Die Verwaltungsgesellschaft Deutscher Apotheker (VGDA) ist die organisatorische und finanzielle Drehscheibe der ABDA – und gleichzeitig ihre Achillesferse. Denn die vielen internen Buchungen sind den Finanzbehörden ein Dorn im Auge. Schon vor vier Jahren wurden bei einer Betriebsprüfung verdeckte Gewinnausschüttungen moniert. Ausgeräumt hat man in Berlin und Eschborn die Risiken bislang offenbar nicht.
Als verdeckte Gewinnausschüttung nach Körperschaftssteuergesetz sind alle Zuwendungen an Gesellschafter eines Unternehmens zu werten, die als Betriebsausgaben den steuerpflichtigen Gewinn mindern und einem Fremdvergleich nicht standhalten. Besonders streng sind die Vorgaben, wenn es um Mehrheitsgesellschafter geht: Nur Leistungen, die vorab eindeutig definiert und plausibel gemacht wurden, dürfen überhaupt vergütet werden.
Bei der ABDA fühlte man sich offenbar auf der sicheren Seite. Immerhin haben die Tochterfirmen – VGDA, WuV, Govi – jeweils eigene Treuhänder. Auf dem Papier gibt es daher keinen ABDA-Konzern, also auch keinen beherrschenden Gesellschafter. So wird seit Jahrzehnten hin- und her gebucht: Die VGDA schlägt eine Pauschale in Höhe von 5 Prozent auf eingekaufte Leistungen auf, die ABDA lässt sich von ihren Töchtern Verwaltungsausgaben erstatten. Sechsstellige Beträge stellen sich die verschiedenen Geschäftsbereiche so gegenseitig in Rechnung.
Im Oktober 2011 wiesen Betriebsprüfer bei der VGDA auf verdeckte Gewinnausschüttungen hin. Aus Sicht der Finanzbeamten konnte nicht nachvollziehbar dargelegt werden, inwieweit die verwendeten Verteilungsschlüssel sachgerecht sind.
Der damalige Finanzgeschäftsführer Jürgen Siegemund und seine Mitarbeiter akzeptierten die Beanstandungen weitestgehend und korrigierten ihre Steuererklärungen für die Jahre 2005 bis 2008 entsprechend. Im ABDA-Haushalt wurden die Verrechnungen reduziert.
Andere im Rahmen der damaligen Abschlussbesprechung angekündigte Maßnahmen wurden offenbar nie umgesetzt. Die praktizierte Verrechnung von Leistungen ist nach wie vor nicht prüffähig; verbindliche Vorgaben hinsichtlich der Geldanlagen fehlen. Damit besteht das Risiko, dass ABDA-Töchter bei der nächsten Betriebsprüfung wieder wegen verdeckter Gewinnausschüttungen und nicht abzugsfähiger Aufwendungen belangt werden.
Der beauftragte Unternehmensberater hat der ABDA nahe gelegt, möglichst bald schriftliche und möglichst konkrete Vereinbarungen bezüglich der beauftragten und bezogenen Leistungen zu Papier zu bringen. Nur so ließe sich ein weiterer Finanz- und Imageschaden abwenden. Neben der VGDA müsse auch die ABDA als beherrschende Institution in die Neugestaltung der Verrechnungspreise einbezogen werden.
Durch die geplante Verschmelzung von WuV und Govi sollen die Schnittstellen deutlich reduziert und die Steuerungsprozesse vereinfacht werden. Dadurch sollen viele der derzeitigen Sonderlösungen durch einheitliche Prozesse ersetzt werden. Allerdings zeichnet sich nach den ersten Gesprächen mit dem Betriebsrat ab, dass dabei die für die Mitarbeiter vorteilhafteren und damit teureren Regelungen übernommen werden. Auch steuerliche Risiken der Verschmelzung sind noch nicht ausgeräumt.
Vom Finanzbereich der ABDA soll die VGDA künftig personell getrennt bleiben. In Berlin hat Mitte Juni der Immobilienfachmann René Schweyen die Nachfolge von Siegemund angetreten – nicht als Geschäftsführer, sondern als Stabsstellenleiter unter Hauptgeschäftsführer Dr. Sebastian Schmitz.
Bei der VGDA ist die bisherige Leiterin der Buchhaltung, Susanne Wegner, seit 1. Juli neue Geschäftsführerin, gemeinsam mit Klaus Marion, bislang Leiter des Bereichs IT/Kommunikation/Technische Dienste. Dessen Bereich soll demnächst in das neue Gemeinschaftsunternehmen von WuV und Govi integriert werden; da dort entsprechendes Personal vorhanden ist, bekommt Marion neue Aufgaben.
Nach dem überraschenden Abgang von Siegemund vor einem Jahr hatte der Berliner Unternehmensberater Hans-Christian Hiemenz die Geschäftsführung der VGDA interimsmäßig übernommen. Seine Aufgabe war es, die Bücher zu prüfen und die Strukturen auf die geplante Fusion vorzubereiten.
Im Mai beschloss der Gesamtvorstand, WuV und Govi zu verschmelzen und die Bereiche IT/EDV und technische Dienste der VGDA zu integrieren. Die Zusammenführung soll so vorbereitet werden, dass sie im Jahr 2016 umgesetzt werden kann. Eine Zustimmung der Mitgliederversammlung ist laut ABDA nicht notwendig.
Die ABDA ist nicht nur die Standesvertretung der Apotheker, sondern auch ein Wirtschaftsbetrieb. Auf 40 Millionen Euro summieren sich die Umsätze von WuV und Govi pro Jahr. Laut einem KPMG-Gutachten sind die Firmen rund 120 Millionen Euro wert; die VGDA wäre demnach noch einmal mit 3,6 Millionen Euro zu berücksichtigen.
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