Präsidentinnenbrief

Abda: Kampfansage, aber noch kein Plan

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Berlin -

Die Abda sucht nach Veröffentlichung des Referentenentwurfs nach einem Ausweg. Nachdem der Geschäftsführende Vorstand bereits getagt hat, soll nun für Mittwoch eine Sondersitzung des Gesamtvorstands einberaumt werden. Dort soll besprochen werden, wie die weitere Strategie und Kommunikation aussehen sollen, kündigt Abda-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening in einem Schreiben an die Mitglieder an. Die sollen einstweilen selbst am Ball bleiben.

Mit Bestürzung habe man den Referentenentwurf zur Apothekenreform aus dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) zur Kenntnis genommen, so Overwiening. „Wieder einmal hat Minister Karl Lauterbach den Weg über die Medien gewählt – der Abda wurde das Papier (Stand 13. Juni) bislang nicht offiziell zugestellt.“

Auch wie der weitere Zeitplan des Gesetzgebungsverfahrens aussieht, sei noch nicht bekannt. „Was wir aber nun endlich mit letzter Sicherheit wissen, ist, dass der rote Faden des Entwurfs die unbedingte Liberalisierung der Arzneimittelversorgung ist. Dadurch wird unser bewährtes System der Arzneimittelversorgung durch die wohnortnahen heilberuflich geführten Apotheken ausgehöhlt und dem Großkapital zur Übernahme ausgeliefert.“

Zerstörung der Apotheke vor Ort

Laut Overwiening ist der Entwurf daher eine Mogelpackung, man könne sogar von einer „gezielten Blendung“ sprechen. „Der vorliegende Referentenentwurf aus dem BMG wird die heilberuflich geführte vollversorgende Apotheke vor Ort zerstören.“ Für Patientinnen und Patienten habe dies eine „Versorgung ohne approbiertes Fachpersonal über abgespeckte Medikamenten-Abgabestellen, Zweigapotheken sowie Scheinapotheken“ zur Folge.

„Ganz egal, ob es um städtische oder ländliche Regionen geht: Für die Patientinnen und Patienten bedeuten diese Pläne nicht nur Leistungskürzungen und Qualitätseinbußen, sondern ganz konkrete Gefahren. Leistungen wie die BtM-Abgabe, Medikationsanalysen, Impfungen und Rezepturen werden nach diesen Plänen aus der Fläche verschwinden. Die ohnehin sehr fragile Einnahmetreue der Menschen wird sich dadurch deutlich verschlechtern und mit hoher Krankheitslast und hohen Kosten zu Buche schlagen.“

Laut Overwiening sind die Pläne für den Berufsstand ein „absoluter Tabubruch“: „Der Verzicht auf eine approbierte Filialleitung und der Verzicht auf die gesetzlich gesicherte Präsenz eines Apothekers oder einer Apothekerin setzt die berufliche Zukunft von zehntausenden Kolleginnen und Kollegen aufs Spiel. Die politische Botschaft an uns lautet: ‚Ihr werdet für die Arzneimittelversorgung der Bevölkerung nicht mehr gebraucht!‘“

„Es ist unfassbar, dass ein sozialdemokratisch geführtes BMG die Qualität der Versorgung der Bevölkerung abbauen will und massive Kündigungswellen als Einsparpotentiale anpreist.“ Auch die chronische Unterfinanzierung des gesamten Apothekenmarktes werde in diesem Entwurf nicht angepackt. „Die vorgesehene Umverteilung des Apothekenhonorars wird keiner Apotheke helfen. Dass durch diese Honorar-Pläne insbesondere ländliche Apotheken profitieren, ist nur eine von vielen Falschaussagen, die vom BMG verbreitet werden, um den Reformplänen einen positiven Anstrich zu geben.“

Enttäuschend sei auch der Umgang mit den Großhandelsskonti. „Statt diese schnellstmöglich über eine Klarstellung in der AMPreisVO wieder zu erlauben, soll eine Lösung erst im Zusammenhang mit dem langwierigen Gesetzesvorhaben herbeigeführt werden. Dieser Umgang mit der Skonti-Problematik zeugt von einem kolossalen Unverständnis der Dringlichkeit und kann nur als Verzögerungstaktik gewertet werden.“

Wie reagiert die Abda?

Direkt gestern, nur 20 Stunden nach der Bekanntgabe des Entwurfs über die FAZ, sei man in der Abda zu einer ersten Analyse zusammengekommen. „Das Ergebnis der Diskussion ist eindeutig: Wir lehnen den Entwurf in der vorliegenden Form kategorisch ab. Ein Gesetz, das den Berufsstand des Apothekers und der Apothekerin abschafft und durch neue auf Kommerz ausgerichtete Strukturen ersetzen will, wird von uns in aller Härte bekämpft.“

Heißt: „Alle Passagen, die zur Zerstörung der heilberuflich geführten Apotheke vor Ort führen, müssen aus dem Entwurf gestrichen werden, bevor wir in einen inhaltlichen Diskurs über die Zukunft der Apotheke einsteigen können.“

Lauterbachs Aussage am Rande der Gesundheitsministerkonferenz, dass er die inhabergeführte Apotheke vor Ort stärken wolle, um große Versandkonzerne aus dem Markt zu halten, empfinde man als „zynisch und ist unehrlich“, so Overwiening. „Es ist auch eine Ohrfeige für die 160.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in unseren Apotheken.“

Wie soll es weitergehen nach diesen „niederschmetternden Neuigkeiten“? Laut Overwiening wird die Abda den Entwurf ablehnen: „Obwohl wir noch nicht offiziell zu einer Stellungnahme aufgefordert wurden, bereiten wir diese Stellungnahme bereits vor und werden sie zeitnah ans BMG übermitteln. Unser Ziel ist klar: Diese apothekenfeindlichen Pläne müssen demaskiert, müssen entlarvt und die Wahrheiten über die Folgen für die Patientinnen und Patienten offen benannt werden.“

Hoffnung auf Fraktionen und Länder

Sie selbst habe nach Bekanntwerden des Entwurfs sofort Gespräche mit einigen Abgeordneten aus dem Gesundheitsausschuss des Bundestages geführt und ihre Position klargestellt. „Sowohl aus der SPD als auch aus der FDP wurde klar signalisiert, dass man apothekerlose Apotheken nicht zulassen wolle.“ Hoffnung setzt Overwiening auch auf die Länder; die GMK habe sich mehr als deutlich zu den Vorschlägen des BMG positioniert:

In den kommenden Tagen werde der Gesamtvorstand der Abda zu einer außerordentlichen Sitzung zusammenkommen. „Ganz unabhängig von der inhaltlichen Analyse des Entwurfes werden wir uns dann mit der Frage beschäftigen, wie wir unsere Positionen und Forderungen in der Politik und in der Öffentlichkeit kommunizieren. Pläne und Ideen dazu liegen vor und müssen zielgerichtet und zum richtigen Zeitpunkt umgesetzt werden.“

Und erneut warnt Overwiening vor Alleingängen: „Einheitlichkeit und Klarheit in den Aussagen sind in dieser Phase ebenso entscheidend wie Zusammenhalt und Geschlossenheit in der Handlung.“

Am Ball bleiben

Von besonderer Bedeutung sei weiterhin auch die breite Darstellung der Probleme in der Bevölkerung und in der regionalen Politik. „Nutzen Sie Ihre Kundenkontakte dazu, um darüber aufzuklären, was das Gesetzesvorhaben wirklich beinhaltet und welche Konsequenzen dies für die Versorgung jedes Bürgers und jeder Bürgerin hätte. Schon den Tag der Apotheke haben wir gemeinsam genutzt, unsere Anliegen in Politik-Gesprächen zu platzieren. Diese Kontakte müssen wir weiter intensivieren. In Kürze werden wir Sie mit genaueren Fakten und Materialien für diese weiterführenden Gespräche unterstützen. Bleiben Sie am Ball!“

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