfallstor für problematische Arzneimittel sei. Daraus entstünden „erhebliche Risiken“. Lunapharm sei ja nicht das Ende, weil man nicht in der Lage sei, diese Vertriebswege zu kontrollieren.
Man darf gespannt sein, wie es mit der Importförderklausel in Zuge der GSAV-Beratung weitergeht. Der Bundesrat hatte sich ebenfalls für die Streichung ausgesprochen. Das GSAV ist dort zustimmungspflichtig. In einem ersten GSAV-Entwurf hatte auch das Bundesgesundheitsministerium die Streichung vorgesehen, dann allerdings seine Position geändert. Jetzt sind die Gesundheitspolitiker der Regierungskoalition am Zuge: Sie könnten im Mai mit Änderungsanträgen reagieren.
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