Jedes zweite in der Apotheke abgegeben Medikament entfällt auf die Selbstmedikation. Die Abda macht sich Sorgen um das OTC-Geschäft: Einerseits führten Angebote im Versandhandel und Mass Market zu einer Trivialisierung, andererseits blendeten die Kassen den Bereich komplett aus. In einem Positionspapier wurden jetzt die wichtigsten Forderungen zusammengestellt.
„Die Selbstmedikation macht die Hälfte aller Medikamente in den Apotheken aus und ist deshalb eine tragende Säule der Arzneimittelversorgung“, sagt Apotheker Stefan Fink, Mitglied im Abda-Gesamtvorstand und Beauftragter für Selbstmedikation im Vorstand des Deutschen Apothekerverbandes (DAV): „Rezeptfreie Medikamente sind keine Zusatzverkäufe in den Apotheken, sondern sie helfen Millionen Menschen und entlasten die Krankenkassenfinanzen. Wer glaubt, man könne Apotheken in Basisversorgung und Luxusangebot aufteilen, der verkennt, dass gerade die Gesundheit ein ganzheitliches Gut ist, das die Menschen auch genauso betrachten.“
Die Abda spricht sich in dem Positionspapier daher dafür aus, dass die Bereitstellung von Arzneimitteln zur Selbstmedikation als Bestandteil der Daseinsvorsorge gesehen wird: „Die Finanzierung der dafür nötigen Infrastruktur ist auch durch die Versichertengemeinschaft langfristig zu gewährleisten.“ Und mehr noch: Zur dauerhaften Sicherung des Versorgungsnetzes brauche es neben stabilen ordnungspolitischen Rahmenbedingungen auch wirtschaftliche Anreize für Inhaber und eine pharmazeutische Perspektive für junge Apotheker. „Die Politik ist aufgefordert, dies im Sinne der Daseinsvorsorge bei der Gesetzgebung angemessen zu berücksichtigen.“
Außerdem müsse die Apothekenpflicht im Sinne des Verbraucherschutzes gesichert werden: „Tendenzen zur Auflösung dieses Schutzmechanismus‘ insbesondere von europäischer Seite muss entgegengewirkt werden.“ Arzneimittel seien keine beliebigen Handelsgüter. Sie seien hochwirksam, aber ihre Anwendung habe auch Risiken. „Ihre Anwendung und das Aufzeigen der Grenzen ihrer Anwendung bedürfen grundsätzlich der heilberuflichen Begleitung.“
OTC-Switches will die Abda konstruktiv begleiten – sofern unter Berücksichtigung des Risikoprofils, des schnellen Zugangs und des Therapieerfolgs eine verbesserte Versorgungssituation erwartet werden kann. Die Apothekerschaft sei bereit, dabei „im Einzelfall und in Abstimmung mit dem Verordnungsgeber bei Bedarf temporäre zusätzliche Maßnahmen zur strukturierten Beratung des Patienten zu ergreifen“.
Voraussetzung dafür sei, dass Diskussionen um Switches nicht ideologisch, sondern sachbezogen und auf der Basis wissenschaftlicher Evidenz geführt würden. Insbesondere bei der Entlassung von Notfallkontrazeptiva aus der Rezeptpflicht im Jahr 2015 habe sich gezeigt, dass manche kritischen Äußerungen aus Fachkreisen eher aus der Furcht vor Kompetenzverlust denn aus echten medizinischen Bedenken gespeist gewesen seien. „Sachfremde Erwägungen und die ideologische Überformung von Sachentscheidungen tragen zur öffentlichen Verunsicherung im Umgang mit Arzneimitteln bei und erschweren eine nüchterne Bewertung von Versorgungsfragen.“
Dabei sei auch zu bedenken, dass nach der Entlassung aus der Rezeptpflicht der Patient die Kosten der Medikation tragen müsse. „Die Frage, ob ein Arzneimittel im Rahmen von Satzungsleistungen der GKV erstattungsfähig ist, sollte mit Rücksicht auf die Belastung der Versichertengemeinschaft ebenfalls ausschließlich nach wissenschaftlichen Kriterien entschieden werden.“
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