ABDA: Pseudoapotheken und Ausweitungstendenzen APOTHEKE ADHOC, 09.11.2011 17:05 Uhr
Betriebsgrößenvorteile statt Versorgungsauftrag: Bei der ABDA stößt die Bevorzugung von Filialapotheken im Referentenentwurf zur neuen Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) auf massive Kritik. Dabei gibt es aus Sicht der Apotheker noch nicht einmal ein Problem, das zu lösen wäre. Bis in die frühen Abendstunden tagte gestern eine außerordentliche Mitgliederversammlung in Berlin. Im Schnelldurchlauf mussten wichtige Beschlüsse durchgepeitscht werden, denn am kommenden Freitag will das Bundesgesundheitsministerium (BMG) die Stellungnahme vorliegen haben. Die Grundsätze stehen bereits.
Laut ABDA gefährdet der Referentenentwurf die Funktionsfähigkeit der Apotheken: Eine Delegation der Rezepturherstellung deprofessionalisiere das Personal, reduziere die potentiellen Ausbildungsstätten und könne im Notdienst fatale Folgen haben. Mittlerweile redet man in der Jägerstraße nicht mehr nur von „Apotheke light“, sondern von „Pseudoapotheken“.
In der Konsequenz drohen laut ABDA aber nicht nur Wettbewerbsverzerrungen, sondern auch gefährliche Ausweitungstendenzen: So könnten andere Regelungen zu Betriebsräumen, Personal oder letztlich auch der Apothekenpflicht aufgeweicht werden.
Die Streichung der wissenschaftlichen Hilfsmittel widerspricht der ABDA zufolge dem Ziel der Qualitätsverbesserung, da ohne sie die ordnungsgemäße Berufsausübung, aber auch die effektive Apothekenaufsicht erschwert werde.
Was die Definition apothekenüblicher Waren und Dienstleistungen angeht, wollen Kammern und Verbände keine „potentiell uferlose Ausweitung des Angebots“. Im Entwurf würden Mittel zur Körperpflege unabhängig von ihrem Gesundheitsbezug zum Sortiment gezählt; auch Dienstleistungen mit mittelbarem Gesundheitsbezug und die Vermittlung gesundheitsbezogener Leistungen Dritter würden als apothekenüblich definiert. Dabei sollte laut ABDA die vorrangige Orientierung am Versorgungsauftrag der Apotheke explizit herausgestellt werden.
Dagegen gehen die Vorgaben zur Defekturherstellung der ABDA zu weit, da sie Anforderungen aus der industriellen Herstellung auf die Apotheke übertragen. Durch die Möglichkeit, nichtpharmazeutisches Personals einzusetzen, würden die Grenzen zwischen pharmazeutischen und nichtpharmazeutischen Tätigkeiten verwischt. Auch die erweiterten Möglichkeiten zur Auslagerung von Tätigkeiten auf externe Auftragnehmer lehnen Kammern und Verbände ab.
Aus Sicht der ABDA sollte für alle relevanten pharmazeutischen Tätigkeiten ein QMS ohne Zertifizierungspflicht vorgesehen werden, so wie von der Bundesapothekerkammer beschlossen. Die Anpassung der Vorschriften zur Dienstbereitschaft finden die Apotheker gut; allerdings ist die ABDA gegen die Umkehrung der bisherigen Systematik: Die Dienstbereitschaftspflicht sollte nicht auf Kernbetriebszeiten beschränkt und durch behördliche Anordnung erweitert werden. Für Apothheken sollte vielmehr eine generelle Bereitschaft gelten mit Möglichkeiten der behördlichen Befreiung für Randzeiten aus „wichtigen“ statt nur „berechtigten“ Gründen.
Verbesserungsbedarf sieht die ABDA auch bei den Informations- und Beratungspflichten: Maßstab für den Beratungsbedarf müsse wie bisher die Arzneimittelsicherheit sein; der Apothekenleiter habe eine hinreichende Beratung der Patienten sicherzustellen. Bedenken gibt es schließlich bei der Ausweitung des Botendienstes, da grundsätzlich an der Abgabe von Arzneimitteln in den Apothekenräumen festgehalten werden sollte.
Die ABDA will sich in ihrer Stellungnahme dafür einsetzen, dass eine weitere mündliche Anhörung zum Thema stattfindet.