Abda-Kampagnen: Honorar-Forderung erst ab Herbst Hanna Meiertöns, 21.03.2023 11:34 Uhr
„Wir müssen laut werden.“ Mit dieser Einschätzung trat Abda-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening in der vergangenen Woche vor die Hauptstadtpresse. Doch offenbar scheut sich die verfasste Apothekerschaft, die seit Dezember versprochenen Kampagnen und Protestaktionen endlich umzusetzen. Im Gegenteil: Was das Thema Honorarforderungen angeht, wurde jegliches Engagement auf Herbst vertagt.
Mit einem Budget von 24 Millionen Euro gehört die Abda zu den großen Standesvertretungen im Gesundheitswesen, einigen Kommentatoren gilt sie nach wie vor als eine der mächtigsten Lobbygruppen. Viele Apothekerinnen und Apotheker sind dagegen seit Jahren unzufrieden mit dem aus ihrer Sicht unzureichenden Engagement und vor allem den fehlenden Erfolgen. Die Abda genießt in weiten Teilen der Kollegenschaft ein ähnliches Image wie das Finanzamt: Man muss zahlen, erwartet aber im Grunde dafür nicht mehr viel.
Mit dem Amtsantritt von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) ist die politische Arbeit nicht leichter geworden. Nachdem zunächst Funkstille geherrscht hatte, folgte als erste größere Amtshandlung ein Sparpaket. Und also ob das noch nicht genug wäre, hielt es das Ministerium selbst in der allerhöchsten Not für ausreichend, den Apotheken für ihr Engagement gegen Engpässe lächerliche 50 Cent in Aussicht zu stellen. Das war im Dezember, passiert ist seitdem weiter nichts.
Overwiening gibt sich kämpferisch und schlägt zuweilen regelrecht krawallige Töne an. Und der Gesamtvorstand hat Ende Februar auch zehn Forderungen der Apothekerschaft an die Politik beschlossen, die Priorität haben sollen. Zuletzt kündigte Overwiening eine massive politische Kampagne an, mit der die Abda „überall in Erscheinung treten“ will, um „die Politik mit unseren Themen zu konfrontieren“.
Doch offenbar ist der richtige Zeitpunkt noch nicht gekommen. Jedenfalls sollen die Forderungen nach und nach angegangen werden – „die Leiter steht am Apfelbaum, dann kann man jetzt keine Erdbeeren pflücken“, heißt es aus der Planungsabteilung der Standesvertretung. Nur mit Fokussierung auf ein konkretes Anliegen könne man vorankommen im „politischen Gemüsegarten“.
Erst Intervention, dann Eskalation
Heißt: Priorität unter den Prioritäten haben bei der Abda zunächst die Abgaberegelungen. Während Teile der Basis es gerne darauf angelegt und die Patientinnen und Patienten rigoros in die Praxis zurückgeschickt hätten, sucht die Abda eine politische Lösung. Hier wäre zwar eine gute Gelegenheit, „über Bande zu spielen“ und die Patientenvertretungen auf die Barrikaden zu schicken, so wie Overwiening es auch angekündigt hatte. Immerhin geht es um die Versorgung – und nicht „nur“ um originäre Interessen der Apotheken.
Doch die Abda hat sich zunächst für eine standespolitische Kommunikation entschieden – die dank des Änderungsantrags der Ampel-Fraktionen auch noch ihren Schwung verloren hat, bevor sie überhaupt gestartet wurde. Zunächst wollen die Verantwortlichen jetzt den Kabinettsentwurf zum Generikagesetz abwarten, vielleicht hat Lauterbach ja aus der befristeten Verlängerung gelernt.
Falls aber seitens des BMG nichts passiert, gibt sich die Abda immer noch einige Wochen. Erst ab Mitte Mai könnte in dieser Angelegenheit auf die „politische Intervention“ die „politische Eskalation“ folgen, die sich bis in den Sommer hinein ziehen soll. Overwiening hatte bereits angedeutet, dass die von der Hausagentur Cyrano betreute Kampagne auf drei Bereichen fußen soll und dass vor allem die Gesichter jüngerer Kolleginnen und Kollegen abgebildet werden sollen, Stichwort: Zukunftsklau. Auch die Basis soll dann ihren Beitrag leisten, weil die Politik laut Overwiening überzeugt sein muss, dass alle Apothekerinnen und Apotheker fest hinter der Abda und ihren Aktivitäten stehen.
Honorarforderung mit Überraschungsmoment
Die Honorarforderung will die Abda erst weit danach, nämlich frühestens im September kommunizieren, genauso wie den Bürokratieabbau, sofern der bis dahin nicht schon angestoßen ist. Und auch dazu will man noch keine Details verraten – schließlich wolle man nicht das Überraschungsmoment gefährden und eventuelle Störfeuer auslösen. Nur so viel: Der Werkzeugkasten sei bei der Abda immer ziemlich voll und wiege jetzt das Doppelte. Bei der Pressekonferenz, die sich eigentlich um das ursprünglich befürchtete „Versorgungschaos vor Ostern“ drehte, tauchte schon ein Motiv auf: „Apotheken kaputt sparen? Mit uns nicht!“
Parallel zur möglichen Politkampagne stehen auch in diesem Jahr verschiedene Standards auf dem Programm. Für die pharmazeutischen Dienstleistungen soll es ab April eine „Motivations- und Schulungswelle“ geben, die sich an die Apotheken richtet und ihnen eventuelle Ängste nehmen soll. Parallel sollen per PR- und Anzeigenkampagne ab Juni die Verbraucherinnen und Verbraucher auf das neue Angebot und ihren Anspruch darauf aufmerksam gemacht werden.
Ab Oktober soll auch eine neue Kampagne für das E-Rezept gestartet werden, hier soll die eGK-Lösung im Mittelpunkt von Postern und Youtube-Spots mit „Inge“ im Mittelpunkt stehen. Zur Nachwuchsgewinnung sollen zwei Wellen gestartet werden, und auch hier soll ein augenzwinkernder Ansatz für Überraschung sorgen. Und schließlich ist eine allgemeine Imagekampagne geplant, die unter Umständen politisch aufgeladen werden soll.