Mitgliederversammlung

ABDA: Entspannt wie ein Anglerverein Lothar Klein, 29.06.2017 07:59 Uhr

Berlin - 

Die ABDA will die kommenden zweieinhalb Wahlkampfmonate nutzen, um das Thema Rx-Versandverbot auf der politischen Agenda zu halten. Im Anschluss an die Mitgliederversammlung zeigte sich ABDA-Präsident Friedemann Schmidt zuversichtlich, dass eine Umsetzung nach der Bundestagswahl möglich wird. „Die Messe ist noch nicht gelesen“, sagte Schmidt. Er sehe gute Chancen in jeder parteipolitischen Konstellation. Den Verlauf der Mitgliederversammlung charakterisierte ABDA-Vize Mathias Arnold als entspannt „wie ein Anglerverein“.

Schmidt begründete seinen Optimismus mit der „Vorwahlkampfzeit“. Zwar gebe es derzeit außerhalb von Union und Linken keine „substanzielle Unterstützung“ für die ABDA-Position. „Das ist uns klar“, aber es gebe in „keiner Konstellation unüberbrückliche Hindernisse“. Angesichts der Umfragen sei es wahrscheinlich, dass CDU und CSU erneut die stärkste Fraktion im neuen Bundestag stellen werden. „Dann kommt es auf die Koalitionsverhandlungen an“, so Schmidt. Arnold ergänzte: „Angesichts der zurückliegenden monatelangen Diskussion ist das politische Problembewusstsein in allen Parteien vorhanden.“

In der Mitgliederversammlung sei nochmals an Kammern und Verbände appelliert worden, ihre politische Arbeit an der Basis zu verstärken. „Es kommt jetzt auf jede Apotheke an“, so Schmidt. Dort müsse bei Patienten und Politikern vor Ort für das Rx-Versandverbot geworben werden.

Wie schon bei der letzten Bundestagswahl wird die ABDA dazu die „Wahlkreisapotheker“ in den Wahlkampf schicken, die Kontakt zu allen Bundestagskandidaten aufnehmen sollen. Ergänzt wird die Initiative vom „Wahlradar Gesundheit“. Via Internet sollen dort alle Bundestagskandidaten von der ABDA gestellte Fragen zur Gesundheitspolitik beantworten können.

Allerdings ist der ABDA auch klar, dass die Ausgangslage nach dem Scheitern des Rx-Versandverbotes im März in der Großen Koalition angesichts der steigenden Marktanteile des Versandhandels nicht einfacher geworden ist: „Das ist ein blöde Situation“, sagte Schmidt, „unsere Mittel sind beschränkt.“ Das Problem der Besitzstandswahrung werde mit jedem zusätzlich über den Versandhandel abgegebenen Arzneimittel größer. In der Mitgliederversammlung habe dennoch Einigkeit geherrscht, an der ABDA-Strategie festzuhalten und nicht von der Forderung nach einem Rx-Versandverbot abzuweichen.

Aufgerüttelt von der Apobank-Studie zu den Nachwuchsproblemen in der Apothekerschaft kündigte Schmidt eine Initiative „U40“ an. Die ABDA wolle „aktiv werden“. Er habe die Mitgliedsorganisationen gebeten, nach „U40-Kollegen“ zu suchen für eine Veranstaltung im Herbst in Berlin. Dabei wolle man von den jüngeren Kollegen erfahren: „Was treibt euch um?, Wo seht ihr Defizite?“

Nach Angaben von Schmidt bereitet sich die AG Honorar unter Leitung von DAV-Chef Fritz Becker intensiv auf die anstehende Honorardebatte vor: „Die AG tagt alle 14 Tage.“ Im Herbst wird das vom Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) in Auftrag gegebene Honorargutachten erwartet. Es gebe Änderungsbedarf bei den „Anreizsystemen“, so Schmidt.

Der Trend zu größeren Apotheken und Verbünden hänge auch mit dem Honorarsystem zusammen, das großen Mengen belohne. Modelle zur Steuerung der Niederlassung lehnte Schmidt aber ebenso ab wie Sicherstellungszuschläge für Landapotheken.

Mit der Honorarreform könne man zudem nicht die mit dem EuGH-Urteil entstandenen Wettbewerbsverzerrungen zu den ausländischen Versandapotheken lösen. Der Versandhandel sei nicht geeignet, die Versorgung in dünn besiedelten Gebieten zu sichern. Bei mindestens 24 Prozent der Bevölkerung seien die kognitiven Fähigkeiten so eingeschränkt, dass der Versandhandel keine Alternative sein könne. „Es geht um die Menschen“, so Schmidt.

Die Diskussion über den ABDA-Haushalt verlief nach Darstellung von Arnold so sachlich und ruhig wie bei einem „Anglerverein“. Es habe kaum Nachfragen gegeben. Weder die geplante Anschaffung von Dienstfahrzeugen für die ABDA-Geschäftsführer noch der Verkauf des Mendelssohn-Palais oder der Bericht über den aktuellen Stand des Neubaus des Apothekerhauses unweit des Berliner Hauptbahnhofes sorgten für Zündstoff. Arnold: „Die Debatte verlief ganz entspannt.“