ABDA

Geheimtreffen im Apothekerhaus

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Berlin -

Friedemann Schmidt findet an diesem Abend einen schönen Vergleich: Das Mendelssohn-Palais sei wie ein Oldtimer; man müsse für den Verkauf eben einen Liebhaber finden. Zuvor hatte die ABDA-Mitgliederversammlung an diesem 1. Juli den Umzug der Standesvertretung und den Verkauf des Apothekerhauses endgültig beschlossen. Doch bereits am Abend davor gab es Gespräche mit möglichen Interessenten im Apothekerhaus. Dabei wäre ein Umzug vielleicht gar nicht nötig gewesen.

Die Telefone im Apothekerhaus sollen quasi unmittelbar geklingelt haben, nachdem Pläne über den bevorstehenden Auszug der Apotheker an die Öffentlichkeit gedrungen waren. Doch die Anrufer konnten nur vertröstet und vermittelt werden. Denn der Verkauf sei „unter Compliance-Gesichtspunkten herausfordernd“, hieß es.

Deshalb hat die ABDA die Sache laut Schmidt komplett in fremde Hände gegeben und einen Makler eingeschaltet. „Wir nehmen keine Angebote an“, sagte Schmidt seinerzeit unmissverständlich. Es sei auch nicht sinnvoll, im Moment nach einem Käufer zu suchen. „Der Prozess hat noch nicht begonnen“, so der ABDA-Präsident. Das sei aber auch klar, schließlich sei der Beschluss der Mitgliederversammlung noch ganz frisch.

Aber wie das bei Oldtimern und Liebhabern so ist: Gute Gelegenheiten wollen genutzt sein. Bereits am Vorabend jenes 1. Juli war eine kleine Delegation zu Besuch im Apothekerhaus und sprach länger mit dem Vorsitzenden des Deutschen Apothekerverbandes (DAV), Fritz Becker. Wenig später kehrten die Herren noch einmal zurück, um sich erneut im Mendelssohn-Palais umzusehen. Sich öffentlich zu einem Angebot bekennen wollten sie in der Folge zwar nicht, aber Interesse an dem Haus war vorhanden.

Offiziell macht die ABDA heute allenfalls allgemeine Aussagen zum laufenden Verkaufsprozess. „Es gibt Interessenten für die Immobilie“, so Sprecher Dr. Reiner Kern. Zum weiteren Prozess könne man aber im Interesse einer erfolgreichen Veräußerung keine Detailauskünfte geben. Schmidt selbst hatte die Veräußerung der Immobilie im Juli als „schwierig, aber nicht unmöglich“ bezeichnet und dann den Oldtimer-Vergleich gebracht.

Ein Vorteil im Verkaufsprozess: Die ABDA hat keinen Zeitdruck. Der beschlossene Neubau in der Nähe des Hauptbahnhofs könne vollständig aus anderen Mitteln finanziert werden, versicherte Schmidt. Dazu greift die ABDA tief in die Rücklagen ihrer wirtschaftenden Töchter. Bei den derzeit günstigen Konditionen wäre zudem ein Kredit jederzeit möglich, hieß es. Traditionell sei die Finanzierung der Immobilien in der Apothekerfamilie Aufgabe der Vermögensverwaltung.

Nur raus muss die ABDA aus dem Apothekerhaus. Und das möglichst schnell, damit nicht noch mehr Geld in den Brandschutz gesteckt werden muss. Investitionen in mehrfacher Millionenhöhe wären laut ABDA-Spitze nötig gewesen, würden die Apotheker länger im Palais bleiben. Doppelt ärgerlich, wenn ein potentieller Käufer wegen anderer Nutzungspläne gar nicht hätte umbauen müssen.

Das neue Haus wird jedoch frühestens im Juli 2018 bezugsfertig sein. Um dieses Dilemma aufzulösen, wird die ABDA zunächst zur Zwischenmiete im Lindencorso unterkommen. Eigentlich war der Umzug für Anfang September geplant. Doch der Termin wurde verschoben, auf die Zeit nach dem Deutschen Apothekertag (DAT), dem internationalen Apothekerkongress FIP und der Expopharm in Düsseldorf. Jetzt wird Kern zufolge die zweite Oktoberhälfte angepeilt.

Angemietet ist die dritte Etage des Lindencorso in der Friedrichstraße, Ecke Unter den Linden. Die Fläche gibt der Eigentümer mit 3740 Quadratmetern an. Das ist zwar etwas weniger als im Mendelssohn-Palais, mehr Platz für die Mitarbeiter gibt es trotzdem. Weil das Verhältnis von Büro- zu Nebenflächen deutlich besser ist als in dem alten Bankhaus, können sogar bislang ausgelagerte Abteilungen mit auf die neuen Flächen ziehen. Nur der Geschäftsbereich Arzneimittel bleibt vorerst in den externen Büros in der Jägerstraße. Hier hat die ABDA für mehrere Jahre im Voraus angemietet.

Der ABDA zufolge werden 65 Mitarbeiter von dem ersten Umzug betroffen sein. Das Ganze soll so schnell über die Bühne gehen, dass „keine Lücke in der Arbeitsfähigkeit und Organisation zu erwarten“ seien, so der ABDA-Sprecher. „Wir haben Glück gehabt“, lobte auch Schmidt das Mietobjekt. „Das ist eine gute, passende Lösung, die wir mit geringem Aufwand für uns nutzbar machen können.“

Bei der Zwischenstation gibt es einen Fallstrick im Mietvertrag: Dieser kann nach zwei Jahren um ein Jahr verlängert werden, danach aber nur um fünf Jahre bis 2024. So kann die ABDA nur hoffen, dass ihr neues Objekt rechtzeitig fertig wird. Der gewünschte Einzugstermin März 2018 wurde schon verworfen. Jetzt ist vom 15. Juli 2018 die Rede. Gemäß den Vereinbarungen muss ein Einzug bis spätestens April 2020 gewährleistet sein.

Investor ist der österreichische Immobilienkonzern CA Immo, bei dem der russische Milliardär Boris Mints beteiligt ist. Für eine Gesamtfläche von etwa 6400 m² zahlt die ABDA rund 35 Millionen Euro, inklusive Grunderwerbsteuer und Maklercourtage. Die ABDA kauft zwei Drittel des Gebäudes, das in einer geschlossenen Häuserfront an der Heidestraße errichtet wird. Der Berliner Hauptbahnhof ist fußläufig erreichbar. Der Masterplan mit Neubau und doppeltem Umzug wurde von der Mitgliederversammlung mit einer überwältigenden Mehrheit von 99 Prozent angenommen.

Grundsätzlich für einen Umzug entschieden hatte man sich bereits im Juni 2014. Eine seinerzeit geplante Aufstockung des bestehenden Apothekerhauses wurde in letzter Minute doch noch verworfen. Sie wäre vom Denkmalamt vermutlich ohnehin nie genehmigt worden.

Besserer Chancen in der Jägerstraße hätte die ABDA viel früher gehabt, als das Grundstück direkt neben dem Mendelssohn-Palais zum Verkauf stand. Die ABDA hatte ein Vorkaufsrecht, ließ dies aber ungenutzt verstreichen. Offenbar wurde eine Frist verpasst.

Das ist umso erstaunlicher, als später mit dem dann neuen Eigentümer über einen Kauf des Grundstücks verhandelt wurde. Die ABDA hatte sogar sehr konkrete Pläne, sich in direkter Nachbarschaft zu erweitern. Doch die Mitgliederversammlung stimmte Anfang 2011 gegen Kauf und Bebauung. Das vorgelegte Angebot erschien zu hoch. Es belief sich auf 23,5 Millionen Euro.

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